Grafinger Stadrat:Hier ein Vertrag, dort Argumente

In Grafing werden bereits neue politische Allianzen geschmiedet - auf ganz unterschiedliche Weise. Welche wohl die erfolgreichere sein wird?

Kommentar von Thorsten Rienth

Sieben Parteien und Gruppierungen sitzen im neuen Grafinger Stadtrat. Am Dienstag konstituiert er sich. Neun Sitze entfallen auf die CSU, sieben auf die Grünen und drei auf die Freien Wähler. Die SPD holte zwei sowie Bayernpartei, FDP und Linke jeweils einen. Die Zeiten ohne klare Mehrheiten setzen sich in Grafing also fort. In den allermeisten anderen größeren Landkreisgemeinden ist das genauso. Je größer die Partei, desto mehr sieht sie die Entwicklung mit Sorge, logischerweise.

Ein Stadtrat aus sieben Listen drohe sich "zu verzetteln", hatte der Landtagsabgeordnete und CSU-Kreisvorsitzende Thomas Huber vor ein paar Tagen gewarnt - und den Zusammenschluss von CSU und FDP zu einer schwarz-gelben Stadtratsfraktion bekanntgegeben. Zusammen mit der Bürgermeisterstimme von Christian Bauer (CSU) käme die neue CSU/FDP-Fraktion auf zehn Voten. Drei zu wenig, um im Stadtrat regieren zu können.

Bis nicht klarer wird, welche Strategie hinter dem Zusammenschluss steht, ist selbiger vor allem ein Achtungserfolg für den neuen starken Mann bei der Grafinger FDP, den Neu-Stadtrat Claus Eimer: Als Einzelkämpfer hätte er zu den sogenannten Hinterbänklern gehört. Nun gestaltet er gleich vom ersten Tag der neuen Wahlperiode an als stellvertretender Vorsitzender die größte Grafinger Stadtratsfraktion mit. Wenngleich die Schlagkraft einer Fraktion mit deren Mitgliederzahl steigt, es also aus Perspektive von CSU und FDP einen guten Grund für den Zusammenschluss gibt, lässt sich an anderer Stelle des Stadtrats ein genau gegenläufiger Trend beobachten.

Noch vor der ersten Sitzung lag bereits ein Antrag in den Postfächern, der aufhorchen ließ - nicht nur angesichts der Deutlichkeit, mit der die drei Grafinger Stadträte Veronika Oswald (Freie Wähler), Sepp Biesenberger und Johannes Oswald (beide Grüne) in dem Papier die kommunale Selbstverwaltung auch in Corona-Krisenzeiten einfordern. Eher der Tatsache wegen, dass sich dabei einzelne Stadträte anlassspezifisch auch jenseits der Fraktionsgrenzen zusammenschließen. Und angesichts der Signale weiterer Gremienmitglieder, die sich dem Vorstoß gerne angeschlossen hätten - wenn er ihnen denn bekannt gewesen wäre. Wer will, kann dies als Antwort auf den klassisch-verbindlichen Zusammenschluss von CSU und FDP interpretieren. Sie heißt: Für neue Machtachsen braucht es keine neuen Fraktionsverträge. Sondern bisweilen einfach einmal einen Anruf bei den Kollegen. Bis sich zeigt, welche der beiden Formen politischer Zusammenarbeit am Ende die erfolgreichere ist, dürfte freilich einige Zeit vergehen.

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