Hakenkreuz im Maisfeld:Immer wieder Aßling

"Ich mache mir Sorgen, was da für eine Generation heranwächst": Das Hakenkreuz in einem Maisfeld entsetzt die Aßlinger. Zum dritten Mal in zehn Jahren ermittelt der Staatsschutz in der kleinen Gemeinde.

C. Fries

Was die Täter wollten, die am vergangenen Wochenende ein Hakenkreuz in ein Maisfeld bei Aßling getrampelt haben, ist Thomas Bauer klar. Das Feld liegt ganz offensichtlich in der Einflugschneise zum Flughafen Antersberg, wo am vergangenen Wochenende rund 9000 Besucher das Flughafenfest des FC Condor besuchten. Am laufenden Band wurden Rundflüge angeboten, an denen laut Vereinsmitglied Bauer "etliche Leute" teilgenommen haben. Und sie alle sollten dabei das rechtsradikale Symbol entdecken.

Hakenkreuz im Maisfeld: Besucher des Flugplatzfestes in Antersberg sollten bei Rundflügen das Hakenkreuz sehen. Doch der Flugraum über dem Maisfeld war für Passagierflüge gesperrt.

Besucher des Flugplatzfestes in Antersberg sollten bei Rundflügen das Hakenkreuz sehen. Doch der Flugraum über dem Maisfeld war für Passagierflüge gesperrt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Doch gesehen haben es nur wenige", so Bauer. Denn der Luftraum über dem Feld war für den Passagierflug gesperrt - lediglich die Kunstflieger konnten das Hakenkreuz sehen. "Ich war gerade bei einem Sturzflug, als ich es am Sonntagnachmittag sah", erzählt Bauer. Er ist noch immer entsetzt und verärgert, wie schamlos das Fliegerfest von den Tätern missbraucht wurde.

Geschockt ist auch Elisabeth Koller aus Niclasreuth. Die Landwirtin hat das Feld seit rund fünf Jahren gepachtet, am Sonntag fuhr sie gerade Heu ein, als sie von dem Hakenkreuz erfuhr. "Ich fühle mich, als hätte man mir einen Kübel Wasser über den Kopf gekippt", sagt sie. Sie selbst hat es sich noch nicht angeschaut, doch ihr Mann Josef sei im Feld gewesen. "Die sind da ganz sachte rein, um dann mit aller Gewalt die Pflanzen niederzutrampeln."

In alle vier Richtungen drei Reihen Mais. Spuren etwa so breit, wie sie ein Bulldog hinterlässt. Insgesamt misst das Hakenkreuz etwa 20 auf 20 Meter und ist damit halb so groß wie ein Handballfeld. Gestern waren Beamte der Kriminalpolizei Erding bei Elisabeth Koller, "wir sollen uns melden, wenn wir etwas Verdächtiges bemerken". Doch da ist nichts - nur der umgeknickte Mais und die Frage, was nun passieren soll: "Der Mais ist noch nicht erntereif."

Gerhard Karl, Kommissariatsleiter des Verfassungsschutzes in Erding, rechnet mit einer Anordnung der Staatsanwaltschaft München II zur Beseitigung des Kreuzes. "Ich bin gerade dabei, das abzuklären", sagte er gestern. "Für die Geschädigten ist das natürlich blöd", räumte er ein, doch sehe er keine Alternative. "Andernfalls würde die Straftat Bestand haben." Laut der Pressestelle der Polizei Oberbayern Nord wird die Familie Koller dafür entschädigt.

Das wird Elisabeth Koller erleichtern, andere Sorgen bleiben. "Ich mache mir Sorgen, was da für eine Generation heranwächst." Man wisse nicht mehr, was der Nachbar macht - "das ist schlimm". Laut Polizei-Pressesprecher Günther Beck haben die Sachbeschädigungen wegen Hakenkreuzschmierereien im Landkreis in den vergangenen Jahren zugenommen. 2009 wurden acht Fälle registriert, in diesem Jahr sind es bereits sieben.

"Wir gehen davon aus, dass nicht einer alleine gehandelt hat", sagt Gerhard Karl. Am gestrigen Dienstag flogen Beamte mit einem Hubschrauber das Feld ab, Eigentümer, Anwohner und Pächter wurden von Beamten vernommen. Mehr möchte Karl "aus taktischen Gründen" nicht zu den Ermittlungen sagen. Nur so viel noch: Natürlich seien auch die Ereignisse der Vergangenheit Anknüpfungspunkte für die Ermittlungen. Und da gibt es einige. Im Sommer 2000 trampeln 13-Jährige ein Hakenkreuz in den Sandkasten des Kindergartens, kritzeln es in ihre Schulhefte und begrüßen sich in der Schule mit "Heil Hitler". Ein junger Franzose wird von fünf Burschen verprügelt und in eine Mülltonne gesteckt. Im gleichen Jahr verüben acht Jugendliche in Dorfen im Landkreis Erding einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus, in dem vier türkische Familien wohnen, in Eching lauern Skinheads am Bahnhof Ausländern auf.

Im November 2006 wird der Staatsschutz erneut auf die 4300-Einwohner-Gemeinde Aßling aufmerksam. Bei einer Razzia in einem Bauwagen stellen Beamte Hakenkreuze, CDs mit Fascho-Musik sowie eine Reichskriegsflagge sicher. Man werde Aßling weiterhin im Auge behalten, versichert der Staatsschutz. Für Aßlings Jugendpfleger Erwin Mehl damals "die beste Abwehr gegen das Etablieren einer rechten Szene". Er hat in den vergangenen Jahren viel unternommen, ein Präventionsprogramm auf die Beine gestellt und mit Mitteln aus dem "Brennpunktetopf" des Landkreises den Jugendtreff am Bahnhof zu einem Jugendinternetcafé umgemodelt. Im Sommer 2007 spricht er von einer "kleinen Szene" in Aßling, die er mit den Worten "zwischen dumm und unpolitisch" beschreibt. Seither ist es ruhig geworden, wenn man Bürgermeister Werner Lampl (CSU) Glauben schenkt. "Es gibt keine rechte Szene in Aßling", sagt der.

Eine Rathausangestellte bestätigt das. Der Jugendpfleger selbst ist noch im Urlaub. Auch die Koordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus des Bayerischen Jugendrings ist ferienbedingt geschlossen. "Doch werde ich später mal den Anrufbeantworter abhören", sagt Mitarbeiterin Angela Warg-Portenlänger.

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