Süddeutsche Zeitung

Grafinger Unternehmerin:Kein "Rücken" mehr

Gabriele Wander hat den Gesundheitsstuhl "MiShu" erfunden

Von Anna Horst, Grafing

Für viele Menschen gehören sie zum Büroalltag wie die Kaffeetasse: Rückenschmerzen, die nach acht Stunden langem Sitzen oft mit in den Feierabend genommen werden. Auch Gabriele Wander wurde davon geplagt, so sehr, dass die Schmerzen Auslöser für ihre Erfindung waren: Der Gesundheitsstuhl "MiShu", den ihre Firma seit bald 20 Jahren von Grafing aus nicht nur in Deutschland, sondern auch nach Frankreich, in die USA und sogar nach Australien verkauft. Für den MiShu hat sie schon mehrere Auszeichnungen gewonnen, darunter den Holz-Kreativ-Preis des Bund Naturschutz und die Auszeichnung "Einfach Genial!" des Mitteldeutschen Rundfunks. Den "Red Dot Product Design Award" erhielt der MiShu-Klavierhocker, der einige Jahre nach Gründung des Unternehmens ins Sortiment aufgenommen wurde.

Auf den ersten Blick sieht der MiShu wie ein etwas wackeliger, aber stilvoll designter Hocker aus: Er besteht aus Naturholz und mehreren beweglichen Gelenken und Klötzchen, durch die er höhenverstellbar ist. Ganz bewusst kommt er ohne Lehne aus, damit sich die Wirbelsäule beim Sitzen aufrichtet. Die drei schwingenden Gelenke erlauben außerdem, sich in alle Richtungen zu bewegen. Das mobilisiert die Tiefenmuskulatur im Rücken, die bei normalen Stühlen gern verkümmert. "Vollkommen still zu sitzen ist im Grunde gegen die Natur des Menschen", erklärt Wander. Am besten könne man das sehen, wenn man in einer Schlange warte. Nach 10 bis 15 Minuten fingen die Beine an zu schmerzen und man könne nicht mehr stehen. Spazierengehen hingegen sei über Stunden hinweg kein Problem. Bewegung bedeutet für den Körper also Erholung und Entspannung, und das macht sich Wanders Gesundheitsstuhl zunutze. "Auf dem MiShu zu sitzen kommt dem Gehen näher als dem Stehen", sagt seine Erfinderin.

"Vier Jahre habe ich für die Entwicklung gebraucht", erzählt sie. Immer wieder habe sie neue Ideen getestet, bis der Stuhl bei ihren Schmerzen zu helfen schien. Doch erst, nachdem sie den Stuhl zusammen mit Rückenübungen für längere Zeit in ihren Alltag integriert hatte, zeigte sich eine deutliche Besserung. "Ich habe verstanden, dass es bei manchen Menschen einfach mehr Zeit und weitere therapeutische Maßnahmen braucht, um die Probleme loszuwerden", sagt Wander.

Ihr Unternehmen bietet deshalb eine ganzheitliche Beratung durch Profis an. Zehn Mitarbeiterinnen sind mittlerweile bei Wander angestellt. "Es sind wohlgemerkt alles Frauen, die hier unter anderem in Teilzeit arbeiten", betont Wander. Von Anfang an habe es ihr am Herzen gelegen "Frauen mit Kindern und alleinerziehenden Müttern eine Chance zu geben".

Seit Neuestem finden in den Grafinger Firmenräumen Workshops für Betroffene und Therapeuten unter dem Motto "Es lebe die Wirbelsäule!" statt. In den Kursen geht es darum, wie man den Rücken fit halten kann und welche Rolle der MiShu dabei spielt. "Man kann sich zum Beispiel auf dem MiShu vor eine Wand setzen und dann einen weichen Ball zwischen Wand und Rücken klemmen", erklärt Wander. Durch kreisende Bewegungen mit dem Rücken wird dieser massiert und trainiert. In einer anderen Übung wird mit einem Regenschirm oder Besen ein leichter Druck gegen den Rücken ausgeübt und der Kursteilnehmer versucht, die Wirbel einzeln dagegen zu bewegen. "Das ist wie Zähneputzen für die Wirbelsäule: Wenn man es regelmäßig macht, lassen sich Versteifungen und Verspannungen mit wenig Zeitaufwand spielerisch wieder auflösen", erklärt Wander.

Anlässlich des Tags der Rückengesundheit an diesem Freitag, 15. März, finden am Wochenende mehrere Workshops statt: Am Samstag können Interessierte an einem ganztägigen Kurs teilnehmen, am Sonntagveranstaltet Wander zwei kostenfreie Schnupperkurse, die jeweils eineinhalb Stunden dauern.

Workshops: Samstag, 16. März, 10 bis 16 Uhr, Sonntag, 17. März, 11 bis 12.30 Uhr und 16 bis 17.30 Uhr, Bahnhofstraße 4, Grafing. Anmeldung unter (08092) 852 66 58 oder info@mishu.de.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2019
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