Handwerk:IG Bau warnt vor Fachkräfte-Krise im Landkreis

Handwerk: Im Landkreis Ebersberg, wie hier in Poing, wird viel gebaut. Trotzdem wollen immer weniger junge Leute ein entsprechendes Handwerk lernen.

Im Landkreis Ebersberg, wie hier in Poing, wird viel gebaut. Trotzdem wollen immer weniger junge Leute ein entsprechendes Handwerk lernen.

(Foto: Christian Endt)

Zahl der Gesellen-Prüfungen geht laut Zahlen der Handwerkskammer seit 2010 um elf Prozent zurück

Das Handwerk hat goldenen Boden, heißt es. Ob das auch für die Zukunft gilt, daran zweifelt man bei der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau). Dort beklagt man eine zunehmende "Akademisierung" und warnt vor einer Fachkräfte-Krise für Handwerksbetriebe im Landkreis Ebersberg. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Handwerkskammer für München und Oberbayern: In deren Bereich legten im vorletzten Jahr lediglich rund 6770 Auszubildende eine Abschlussprüfung ab - zehn Jahre zuvor waren es noch etwa 7640. Das macht einen Rückgang von elf Prozent.

Der "Gesellen-Schwund" ist dabei ein landesweites Phänomen: Zwischen 2010 und 2015 sank die Zahl der Gesellen-Prüfungen in Bayern um 19 Prozent. Die IG Bau Oberbayern spricht von einem "besorgniserregenden Trend". "Immer mehr Schulabgänger gehen lieber an die Uni statt in einen Handwerksbetrieb", sagt Bezirkschef Michael Müller. Dabei biete etwa die Baubranche im Kreis Ebersberg gute Verdienstmöglichkeiten und eine lange "Karriere-Leiter". Per Aufstiegsfortbildung könne man es bis zum Geprüften Polier oder Bauleiter bringen - und dann sogar mehr verdienen als viele Architekten. "Sei schlau, geh zum Bau - dieser Tipp gilt nach wie vor", so Müller. Nach Angaben der Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) waren im vergangenen Oktober 42 Bau-Azubis im Landkreis gemeldet. "Damit steht der Bau besser da als viele andere Handwerksbereiche. Trotzdem: Jeder zusätzliche Azubi wird gebraucht", sagt der Gewerkschafter - "besonders in Zeiten einer deutlich anziehenden Baukonjunktur." Weiter verschärfen könnte sich der Fachkräftemangel angesichts geburtenschwacher Jahrgänge in den 90er-Jahren.

Ein wichtiges Argument für eine Ausbildung im Baugewerbe, sei nach wie vor die Bezahlung, so Müller. Die Verdienste der Auszubildenden lägen meist sogar über denen der Industrie. Im ersten Lehrjahr geht ein angehender Maurer oder Straßenbauer mit 755 Euro pro Monat nach Hause. Im dritten Ausbildungsjahr sind es sogar 1400 Euro. Damit sind Bau-Azubis laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Schnitt die Bestverdiener unter allen Auszubildenden. "Wer aber Fachkräfte in der Branche halten will, muss auch im Anschluss etwas tun. Der Einkommensabstand zwischen Industrie und Handwerk vergrößert sich seit Jahrzehnten", betont Müller. Die Rahmenbedingungen am Bau müssten darum entsprechend denen in der Industrie angeglichen werden.

Mehr Schulabgänger werde man nur gewinnen, wenn sich neben dem Einkommen auch die Arbeitsbedingungen und das Image der Branche verbesserten, ist die IG Bau überzeugt. Hier seien vor allem die Arbeitgeber gefordert. "Beim Bau denken viele an extremes Malochen. Doch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Maschinen und digitale Technik erleichtern das Arbeiten." Und wer auf dem Bau arbeite, komme auch herum und lerne das Land kennen. Bei der Arbeit auf auswärtigen Baustellen müsse der Chef mittlerweile auch die Unterkunft stellen und bezahlen, erklärt Michael Müller. "Dennoch bleibt viel zu tun, um die Bauwirtschaft noch attraktiver zu machen.

Höhere Arbeitsstandards sind eine Investition in die Zukunft." Für die IG Bau Oberbayern steht fest: "Je besser die Perspektiven am Bau, desto eher werden wir die Leute halten. Das Handwerk hat - nach wie vor - goldenen Boden. Wenn wir irgendwann eine Bachelor-Schwemme und einen Handwerker-Mangel haben, dann ist keinem geholfen." Die Folgen hiervon würden letztlich vor allem die Bürger spüren - durch höhere Preise beim Bauen und Renovieren.

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