Grafinger Ostumfahrung:Die Blechlawine ist verschwunden

Einen Tag nach Eröffnung der Ostumfahrung bewerten die Grafinger den Effekt unterschiedlich. Schwere Lastwagen sieht man in der Innenstadt auffällig wenige.

Report von Wieland Bögel, Grafing

Seit genau 24 Stunden ist die Ostumfahrung nun eröffnet - und sie scheint zu wirken. Zumindest in der Rotter Straße ist an diesem Donnerstagmittag wirklich sehr wenig los. Kaum ein Auto ist zu sehen - aber liegt das nun wirklich an der neuen Straße? Schülerlotsin Regina Ringer, die an der Ampel bei der alten Volkshochschule steht, glaubt das nicht unbedingt: "Ehrlich gesagt, es ist heute genau so viel oder wenig los wie immer", sagt sie. Denn dass manchmal kaum ein Auto über die Rotter Straße fährt, sei ganz normal, "und dann geht es auf einmal wieder richtig zu".

Grafing Marktplatz - ein Tag nach Eröffnung der Ortsumfahrung.

Etwas lockerer als sonst empfinden manche den Verkehr in Grafing nach Eröffnung der Umgehung, etwa am Marktplatz.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für CSU-Stadtrat Georg Schlechte, der gerade an der Stelle vorbeiradelt, ist es an Tag eins nach der Eröffnung der Umfahrung noch zu früh, die Effekte der neuen Straße - oder deren Ausbleiben - zu bewerten. Da müsse man erst einige Wochen abwarten, "bis sich jeder seine neuen Wege gesucht hat". Er selbst rechne sich ohnehin eher den Skeptikern zu, "ich glaube nicht, dass es so viel bringt, wie versprochen wurde", sagt Schlechte. Allerdings habe er schon den Eindruck, "dass heute generell weniger los ist", vor allem sei ihm aufgefallen, dass weniger schwere Lastwagen in der Stadt unterwegs seien.

Grafing Marktplatz - ein Tag nach Eröffnung der Ortsumfahrung.

Manche glauben, dass die Umgehungsstraße nicht auf Dauer Entlastung bringen wird.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am westlichen Ende des Marktplatzes an der Abzweigung zur Glonner Straße bestätigt sich dieser Eindruck. Zwar herrscht dort einigermaßen reger Verkehr, die meisten Fahrzeuge sind aber Personenautos, ab und zu ein Kleinlaster, gelegentlich kurvt ein Traktor um die Ecke. Die berüchtigten Staus an der Stelle sind bisher ausgeblieben. "Es wäre schön, wenn es so bleibt", sagt Marlene Engelhart-Schweiger, die den Kräuterladen direkt an der Ecke Marktplatz und Glonner Straße betreibt, "im Moment ist wirklich wenig los."

Grafing Marktplatz - ein Tag nach Eröffnung der Ortsumfahrung.

In der Rotter Straße hat Schülerlotsin Regina Ringer allerdings keine Veränderung bemerkt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Besonders von den schweren Sattelschleppern, die sich dort sonst auf beiden Spuren gegenseitig und den nachfolgenden Verkehr blockieren, ist an diesem Donnerstag offenbar keiner unterwegs. Ob das nun aber eine Folge der neuen Umfahrung ist oder ob gerade einfach weniger Lastwagen unterwegs sind, "das muss man erst einmal einige Zeit beobachten".

Ihrer Nachbarin Senta Stockinger von Bettina-Moden ist das Fehlen der Lastwagen und des Staus vor ihrem Geschäft auch aufgefallen, "vielleicht fährt der eine oder andere jetzt außenrum von Rosenheim zur Autobahn". Ganz generell erwarte sie zwar "keine Wunder" von der neuen Straße, "aber wenn man wenigstens die schweren Lkw aus der Stadt raushält, dann war der ganze Landschaftsverbrauch nicht ganz umsonst."

"Der Verkehr schaut heute lockerer aus als sonst"

Der Marktplatz selbst ist etwas später am Donnerstagnachmittag zwar immer noch nicht zur Fußgängerzone mutiert, die ringförmige Blechlawine, die so häufig die Innenstadt prägte, ist allerdings nicht zu sehen. "Der Verkehr schaut heute lockerer aus als sonst", findet auch Rudi Mitterer, der gerade vor einem Café am Marktplatz seinen Kaffee trinkt. Er hat auch eine Theorie, warum es auf der Straße weniger dicht zugeht: "Die Lkw, besonders die Riesendinger, sind weniger." Die Umfahrung selbst hat der Lorenzenberger auch schon benutzt und kann nur Positives berichten. Im Vergleich zu seinem früheren Weg nach Ebersberg - nämlich durch Grafing hindurch - sei die neue Verbindung schon angenehmer zu fahren, und es gehe auch schneller.

Wenn auch nur ein bisschen, wie Birgit und Stefan Deinzer berichten. Für den Weg von Tegernau nach Ebersberg habe sie heute knapp eine Minute weniger benötigt als sonst, sagt Birgit Deinzer über ihre erste Fahrt auf der neuen Straße. Aber auch wenn diese nicht unbedingt einen Zeitgewinn für die Benutzer bedeutet - die Fahrt dort sei auf jeden Fall entspannter. "Man kann zügig durchfahren und hat nicht diesen Stop-and-go-Verkehr durch Grafing."

Sie erwartet daher, dass die Umgehung gut angenommen wird, auch wenn es vielleicht einige Zeit dauert. "Manche biegen am Anfang wahrscheinlich noch automatisch nach Grafing ab", vermutet Birgit Deinzer, einfach aus alter Gewohnheit. Ihr Mann hat den Eindruck, dass einige schon auf neuen Wegen unterwegs sind: "Es hat mich gewundert, aber gefühlt ist weniger Verkehr in der Stadt." Etwas vorsichtiger mit der Bewertung ist Christian Einhellig.

Der Stadtrat der Freien Wähler und Architekt hat sein Büro am Marktplatz und daher einen guten Blick auf den Verkehr dort. Dass dieser jetzt etwas weniger stark sei, könne schon sein, "aber das ist eine Momentaufnahme". Ob durch die Umfahrung etwa wirklich weniger Lkw durch die Stadt unterwegs sind, werde sich erst in einigen Wochen, wenn nicht Monaten zeigen, wenn auch die Daten der Navigationsgeräte aktualisiert sind.

Was sich kurz darauf zu bestätigen scheint, als ein schwerer Sattelschlepper über den Marktplatz Richtung Glonner Straße fährt. Aber vielleicht sind 24 Stunden einfach nicht lange genug, dass wirklich jeder gemerkt hat, dass es eine neue Straße gibt.

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