Um gewaltige Summen geht es, so viel ist klar. „Etwa acht Millionen Euro wird das Windrad selbst kosten“, rief Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) in die Stadthalle. „Bei den Gesamtprojektkosten werden es ungefähr elf Millionen Euro sein.“ Einen möglichst großen Teil davon will der Bürgermeister bei den Grafingern selbst einsammeln. „Wir glauben, dass die Wertschöpfung von einem solchen Energiewende-Projekt bei den Bürgern liegen soll.“ Das geplante Windrad soll deshalb ein Bürgerwindrad werden. Am Montagabend hat die Stadt ihre Pläne erstmals außerhalb des Stadtrats in einer Info-Veranstaltung der breiten Öffentlichkeit präsentiert.
Die Eckpunkte der Planung sind schnell umrissen, da seit Monaten bekannt: Zwischen Pötting, Reitgesing, Nettelkofen und Seeschneid soll das Windrad einmal stehen. Die Nabenhöhe wird mit 162 Metern angegeben, ein senkrecht stehendes Rotorblatt an der 250-Meter-Marke kratzen. Bauen und betreiben will es die Stadt zusammen mit den Projektpartnern Eberwerk und der Ebersberger Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) – finanziert, siehe bürgermeisterliches Eingangsstatement, zum möglichst großen Teil von den Grafingern selbst.

Energiewende:250 Meter bis zur Spitze
Im Nordwesten von Grafing könnte bald das erste Bürger-Windrad im Landkreis Ebersberg entstehen. Es soll sogar noch ein Stück höher werden als die vor einigen Jahren in Hamberg gebaute Anlage.
Sukzessive arbeiten die Projektpartner aktuell die Planungen aus. Deshalb gab es in den vergangenen Wochen und Monaten nichts grundlegend Neues zu dem Vorhaben. Außer, dass sich auf zwei Weisen an der zu gründenden Windrad-Bürgerenergiegenossenschaft partizipieren lassen soll. „Einmal ganz klassisch mit einer Einlage“, erklärte BEG-Vorstand Joachim Hellriegel. „Ein Anteil wird 500 Euro kosten, bis zu 20 können gezeichnet werden.“ Ein andermal in Form eines festverzinslichen Mitgliederdarlehens. Ab 1000 Euro soll der Einstieg möglich sein.
So machte am Montagabend vor allem eine Personalie die Veranstaltung interessant: In Hans Zäuner hatte die Stadt jemanden eingeladen, der aus erster Hand vom Wohl und Weh des Windradbetriebs berichten konnte. Neben der „Windenergie Osterkling Verwaltungs GmbH“ für das Hamberger Windrad fungiert Zäuner auch als Geschäftsführer der „Windkraft Hirtenholz GmbH & Co. KG“, die gerade das Windrad bei Fürmoosen baut.

Neue Windkraftanlage:Transport eines Rotorblatts
Am Mittwoch ist das erste Rotorblatt für das neue Windrad im Landkreis Ebersberg zum künftigen Standort transportiert worden. Vier Stunden dauert es, bis das Bauteil in Taglaching angekommen ist. Auf dem Weg dorthin geht es an manchen Stellen um Millimeter.
„Man muss da schon ein bisserl aufräumen mit den Unkenrufen“, bekräftigte Zäuner. Zum Beispiel, was den zerstörten Wald angehe. „Das ist ja nicht so, dass da der halbe Wald weggeholzt wird.“ In Hamberg seien es knapp 2000 Quadratmeter gewesen. „An anderer Stelle haben wir mit dem Faktor 1,2 wieder aufgeforstet.“
Das Fundament würde heute nicht mehr dutzende Meter tief in den Boden betoniert. „Das macht man heute per Rüttelstopfverdichtung.“ Dabei werden viele kleine Rüttelspitzen vertikal in den Boden gedrückt. Vibrationen verdichten und verdrängen die Erde. „Beim Rausziehen kommt Kies rein, der zerbricht und stabilisiert den ganzen Untergrund. Wird das Windrad irgendwann wieder zurückgebaut, bleibt der Kies halt einfach im Boden.“

Grafinger Bürgerwindrad:Hier kommt der Windrad-Widerstand
Bislang beschränkte sich Kritik am geplanten Grafinger Bürgerwindrad auf eine Gegenstimme im Stadtrat. Bei einer Info-Veranstaltung der Bayernpartei liegen die Sympathien klar anders.
Auch bei den Wirtschaftlichkeitsfragen solle sich niemand vorschnell verunsichern lassen, empfahl Zäuner. „Klar muss sich das rentieren. Aber das kann man rentierbar machen.“ Bau- und Betriebskosten ließen sich im Vorfeld recht gut abschätzen. Der EEG-Zuschlag sei ebenso fix kalkulierbar wie Zins und Rendite. „Der Ertrag vom Windrad ist recht gut prognostizierbar, die Unbekannte ist eigentlich nur die Entwicklung des Strompreises.“ Letztendlich müsse jeder Investor selbst entscheiden, ob er die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für plausibel halte, oder eben nicht.
Etwas verwunderlich daher, dass die Stadt ihre Veranstaltung nicht nutzte, um eine offene Flanke zu schließen – und zwar die der Ertragsprognose: Seit Monaten kalkuliert die Stadt mit einem durchschnittlichen Windrad-Stromertrag von 10.887 Megawattstunden im Jahr. Eine Rentabilität sei damit wahrscheinlich, bekräftigte Bürgermeister Bauer auch am Montag wieder.
Doch die 10 887 Megawattstunden werden nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent erreicht. Schon mit einer etwas konservativeren 75-Prozent-Wahrscheinlichkeit, wie Banken sie in aller Regel bei der Windrad-Kreditvergabe einfordern, kippt die Rentabilität ins Rote. Dann nämlich lässt sich laut städtischer Musterkalkulation nurmehr mit dem jährlichen Verkauf von 9746 Megawattstunden Strom rechnen.