Energiewende im Landkreis:So stellt sich Grafing seinen Windradbetrieb vor

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Nordwestlich von Nettelkofen soll das Grafinger Windrad entstehen. Noch ist davon nichts zu sehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vom ursprünglichen Plan, das Grafinger Windrad in Eigenregie zu betreiben, rückt die Stadt nun auch formell ab. In seiner jüngsten Sitzung hat der Stadtrat den Beschluss zur Gründung einer Projektgesellschaft gefällt. Mit ihr will sich Grafing an zwei bekannte Partner andocken.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Vom „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ neuer Windräder, den Bund und Länder im vergangenen Herbst beschlossen hatten, ist beim geplanten Grafinger Windrad nordwestlich von Nettelkofen noch nicht viel zu spüren. Noch immer jedenfalls steckt das im Oktober 2022 angestoßene Vorhaben in den ersten beiden Abschnitten, also der Planungs- und Genehmigungsphase.

Doch immerhin gibt es seit der jüngsten Grafinger Stadtratssitzung Neuigkeiten in Sachen weiterer Projektierung und Betrieb: Beide sollen über eine städtische Projektgesellschaft erfolgen, in der neben dem Kommunalunternehmen Eberwerk auch die Bürgerenergiegenossenschaft im Landkreis Ebersberg eG (BEG) als Gesellschafter auftreten. Die Vorteile aus Grafinger Perspektive: Kosten, Aufwand und Risiken wären dann auf alle drei Partner verteilt. Zudem bringen Eberwerk wie BEG, anders als die Stadt, einiges an Erfahrung und passende Strukturen für Erneuerbare-Energien-Anlagen mit finanzieller Bürgerbeteiligung mit. Die Stadt rechnet mit einem Kostenrahmen von rund zehn Millionen Euro. Im Gegenzug soll die Anlage einmal rund ein Viertel des derzeitigen Grafinger Stromverbrauchs decken.

Das Grafinger Windrad soll nun kein rein städtisches Projekt mehr sein

Mit dem Stadtratsbeschluss rückt Grafing jetzt auch formell von dem ursprünglichen Plan ab, die Windkraftanlage als rein städtisches Projekt umzusetzen. „Im weiteren Projektverlauf wird der Finanzierungsbedarf (…) sowie der Aufwand für die Planung deutlich ansteigen, so dass die Stadt Grafing an finanzielle Grenzen und an Personalkapazitätsgrenzen stoßen wird“, lautet die Begründung in der Beschlussvorlage zur Sitzung.

Aber auch ein handfester bankenrechtlicher Grund kommt hinzu, erklärte Bürgermeister Christian Bauer (CSU) der SZ: „Es ist für uns ganz zentral, dass die Anlage als Bürgerwindrad betrieben wird.“ Ohne weitere Partner sei eine Bürgerbeteiligung aber nicht umsetzbar. „Die Stadt darf keine kommunalen Darlehensgeschäfte tätigen.“ Anders sehe die Sache bei einer kommunalen Projektgesellschaft aus, in der die Stadt lediglich als Partner agiere, hier: von Eberwerk und BEG. Das Eberwerk fungiert ohnehin schon als Beteiligungsgesellschaft der Stadt Grafing.

In deren Rathaus wird nun ein GmbH & Co. KG-Vertragswerk ausgearbeitet. Anschließend will Bürgermeister Bauer es Eberwerk und BEG anbieten. „Diese Rechtsform kommt bei fast allen Windkraftprojekten in Deutschland zum Tragen“, erklärte der Rathauschef. Schlagen Eberwerk und BEG ein – alles andere wäre eine Überraschung –, ist Bauer mit dem Beschluss auch gleich zur Unterzeichnung des Gesellschaftervertrags ermächtigt.

Mit Spannung wird die Entscheidung der übergeordneten Behörden erwartet

Die Art der Bürgerbeteiligung lässt der Stadtratsbeschluss derweil offen. Drei Optionen gibt es. Erstens, die Beteiligung über Nachrangdarlehen mit festem Zins und fester Laufzeit. Zweitens, die Beteiligung als Prosumer. Der Begriff setzt sich aus den englischen Worten „Producer“ und „Consumer“ zusammen. Prosumer sind folglich Menschen, die ein bestimmtes Gut sowohl produzieren als auch konsumieren – in diesem Fall elektrischen Strom. Die dritte Möglichkeit wäre die direkte Beteiligung an Risiko und Gewinn in der Rolle eines Kommanditisten. Innerhalb der Beteiligungsgesellschaft sollen alle drei Möglichkeiten offenstehen.

Nun kommt alles auf den entscheiden Schritt der Behörden oberhalb des Grafinger Rathauses an: Der ausgestellte Genehmigungsbescheid – und die spannende Frage, ob die Wirtschaftlichkeitsberechnung auch trotz etwaiger Auflagen positiv ausfällt. Beides vorausgesetzt, will Grafing die schlussendliche Entscheidung über das Windrad per Ratsentscheid fällen.

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