Grafinger VHS:Vorauseilende Volksvertreter

Grüne, Freie Wähler und SPD wollen den Bürgerentscheid zum VHS-Gebäude per Stadtratsvotum überflüssig machen.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Eigentlich sollte der Grafinger Stadtrat in seiner Sitzung in der kommenden Woche über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zum alten VHS-Gebäude in der Rotter Straße 8 entscheiden. In die Wahllokale werden die Grafinger aber wohl nicht müssen. Ein gemeinsamer Antrag von Grünen, Freien Wählern und SPD macht den Entscheid aller Voraussicht nach obsolet.

Dem ist so, weil der Antrag des parteiübergreifenden Bündnisses im Stadtrat gleichlautend ist zur Fragestellung des Bürgerbegehrens: "Sind Sie dafür, dass das Grundstück Rotter Straße 8 im Eigentum der Stadt Grafing bleibt, mit dem Ziel hier Raum für Bildung, Kultur und Begegnung zu erhalten?" Nach Artikel 18a Absatz 14 der Gemeindeordnung entfällt der Entscheid, wenn der Stadtrat die dort verlangte Maßnahme selbst beschließt. Prinzipiell ist ein Bürgerentscheid schließlich nichts anderes als das ein Votum des Stadtrats. Die dortige Mehrheit scheint ausgemachte Sache: Zusammen mit Bürgermeisterin Angelika Obermayr und deren Grünen-Fraktion verfügen Freie Wähler und SPD in dem Gremium mit 14 von 25 Sitzen über eine komfortable Mehrheit.

Grafinger VHS: Ein Bürgerentscheid über die Zukunft der Rotter Straße 8 könnte überflüssig werden, weil der Stadtrat dem Ergebnis vorgreifen will.

Ein Bürgerentscheid über die Zukunft der Rotter Straße 8 könnte überflüssig werden, weil der Stadtrat dem Ergebnis vorgreifen will.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

In den vergangenen Sitzungen habe sich im Stadtrat abgezeichnet, dass die meisten das Grundstück im Besitz der Stadt belassen wollen, "um hier Raum für Kultur zu erhalten oder neu zu schaffen", begründen die Fraktionsvorsitzenden Christiane Goldschmitt-Behmer (Grüne) Gabriela Wischeropp (Freie Wähler) und Regina Offenwanger (SPD) den Antrag.

Das will die CSU zwar nicht grundsätzlich verhindern. Wohl aber hatte sie Ende vergangenen Jahres mit einem Verkauf des Geländes geliebäugelt. Das Bündnis für Grafing (BfG) war alarmiert. Es interpretierte den Vorschlag der Christsozialen als Kampfansage auf das VHS-Gebäude und initiierte ein gegen einen möglichen Verkauf gerichtetes Bürgerbegehren.

Schnell hatten die Initiatoren die nötigen Unterschriften beisammen, um aus dem Bürgerbegehren einen Entscheid zu machen. Diesen formal zu beschließen und ein Datum für den Urnengang festzulegen, steht in der Stadtratssitzung am nächsten Dienstag auf der Tagesordnung. Hält die bislang im Grafinger Stadtrat ungewohnte Koalition aus Grünen, Freien Wählern und SPD, erübrigt sich der formale Beschluss des Bürgerentscheids. Zumal auch von der Zustimmung des BfG auszugehen ist. "Wir begrüßen den Antrag ausdrücklich", sagte BfG-Chef und Initiator des Bürgerbegehrens, Heinz Fröhlich. "Das ist ein unkonventioneller Weg, aus dem Anliegen des Bürgerbegehrens einen richtigen Stadtratsbeschluss zu machen."

Ein konkreter Schritt in Sachen "RO8" bedeutet das Votum für den Antrag von Grünen, Freien Wählern und SPD freilich nicht. Ist ein Verkauf des kompletten Geländes allerdings ausgeschlossen, werden die Zukunftsszenarien aber zumindest übersichtlicher. Hiervon bleiben aktuell zwei: Grafing könnte das alte und seit sechs Jahren größtenteils brandschutzgesperrte Gebäude abreißen und an gleicher Stelle neu errichten. Mit den Nutzern abgestimmte Pläne liegen aus dem früheren - aber gescheiterten - Versuch eines Neubaus bereits in den Schubladen.

Zweite Option ist, das Gebäude mit finanzieller Unterstützung der Städtebauförderung zu sanieren. Die Grundlage für dieses Vorhaben, eine Überprüfung der Bausubstanz, ob die Rotter Straße 8 überhaupt sanierungsfähig ist, hatte der Stadtrat in seiner Dezembersitzung beschlossen.

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