Prominenz beim Festakt:Gymnasium Grafing nach Max Mannheimer benannt

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Feierstund anlässlich der Namensgebung "Max-Mannheimer-Gymnasium Grafing" am Freitag. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Zur Feier der Umbenennung und der fertig gestellten Teilsanierung des Gebäudes warnen prominente Festredner vor den Gefahren von Antisemitismus und Hass.

Von Alexandra Leuthner, Grafing

Die Stele ist schlicht und kündet doch von einem großartigen Gedanken: Der Idee von Freiheit und Menschlichkeit, die so eng verbunden ist mit dem Namen Max Mannheimer, der in ihren Stein graviert ist und in dessen Vermächtnis das Gymnasium Grafing künftig für jeden auf den ersten Blick erkennbar sein Wirken stellen will. "Freiheit und Gerechtigkeit", sagte Mannheimers Enkelin Judith Faessler am Freitagvormittag vor großer Festgesellschaft aus Schülervertretern, Lehrern und Gästen in der gerade neu gestalteten Aula des Gymnasiums, seien die beiden Werte gewesen, die ihrem Großvater die wichtigsten waren. "Darin finden viele andere gute Werte ihren Platz."

Faessler war eine von vielen Rednerinnen und Rednern, die gekommen waren, um die offizielle Überreichung der Namensurkunde an Schulleiter Paul Schötz durch Kultusminister Michael Piazolo zu feiern. Jeder von ihnen, Landrat Robert Niedergesäß ebenso wie der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Ludwig Spaenle, Schuldirektor Schötz, die ehemalige Schülerin des Gymnasiums Stefanie Thurnhuber und die Schülersprecher Antonia Thewalt, Valentin Wach und Justus Pehle sowie Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, fand bewegende Worte der Erinnerung an Mannheimer. Schlicht "Max" hatten ihn die Schüler einer damaligen zehnten Klasse in einer Ausstellung 2017, wenige Monate nach seinem Tod genannt, und damit viel ausgesagt über das sehr persönliche, unkomplizierte und intensive Verhältnis, das der unvergleichlich beeindruckende Reisende im Dienste der Humanität zur Grafinger Schule hatte.

Es kommt also nicht von ungefähr, dass ausgerechnet das Gymnasium Grafing sich nach der Mittelschule Garching als nunmehr zweite Schule den Holocaustüberlebenden Mannheimer als Namensgeber ausgesucht hat. 32 Mal war er in 30 Jahren hier gewesen, war mit vielen Grafinger Schülern und Lehrern per "Du" und schon vor Jahren, noch zu seinen Lebzeiten, hatte es eine Initiative von den Lehrern Franz Frey und Udo Helmholz gegeben, die Schule nach ihm zu benennen. 1986 hatte Mannheimer hier, nach den Nachkriegsjahrzehnten, in denen er mit den Traumata kämpfte, die er aus Auschwitz, aus Dachau, aus dem Außenlager Mühldorf mitgebracht hatte, zum allerersten Mal vor Schülern über jene Hölle gesprochen.

Die Hölle, die ihm seine erste Frau, fast seine gesamte Familie, und, wie Ludwig Spaenle sagte, "seine Jugend genommen hatte", und der er selbst nur knapp entkam. Nur mehr 36 Kilo schwer, mit gebrochenen Rippen, geschwächt von Typhus, wurde er im April 1945 aus dem sogenannten Todeszug befreit, der ihn damals mit vielen anderen Häftlingen vom aufgelösten Lager Mühldorf nach Seeshaupt bringen sollte. Er hielt auch diese letzte Qual noch aus, im Gegensatz zu vielen anderen, die er sterben sah. 27 Monate war er in deutschen Konzentrationslagern gewesen - und kehrte doch 1946 einer neuen Liebe wegen nach Deutschland zurück. Zurück ins Land der Täter, zurück aber auch in eine junge Demokratie, deren Stärke und Bewahrung er in seinem späteren, unermüdlichen Wirken zu seiner Lebensaufgabe machte.

Aufstehen für die Demokratie

Und immer wieder ist es diese Demokratie und die Notwendigkeit sie zu verteidigen, welche die Redner in Grafing in den Mittelpunkt stellten, gerade im Hinblick auf "diese politisch aufgewühlten und zum Teil auch besorgniserregenden Zeiten", wie Landrat Niedergesäß sagte - Zeiten, in denen die höchste Vertreterin jüdischen Lebens in München mit mehreren Sicherheitsbeamten nach Grafing kommen musste.

Das höchste Gut für den Juden Max Mannheimer, der sich trotz allem, was er erlebte, wie seine Enkelin betonte, nie gescheut hatte, auch mit jenen zu sprechen, die anders dachten als er, sei das Leben in solch einer freiheitlichen Demokratie gewesen, in der das Zusammenleben von Mitmenschlichkeit geprägt ist. Dass es notwendig ist, für sie aufzustehen, betonte Schulleiter Schötz, der sich explizit noch einmal bei den Schülern und ihren Eltern bedankte, die dazu beigetragen hatten, im Herbst vergangenen Jahres die antisemitischen und rassistischen Inhalte eines Klassenchats auffliegen zu lassen.

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Ganz im Geiste Mannheimers hätten sie nicht geschwiegen, "und ich bin froh darüber", sagte auch Landrat Niedergesäß. Er sprach Mannheimers Familie noch einmal seinen Dank dafür aus, dass sie nicht, einem ersten Impuls folgend, ihre Genehmigung zur Namensgebung zurück gezogen hätten. Die Familie fühle sich geehrt, entgegnete Judith Faessler und erklärte, Bezug nehmend auf den Vorfall vom Herbst, es sei kein Makel, dass so etwas passiere, "ein Makel wäre es gewesen, es zu vertuschen. Mein Großvater hätte es begrüßt, wie hier damit umgegangen wurde."

Es wäre in seinem Sinne gewesen zu sehen, dass Schüler, Jugendliche in diesem Alter, in aller Regel keine Überzeugungstäter seien. Dass sie vielleicht provozieren, wirkmächtig sein wollten, dessen müsse man sich bewusst sein. Dass aber der Antisemitismus, der "glühende Funke des gruppenbezogenen Hasses" jederzeit auf andere überspringen könne, wenn er die Chance bekomme, "das müssen wir sehen". Antisemitismus betreffe nicht nur die Juden, "sondern uns alle". Auf die Gefahren, die gerade das Internet mit sich bringe, wenn es um die Verbreitung von Hassbotschaften gehe, wies besonders der Antisemitismusbeauftragte Spaenle hin. Die digitale Dimension sei "ein Brandbeschleuniger" sagte er, weil über sie Hass zu jeder Zeit an die Menschen heran kommen könne.

Neun Millionen Euro für die Sanierung

Dass es in Grafing an diesem Vormittag nicht nur um die Botschaft ging, die an den neuen Namen des Gymnasiums geknüpft ist, sondern auch um die Einweihung des generalsanierten alten Gebäudeteils, stellte Landrat Niedergesäß heraus. Er wies auf jene neun Millionen Euro hin, die Freistaat und Landkreis für die Sanierung gezahlt haben. Architekt Klaus Beslmüller, der für den Umbau mit seiner Öffnung der Fassaden des klassischen 60er-Jahre-Baus, die großen Fensterfronten und eine unfallfreie Bauzeit verantwortlich zeichnet, zeigte sich als ehemaliger Schüler des Gymnasiums sichtlich gerührt, nun auf dem Podium stehen zu dürfen.

Für die Schüler, "die heute der eigentliche Mittelpunkt sind", wie Beslmüller betonte, fand die Abiturientin Stefanie Thurnhuber schließlich besonders bewegende Worte zur Erinnerung an Max Mannheimer. Mit seinem Humor und seinem Charme habe er "uns Mut zum Widerspruch gemacht", sagte sie. Er habe von den Schrecken von Auschwitz erzählt, doch trotz alldem habe er nie den Glauben an das Gute im Menschen, trotz all der schrecklichen Erfahrungen nie seine innere Stärke verloren, mit seinem Humor und seinem Charme noch das Schlimmste für seine Zuhörer erträglich gemacht. "Max hat versucht, es uns leicht zu machen. Es bedeutet eine Ehre für uns, dass unsere Schule seinen Namen trägt."

Mit 96 Jahren ist Max Mannheimer im Herbst 2016 gestorben, "sein Tod kam für alle, die ihn kannten, viel zu früh", sagte schließlich Charlotte Knobloch. Immer sei es ihm wichtig gewesen, Schuld und Verantwortung voneinander zu trennen, ganz im Sinne seines wohl bekanntesten Satzes: "Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah, aber dafür, dass es nicht wieder geschieht."

© SZ vom 18.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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