Süddeutsche Zeitung

Grafinger Künstler mit neuem Projekt:Zweimal Schmäh und Wiener Melancholie

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Mit der Reihe "Zwei Gulasch und zwei Seidl Bier" huldigt das Musikerduo Sebastian Schlagenhaufer und Sebastian Gassmann den Austropop-Barden Wolfgang Ambros und Georg Danzer in Musik und Text

Von Alexandra Leuthner, Grafing

Den Wienern wird ja ein ganz besonderes Verhältnis zum Tod und ihren Toten nachgesagt. Es ist ein bisserl so, als stürben sie nicht, sondern - Wolfgang Ambros hat es in seinem natürlich unsterblichen Lied vom Zentralfriedhof so bildhaft beschrieben - träten einfach ein in eine andere Lebensform. In der sie sich zu gegebener Zeit aus ihren Gräbern erheben, um dort weiter zu machen, wo sie vor ihrem Dahinscheiden aufgehört haben: Beim Saufen, beim Lustigsein und bei den Liedern vom Tod. Und vielleicht ist es gerade diese ebenso lyrisch wie brutal besungene Endlichkeit, die die unvergleichlichen Barden des besonderen Wiener Schmähs niemals sterben, und die Liebe ihrer Fans ebenso wenig erkalten lässt.

Sebastian Schlagenhaufer, selbst Musiker, Kabarettist und auch noch Leiter der Grafinger Stadthalle, ist so einer, Fan auf Lebenszeit. Seine Tante, erzählt er am schattigen Esstisch in seinem Grafinger Garten, sei es gewesen, die ihn mit den wienerischen Tönen beschallt hatte, als er noch ein Junge war. Ambros, Danzer, Fendrich auch - "ich bin damit aufgewachsen". Und dann ist er daran hängen geblieben. An der Austria, am Dialekt und überhaupt - am Schmäh.

Espressotassen stehen auf dem Gartentisch, auf denen das rote Logo der berühmten Wiener Kaffeerösterei Julius Meinl prangt. Daneben liegen Bücher über Wolfgang Ambros und Georg Danzer. Und gleich geht Schlagenhaufer los, holt einen Packen Ambros-Schallplatten aus dem Haus, manche tragen Patina, manche hat er erst unlängst über Ebay erstanden, und fängt an zu erzählen. Vom Projekt, das er vorhat, gemeinsam mit seinem guten Freund und langjährigen Musikerkollegen Sebastian Gassmann. "Zwei Gulasch und zwei Seidel Bier" haben die beiden Gitarristen ihre Konzertreihe getauft, in Anlehnung an das erste Stück, das Ambros und Danzer miteinander auf der Bühne gespielt haben, lange bevor sie 1997 mit Reinhard Fendrich zu Austria 3 zusammen kamen. Und Schlagenhaufer erzählt vom vergangenen Jahr, als die Idee Form angenommen hat, ein ganzes Programm den beiden Fixsternen des Austropop zu widmen. Deren Songs haben auch bisher schon immer wieder Eingang in die gemeinsamen Konzerte der beiden bayerischen Musiker gefunden, die dank ihrer dialektalen Nähe zum bergigen Nachbarland kein Problem mit dem Wienerischen haben. So intensiv habe er sich im vorigen Sommer mit Ambros' Leben und Werk beschäftigt, eine Reise nach Wien inbegriffen, erzählt Schlagenhaufer, "dass ich selbst irgendwann den Ambros-Grant entwickelt habe. Für meine Familie war das nicht leicht".

Sebastian Gassmann, sein kongenialer Partner, sei Georg Danzer viel näher. Aufgewachsen im Nachkriegswien, in einem Haus, dem eine Wand gefehlt hat, war der 2007 verstorbene Musiker der introvertiertere, lyrischere von beiden, beeinflusste den etwas jüngeren Ambros schon, bevor sie miteinander zu spielen begannen. Anfang der 70er Jahre gehörte Danzer ebenso wie Ambros zu einem Kreis junger Musiker, unter ihnen auch André Heller und Marianne Mendt, die den Dialekt in der Popmusik hoffähig machten, die österreichische Musikszene der folgenden Jahrzehnte prägten und den Weg bereiteten für Musiker und Bands wie E.A.V, Opus oder S.T.S, später dann Falco, bis hin zu Seiler und Speer oder dem Indierock zuzurechnenden Bands Wanda und Bilderbuch.

Schlagenhaufer und Gassmann wollen bei ihren acht Konzerten, beginnend Ende Oktober, nicht nur jede Menge Lieder der beiden Ausnahmekünstler Ambros und Danzer spielen, sondern auch aus deren Leben erzählen, eine Einordnung der beiden Karrieren vornehmen, die in einer Zeit begannen, in der die Fallhöhe für einen jungen Musiker hoch gewesen sei, weit höher als heute, wie Schlagenhaufer sagt. Sie wollen sich mit ihrem Konzept auch abheben von anderen Künstlern, die dem Austropop huldigen.

"So wie wir es machen, hab ich es noch nicht gesehen", erzählt er, "dieser Zugang, über Hintergrundwissen und Biografisches ist ein ganz anderer." Etwa 30 zu 70 Prozent soll der Anteil von Text zu Musik betragen - und auf einige Klassiker können sich die Fans jetzt schon freuen, "auch wenn wir sicher nicht jedes mal die gleichen Titel spielen werden". Dafür gibt es viel zu viele, die gut sind. Aber "Da Hofa", "Da Tschick" werden auf jeden Fall dabei sein, natürlich "A Gulasch und Seidl Bier", das melancholische Danzer-Liebeslied "Ruaf mi ned An" vielleicht, und "ein bisschen was vom Dylan-Album", schwärmt Schlagenhaufer. "Am Zentralfriedhof kommen wir auch nicht vorbei", sagt er, aber das will auch keiner. Was wäre Musik aus Wien ohne Lieder vom Tod.

Premiere ist am Samstag, 26. Oktober, Wolfmühle, Forstinning. Weitere Auftritte folgen am Freitag, 8. November, im Wirtshaus Schrätzenstaller in Hettenhausen; Samstag, 23. November, Kramerwirt in Bad Endorf; Sonntag, 29. Dezember, Hofspielhaus München; Samstag, 11. Januar, Glonner Marktblick; Freitag, 31. Januar, UBO 9 - München-Aubing; Samstag, 7. März, Grafinger Café Hasi und Freitag, 27. März, Wirtshaus Kalteneck Albaching. Infos zum Kartenverkauf unter www.zweiseidbier.de

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SZ vom 24.08.2019
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