Grafinger Weihnachtsmarkt:"Das brauchen wir uns nicht gefallen lassen"

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Der Weihnachtsmarkt wird wie hier 2016 jedes Jahr am Grafinger Marktplatz aufgebaut - dieses Jahr fällt er aus. (Foto: N/A)

Der Veranstalter gibt der Grafinger Lokalpolitik die Schuld an der Weihnachtsmarkt-Absage. Der Stadtrat weist jede Verantwortung von sich.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Der Grafinger "Weihnachtsmarkt" ist gestrichen. "Die späte Entscheidung im Bauausschuss und eine generelle Unsicherheit bei unseren Standbetreibern haben bereits früh für Absagen gesorgt", begründet der Veranstalter die Entscheidung gegen den Markt - was einer Schuldzuweisung an den Grafinger Stadtrat entspricht. Auslöser für das diesjährige Aus des Marktes dürfte aber weniger der Zeitplan im Stadtrat sein, als die zerstrittene Gemengelage der Grafinger Unternehmerschaft beim Thema Weihnachtsmarkt.

Das Lager um den Veranstalter, dem Werbering, sieht in dem Markt einen Besuchermagneten, der Kunden anzieht. Der Unternehmerflügel um die örtliche Metzgerei Saißreiner fürchtet hingegen um die Zukunft ihrer Geschäfte, sie sehen den Markt als Bedrohung, etwa weil er im umsatzstarken Dezember Parkplätze blockiere - dies gehe zulasten des Umsatzes der dauerhaft ansässigen Geschäfte.

Als die Situation kurz vor den Sommerferien zu eskalieren drohte, hatten das Rathaus und Stadtrat Christian Einhellig (Freie Wähler) einen Kompromissversuch gestartet: Jeweils zwei Marktstände sollten auf der Nord- und Südseite der Marktplatzinsel etwas weiter in die Mitte geschoben worden. Dann ließe sich - längs zur Fahrtrichtung der Autos - pro Seite ein zusätzlicher Parkplatz schaffen. Eine Verlagerung des Marktes etwa an den Hans-Eham-Platz hatte der Werbering ausgeschlossen. Die Firanten hätten klargestellt, sie kämen entweder auf den Marktplatz, oder nirgendwo hin in Grafing.

Weil sich die Unternehmerflügel auch in der Sitzung Ende Juni nicht einigen konnten, tagten die Stadträte sogar in den Sommerferien. Dabei justierte CSU-Stadtrat Josef Pollinger den bisherigen Vorschlag. Warum montiere man die Marktstände nicht einfach auf Rollen? Dann könnte man diese tagsüber, wenn der Markt ohnehin geschlossen ist, von den Parkplätzen wegrollen. All das war ganz offenbar zu spät. Hätten die Politiker doch nur schneller entschieden, schlussfolgert Webering.

"Es tut mir für alle einfach nur leid", sagt die Bürgermeisterin

Mit seiner Schuldzuweisung macht sich der Veranstalter im Stadtrat keine Freunde. Am Dienstagabend gab es dort erheblichen Widerspruch. "Das brauchen wir uns nicht gefallen lassen", schimpfte Thomas Huber, CSU-Stadtrat und Abgeordneter im Landtag. "Von wegen, dass wir über Monate hinweg nichts getan haben - wir haben uns ja extra im Ferienausschuss getroffen."

Der Werbering hätte sich einfach nur früher um die Genehmigung kümmern müssen, so das Credo. Auch Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) wollte den Vorwurf aus dem Werbering so nicht stehen lassen. "Ich sehe überhaupt nicht, dass der Stadtrat hier irgendetwas zu langsam oder zu spät entschieden hat." Ein schwarz-grüner Schulterschluss, der im Grafinger Stadtrat Seltenheitswert hat.

Gleichwohl kommt die Entrüstung im Stadtrat nicht von ungefähr. Anders als in den Jahren zuvor verschickte der Werbering den finalen Antrag für die Sondernutzung der Marktplatzinsel heuer erst am 27. Juni. Die Ladungsfrist für die Bauausschusssitzung war zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Tagen verstrichen. Also konnte der Antrag erst einen Monat später als sonst, in der Sitzung vom 27. Juli, beraten werden. Nachdem sich die Unternehmerschaft dort nicht einigen konnte, lud die Bürgermeisterin zum Ferienausschuss. Wie sich nun herausstellte, war es zu diesem Zeitpunkt aber schon zu spät.

Die Absage-Entscheidung des Werberings "tut mir für uns alle und die Stadt einfach nur leid", sagte Obermayr. Immerhin stellte der Werbering in Aussicht, im nächsten Jahr einen neuen Versuch zu starten. Dann vielleicht mit einem früheren Auftakt. Auf die beiden Stände der Grafinger Vereine, die zur Weihnachtszeit ebenfalls auf der Marktplatzinsel stehen, hat die Absage keine Auswirkungen.

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