Grundschule Pliening:Schritt für Schritt ins digitale Netz

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Mit großer Unterstützung durch die Gemeinde hat die Grundschule Pliening sich frühzeitig um elektronische Endgeräte, zusätzliche Router und IT-Beratung gekümmert. Jetzt ist sie Kompetenzschule für den Landkreis Ebersberg

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Seit Monaten ist die digitale Fortentwicklung der Schulen im Hinblick auf die Möglichkeiten des Distanzunterrichts in aller Munde. Nicht nur ältere Schüler, auch Grundschüler mussten und müssen immer noch ganz schnell lernen, wie sie mit einem Rechner, mit Jitsi und Mebis, Teams und BigBlueButton umgehen, alles Begriffe, die in den Schulen bis dahin kaum jemand je gehört hatte. Es gibt aber auch Unterschiede, was die Affinität von Schulen zum Digitalen angeht, ein ermutigendes Beispiel ist die Grundschule in Pliening.

Sie hat seit zweieinhalb Jahren in Katrin Dung eine neue Leitung - die im Hinblick auf Corona und die damit verbundenen Anforderungen offenbar genau zur richtigen Zeit gekommen ist. Sie habe, erzählt Dung, schon kurz nach ihrem Amtsantritt begonnen, die Grundschule digital in eine neue Richtung zu lenken - wobei die Schule bereits mit Computern ausgestattet gewesen sei, "allerdings hatten sie keine Software". Inzwischen haben alle Lehrer ein eigenes "Surface-Pro-7"-Endgerät, bestellt über die Gemeinde Pliening, die sich an den aus dem Digitalfonds finanzierten Geräten mit zehn Prozent Eigenanteil beteiligt. Auch die Schüler sind ausgestattet worden, zumindest diejenigen, die nicht von zu Hause aus den Zugang zu einem Laptop oder PC hatten. "Ich bin auf die Gemeinde zugegangen und auf extrem offene Ohren gestoßen", erzählt die Rektorin. Zu den 14 Lehrergeräten habe man noch 13 Schüler-Laptops "Surface to go 2" geordert, berichtet Renate Winter, zuständig für Organisations- und Kommunikationstechnik im Plieninger Rathaus und Vorzimmerchefin von Bürgermeister Roland Frick (CSU). Die Gemeinde übernimmt auch die Lizenzgebühren für die Digitalplattform "Teams for education", die Tools für Klassenkonferenzen, Gruppenarbeiten und anderes zur Verfügung stellt. Zwei neue Router, welche die Schule schon im Oktober beantragt hatte, wurden ebenfalls bereitgestellt, sowie Headsets für die Lehrer. Und nicht zuletzt "leiht" die Gemeinde der Schule auch den externen IT-Experten, der im Rathaus für die Betreuung der Online-Vernetzung zuständig ist.

Lernen für die Schule mögen nicht alle. (Foto: Jonas Güttler/dpa)

Nun ist die Plieninger Schule zur digitalen Kompetenzschule im Landkreis Ebersberg benannt worden. Rektorin Dung und ihre Mitstreiter, darunter vor allem Sophia Pfeffer, Mutter einer Drittklässlerin, die selbst beruflich viel mit "Teams" zu tun hat. Gemeinsam mit Philipp Kehl, dem kommissarischen Berater digitale Bildung im Auftrag des Schulamts - und nebenher Lehrer und Systembetreuer an der Grundschule Zorneding - haben sie eine Schulung für Rektoren und Lehrer im Landkreis organisiert. Zwölf Schulen haben sich dafür angemeldet und sollen von all jenen Administratorenkenntnissen profitieren, die Katrin Dung sich im vergangenen halben Jahr selbst erarbeiten musste. "Da hat ja wohl jeder die gleichen Schwierigkeiten, wir wollen unsere Erfahrungen weitergeben." Und nicht jede Schule kann auf so digitalaffine Mitarbeiter wie Philipp Kehl in ihrem Lehrerkollegium zurückgreifen. 13 Anrechnungsstunden bekommt der Grundschullehrer für seine landkreisweite Koordinierungsaufgabe, hat aber nebenher noch eine Klassenleitung zu stemmen und an seiner Schule 100 PCs und 20 Leihgeräte für Schüler zu versorgen, "dafür haben andere Firmen festangestellte Systembetreuer".

In der Plieninger Grundschule hatte Katrin Dung zunächst mit einer kleinen Gruppe von Kollegen angefangen, sich mit Möglichkeiten des digitalen Unterrichts auseinander zu setzen. "Der Druck kam dann mit dem ersten Lockdown, das war der Weckruf", erzählt Dung. Ende Oktober seien alle Lehrer mit dem neuen Programm konfrontiert worden, ein professioneller IT-Coach gab eine Fortbildung. "Den Kollegen rauchte der Kopf", erzählt Dung. Dann kam Sophia Pfeffer ins Spiel und bot an, den Umgang mit dem Programm in alltagstauglicher Sprache zu erläutern. Seither habe man sich "step by step" fortentwickelt. Im Dezember musste Katrin Dung mit ihrer Klasse in Quarantäne, "25 Kinder waren die Versuchskaninchen", per Browser-Links über Teams gestaltete Dung den Unterricht. "Aber wir wollten einen geschützten Raum" - der einfache Link lässt sich nämlich beliebig weitergeben, so dass auch Externe in so einen Klassenchat einsteigen könnten. In der dreitätigen "freiwilligen" Schulphase der Weihnachtswoche dann habe jedes Kind eine eigene Adresse und ein Passwort bekommen, für jede Klasse wurde nach den Ferien aus dem Kreis der Eltern ein eigener IT-Experte benannt. "Im Endeffekt hat das ganze ein halbes Jahr gedauert" - bis Pliening Kompetenzschule geworden ist. Dung lacht ein bisschen - auf dem Bildschirm ist das gut zu sehen, das Gespräch läuft natürlich per Videokonferenz - "wenn ich mit meinem Wissen schon Kompetenzschule bin...", den Rest des Satzes lässt sie offen.

Eine Rektorin mit der Affinität für's Digitale: Katrin Dung. (Foto: Christian Endt)

Von dem Enthusiasmus ihrer Lehrer - "ich habe noch nie so viele Fortbildungen genehmigt" -, ist sie jetzt ebenso begeistert wie von der Zustimmung der Eltern. "Und da gibt es welche, denen ging der Puls hoch, wenn sie hörten, sie müssen mit ihren Kindern etwas am Computer machen." Eine Umfrage habe gezeigt, dass zwei Drittel der Kinder souverän mit dem Onlineangebot umgehen könnten, nur bei einem Drittel, den Erstklässlern vor allem, müssten Eltern noch daneben sitzen. Jeden Tag zwei mal eine halbe Stunde seien die Kinder im Chat, wenn sie Fragen haben, dann hätten sie gelernt, ihre Lehrer auch mal anzurufen. Abgesehen davon, dass es für sie eine gute Erfahrung sei, zu sehen, dass auch "Frau Dung mal etwas Neues lernen muss", scherzt sie, sei das frühzeitige Erlernen jener Skills, die den Umgang mit dem neuen Medium ermöglichen, für sie ein Riesengewinn.

So wolle man, auch wenn der Präsenzunterricht wieder beginne, in Pliening das digitale Programm weiter nutzen, der Vertrag läuft unbegrenzt - im Gegensatz zu dem kultusministeriell geförderten Variante, die im April ausläuft. Die sogenannt Bayern-Cloud, angekündigt vom Kultusministerium als bayernweite Schulplattform mit hohem Datenschutzstandard, soll dann fertig sein und die bisher genutzten Programme obsolet machen. Klar, sagt Dung, der Datenschutz bei der Microsoft-Plattform Teams sei ein Thema, "die Server stehen in Irland", ergänzt sie. Aber sie habe alle Eltern darauf aufmerksam gemacht und die hätten die Datenfreigabe dennoch unterschrieben. Klar, die Namen der Schüler seien "jetzt weg, und beim nächsten Mal würde ich sie stärker verschlüsseln. Aber ich glaube, dass im Moment für die Kinder andere Dinge wichtiger sind als der Datenschutz".

© SZ vom 05.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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