Grafinger Jugendorchester:Heilig's Blechle!

Grafinger Jugendorchester: Der Auftritt des Grafinger Jugendorchester am Montagabend in der Bauhofhalle.

Der Auftritt des Grafinger Jugendorchester am Montagabend in der Bauhofhalle.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Kann in einem Bauhofgebäude aus Metall ein Orchesterkonzert gelingen? Es kann, sogar mehr als das - wie das "Grafinger Jugendorchester" zeigt. Zumindest solange es nicht regnet.

Von Korbinian Eisenberger, Grafing

Es war der Programmpunkt "Godfather" erreicht, als jemand da oben seinen Gruß über Grafing vergoss. Besser hätte jetzt "Durch den Monsun" gepasst. Im Konzerthaus, das der Ursprungsidee zufolge als Lagerhalle dienen soll, offenbarte sich eine besondere Eigenheit: Die Akustik der Metalldecke ist nicht nur von innen phänomenal - sondern auch von außen. Und so krachten die Tropfen regelrecht herab - während unter dem Dach 80 Musikanten dagegen anspielten.

Am Montagabend ging für das Grafinger Jugendorchester eine mehrtägige Comeback-Tour zu Ende. 1200 Menschen sahen bei den drei Konzerten zu. Manche von ihnen waren mit Fragen gekommen. Etwa, ob es die Grafinger noch können, das Musizieren, nach mehr als zwei Jahren Corona-Zwangspause. Vor allem aber: Ob sie es innerhalb der "Blechbüchse" können?

Grafinger Jugendorchester: Matthias Reinelt, Sarah Ringer und Lena Brenninger (von links).

Matthias Reinelt, Sarah Ringer und Lena Brenninger (von links).

(Foto: Erich Beschorner, GJO)

Bis zum Moment des meteorologischen Umschwungs gelang es durchaus. Als Leitmotiv für diese musikalische Trilogie hatte Orchesterleiterin und Dirigentin Hedwig Gruber Filmmusik gewählt, so wie zuletzt im Jahr 2009. Kenner des Ensembles, das inzwischen seit 20 Jahren auf der Bühne steht, erlebten Momente, bei denen man vergaß, dass sich zwei Jahre Pandemiepause in die orchestrale Biographie gedrängt hatten. Es gab aber auch Hinweise darauf, dass nicht alles immer gleich bleiben kann und muss.

Hoher Dahinschmelz-Faktor bei "A Million Dreams"

Noch nicht ganz das Jugendalter erreicht hat die 14 Jahre alte Sarah Ringer, die sich engelsgleich im weißen Kleid auf die Bühne stellte und stimmlich butterweich "A Million Dreams" einleitete, ehe Matthias Reinelt und Lena Brenninger zum Trio einsetzten - beide haben das Jugendalter im Übrigen erreicht und inzwischen auch überschritten. Das Original von "A Million Dreams" aus "The Greatest Showman" hat verglichen mit der Grafinger Interpretation einen wesentlich geringeren Dahinschmelz-Faktor. Vom Publikum gab es einen Applaus von längerer Ausdauer.

Grafinger Jugendorchester: Applaus vom Grafinger Publikum.

Applaus vom Grafinger Publikum.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ausdauer ist auch so ein Begriff, der dieses Konstrukt "GJO" charakterisiert. Je länger die Mitglieder zusammen spielen, desto weniger jugendlich wirken zwar die Gesichter und Töne bei etwas genauerem Hinsehen und -hören. Und doch ist der Wesenskern der gleiche geblieben, auch postpandemisch: Talentierte Musikanten, Streicher, Holz- und Blechbläser, Drummer, Percussion und Trommler, kombiniert mit einer effektvollen Show - und einem Moderator, der bisweilen das Publikum auf die Schippe nimmt - aber in erster Linie sich selbst.

Philipp Gassert führte an allen drei Abenden durchs Programm. Er kam auf die Bühne und erzählte von seinen wenig ausgeprägten Talenten auf einem Skateboard. Für die Zuschauer war es die Erklärung, warum der Moderator mit einem Paar Krücken humpelnd moderierte. Ein Beinbruch für Gassert, aber kein Beinbruch für die Show, im Gegenteil: Jede Zwischenmoderation finalisierte er mit einer gut gesetzten Pointe - ehe er eine besondere Situation zu meistern hatte. Nach einer halben Stunde Spielzeit, um Punkt 20 Uhr, fing es zu regnen an. Und wie.

Grafinger Jugendorchester: Die Streicher am Montagabend.

Die Streicher am Montagabend.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die "Blechbüchse", so getauft von GJO-Chefin Gruber und als Konzertsaal ermöglicht vom Grafinger Bürgermeister Christian Bauer: Im Stück "Godfather" aus dem Filmklassiker "Der Pate" mischten sich die Soundeffekte von Paukenschlag und Niederschlag. Die Niedergeschlagenheit von Moderator Gassert hielt sich in Grenzen, als das Orchester für fünf Minuten zwangspausierte. Der neue Konzertsaal habe unter gewissen Bedingungen "das ein oder andere Defizit", ließ er wissen. Wenig später hatte Gassert den Regen mit Kalauern überbrückt. Weiter gings.

"Wir sind sofort wieder dabei, wenn sich die Möglichkeit bietet."

Die Wucht von Halle und Konzert kam so zu seiner Entfaltung: Dazu zählten neben den musikalischen Feinheiten auf der Bühne auch Showelemente, die sich durchs Publikum bewegten: Ein Dino zur monumentalen Titelhymne von "Jurassic Park", ein verurteilter Westernmann, der seinen Galgenstrick durch die Halle zog - und ein Waldschrat mit Spielzeug-Büchse, der zur Ouvertüre "Der Freischütz" einen Knall abgab, über den sich Schmunzeln ließ.

Klänge von Blechbüchsen. Darum ging es und darum dürfte es auch weiterhin gehen. Ob das Grafinger Jugendorchester auch künftig die Bauhofhalle verhängen und mit einer Konzertapparatur bestücken darf, ist dem Vernehmen nach ungeklärt. "Uns hat es dort super gut getaugt, wir sind sofort wieder dabei, wenn sich die Möglichkeit bietet und es sich finanzieren lässt", so Hedi Gruber.

Grafinger Jugendorchester: Hedwig Gruber am Montagabend.

Hedwig Gruber am Montagabend.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Es endete mit Flammen, die vor der Bühne aus dem Boden schossen. Und es geht weiter mit einer Open-Air-Combo am Sonntag, 10. Juli, um 17 Uhr auf der Wiese des Golfclubs Maxlrain. Da dort keine größeren Blechbüchsen zur Verfügung stehen, ist im Falle von Regen am 16. Juli, 17 Uhr, Ausweichtermin.

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