Grafinger Umweltschützerin:Die grüne Schwarze

Anja Walz CSU AKU

Anja Walz leitet seit zehn Jahren den Arbeitskreis Umweltsicherung und Landesentwicklung.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Anja Walz verantwortet bei der Kreis-CSU das ökologische Profil

Von Thorsten Rienth, Grafing

Vielleicht hat alles mit frühkindlicher Prägung zu tun. "Kein Rumlärmen im Wald, keinen Abfall zurücklassen, Achtung vor der Natur haben." Anja Walz' Großwerden ist eng mit diesen Ansagen ihrer Eltern verbunden. "Botanik, Vögel, Wildtiere, das ganze Zusammenspiel der Natur", das sei bei Vater und Mutter eine ganz zentrale Maxime gewesen. Seit mittlerweile zehn Jahren ist die Grafingerin Kreisvorsitzende des CSU-Arbeitskreises Umweltsicherung und Landesentwicklung (AKU). "Was mir unglaublich stinkt, ist die Tatsache, dass sich ein Großteil der Menschheit seit Jahrzehnten so benimmt, dass, wo immer sie hingeht, hinterher fast alles zerstört ist!", schimpft sie. Umweltschutz sei kein abstraktes Projekt. "Umweltschutz ist doch eine Verpflichtung!" In Rage reden kann sie sich wahrlich schnell. Aber warum auch nicht? Es gehe doch um Gottes Schöpfung, schlägt sie den klerikal-grünen Bogen.

Walz, geboren 1947 in Dresden, Ende der 1950er Jahre mit ihren Eltern in den Westen geflohen und später als Flight Operation Managerin in der Luftfahrtbeschäftigt, stellt ihre harsche Bestandsaufnahme über alles. Weil Umweltschutz eben alles betreffe. Den Anstieg des Meeresspiegels. Die Verwüstung von Landstrichen. Die daraus folgende Migration und, daraus abgeleitet, der steigende soziale und gesellschaftliche Druck auf bewohnbare Gegenden. Das Fortbestehen des Planeten. Sie selbst habe den Großteil ihres Lebens gelebt. "Aber ich habe eine Enkelin." Und diese Generation habe den Großteil ihres Lebens noch vor sich.

Als sich die Kreis-CSU nach der Europawahl zur kritischen Analyse trifft, kann sie sich zwar über ein Ergebnis freuen, das besser ist, als mancher in der Runde befürchtet hatte. Kreisvorsitzender Thomas Huber bilanziert: "Wenn wir als CSU in den letzten Jahren öfters auf sie gehört hätten und auf ihre wertvollen fachlichen Beiträge, dann wären wir im Bereich Umwelt- und Artenschutz besser dagestanden."

Eine solche Achtung hatte die leidenschaftliche Fotografin und Expertin für historische Trachten nicht immer. Wenn sie - von 2002 bis 2014 gehörte sie dem Gremium an - im Grafinger Stadtrat mal wieder ökologischere Entscheidungen bei der Sanierung des VHS-Gebäudes oder des Freibads anmahnte oder sich gegen neue Flächenversiegelungen gar ganz versperrte, rollten viele der eigenen Leute mit den Augen. Bei der Listenaufstellung zur Kommunalwahl 2014 wählten die CSU-Mitglieder Walz lediglich auf den 18. Platz. Was für eine brüske Zurückweisung für jemanden ihres Kalibers. Zwar schaufelten sie die Grafinger bei der Wahl auf Platz zwölf vor. Doch das war weit entfernt von den ersten acht Listenplätzen, die die CSU von nun an in das Gremium schicken durfte.

Anstatt sich vergrämt aus der Politik zurückzuziehen, blühte Walz mit einer Jetzt-erst-recht-Attitüde auf. Den AKU entwickelt sie von einem Randgruppen-Arbeitskreis zu einem echten politischen Akteur. Der etwa fordert ein Verbot von Mikroplastik in allen Kosmetik- und Reinigungsartikeln sowie in Produkten, die - auch über Umwege - in Natur und Nahrungskreislauf gelangen. Natürlich geißelt er Glyphosat und Kükenschreddern, fordert - auch gegen die Haltung der CSU-Oberen - den Ausbau der Windenergie oder veranstaltet Diskussionsrunden zum neuen Energiezeitalter, Power-to-Gas, Weltbevölkerung oder Bienenpolitik. Dabei stets mit auf dem Podium: Wissenschaftler. Wer, wenn nicht sie, könnten auch glaubwürdiger über die Themen sprechen?

Und was Walz selbst bei alldem so glaubwürdig macht? Bei ihr habe schon ein Hybridauto vor der Tür gestanden, als viele von der Technologie noch überhaupt nichts wussten, erzählt Sepp Carpus, früherer Grafinger CSU-Chef. "Ihren Garten gestaltet sie insektenfreundlich, einkaufen geht sie regional." Selbst wenn jemand suche, sagt Carpus: Er finde keine Unstimmigkeit.

Außerdem geht es ja auch versöhnlich. Ein Umdenken in der Staatsregierung sei nicht zu übersehen, will Walz festgestellt haben. Sie spricht von einer "berechtigten Hoffnung, dass der Ernst der Sache erkannt ist" - und nicht nur der nächsten Wahlergebnisse wegen. Dass die Bewertung von einer fast schon notorischen Obrigkeitszweiflerin kommt, sagt so einiges aus.

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