Von Mal zu Mal frustrierter klingen die E-Mails. "Wir sind selber mehr als enttäuscht", steht in der jüngsten Nachricht, und "am meisten tut es uns für die Kinder leid". Der Schwimmverein Grafing - Ebersberg musste in den vergangenen Monaten ein ums andere Mal Eltern vertrösten, die ihre Kinder zu einem Schwimmkurs angemeldet hatten. Grund dafür sind die wiederholten Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten am Hallenbad Ebersberg. Zuletzt war man von einer Öffnung im Juni 2024 ausgegangen. Von der Stadt Ebersberg heißt es nun, dass die lang ersehnte Neueröffnung des Schwimmbads in der Baldestraße für den 30. September festgesetzt ist.
Bauliche Mängel und Lieferschwierigkeiten beim Material hatten dies immer wieder nach hinten schieben lassen, so kommunizierte es das Rathaus. Michael Krecik ist Schwimmwart beim SV Grafing - Ebersberg und sieht das so: "Aus meiner Sicht liegt der Ursprung der Tragödie in der Entscheidung des Stadtrats bei der Wahl des Architekten und der Nicht-Beauftragung einer externen Bauaufsicht." Als das Bad im März 2021 geschlossen wurde, sei er davon ausgegangen, dass die Sanierungsarbeiten Ende 2022 abgeschlossen sein sollten. Derzeit überwiege die Enttäuschung darüber, so Krecik.

Mittlerweile stehen etwa 100 Kinder auf der Liste, die in Ebersberg beim SV schwimmen lernen wollen. Immer mehr Eltern suchen bereits anderweitig nach Alternativen, doch auch das sei im Umkreis schwierig, so Michael Krecik. So hat etwa auch das Kirchseeoner Hallenbad seit Sommer 2023 geschlossen - "die nächste Katastrophe", sagt der Schwimmwart. Wegen Corona sei die Liste an Kindern, die gern einen Schwimmkurs machen würden, sowieso schon lang. Mit jedem Monat, den sich die Eröffnung vom Hallenbad nach hinten schiebt, wird sie noch länger. "Wir schieben eine Welle vor uns her, die immer größer wird", so Krecik.
Im Sommer bietet das Grafinger Freibad einen Ferienschwimmkurs für Kinder an
Um trotzdem Trainingseinheiten anbieten zu können, hat sich der Verein in Glonn eingemietet und diesen Vertrag schon diverse Male verlängert. "Wir haben das Zählen aufgehört, wie oft", so Krecik. Weil ihnen der Weg nach Glonn zu weit ist, haben einige Mitglieder sich in den vergangenen Monaten vom SV verabschiedet.
Von weiteren Schwimmschulen, die schon mit den Hufen scharren und sich in Ebersberg angemeldet haben zur Hallenbadnutzung, erzählt Sandra Friesinger. Sie leitet mit ihren Kollegen die Badeaufsicht im Freibad Grafing und wird voraussichtlich auch die vom Hallenbad Ebersberg übernehmen. Um den Andrang an Schwimmschülern etwas abzufedern, bietet das Freibad Grafing im August einen Ferienkurs an. Außerdem wollen Friesinger und ihre Kollegen in den Wintermonaten im Hallenbad Ebersberg Schwimmkurse abhalten.
Betroffen von der Verzögerung ist auch die Grund- und Mittelschule Ebersberg. Ursprünglich war geplant gewesen, zu Beginn des Schuljahrs im September 2023 Schwimmen im Rahmen des Sportunterrichts anzubieten. Dass dies abgesagt werden musste, "war jetzt kein großes Problem", so Schulleiter Alexander Bär. Doch als zusätzlich die Turnhalle an der Floßmannstraße für mehrere Monate ausfiel wegen Einsturzgefahr, sei es schwierig geworden. Der Sportunterricht musste längere Zeit etwa im Waldsportpark, im neuen Vereinsheim des TSV oder draußen abgehalten werden.
Ein großes Problem seit der Corona-Pandemie sei, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler nicht schwimmen könnten, so Bär. Die Lehrer, die mit ihren Klassen zum Schwimmen gehen, müssten künftig ihren Unterricht an diese Gegebenheit anpassen. Welche Klassen im kommenden Schuljahr Schwimmen im Stundenplan stehen haben, stehe jedoch noch nicht fest, so der Ebersberger Schulleiter - das hänge auch am Personal. Denn um Schwimmunterricht zu geben, brauchen Lehrer eine gesonderte Schwimmbefähigung.
"Eine Verschiebung hat zur anderen geführt", sagt Ebersbergs Bürgermeister Uli Proske
Bürgermeister Ulrich Proske wirkt erleichtert, dass nun mit dem 30. September ein greifbares und realistisches Datum zur Wiedereröffnung des Hallenbads im Raum steht. "Es war eine schwierige Baustelle", fasst er zusammen und erzählt von undichten Fußbodenheizungen und der aufwendigen Lecksuche. Auf die Frage, warum denn immer wieder neue Termine genannt wurden, die dann doch nicht eingehalten werden konnten, holt Proske aus. Die Glasrückwände etwa in den Duschen seien schon verhärtet gewesen, als die Duschköpfe geliefert wurden und man feststellte: Die gebohrten Löcher sind um zwei Millimeter zu klein. Also mussten neue Glasrückwände her. "Es ist immer wieder was dazwischen gekommen", so der Bürgermeister. "Eine Verschiebung hat zur anderen geführt."
Das hat auch Auswirkungen auf die Kosten: Derzeit rechnet man bei der Stadt mit rund elf Millionen Euro. Ein Fördermittelantrag an den Bund wurde nicht bewilligt, teilt die Stadt mit, allerdings beteiligt sich der Freistaat mit insgesamt 1,2 Millionen Euro. Und auf der Baustelle scheint inzwischen ein Endspurt in Sicht: Ende August soll endlich das Badewasser eingelassen werden.