Einzelhandel im Landkreis Ebersberg:Nichts zu schauen im Schaufenster

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Die Städte und Gemeinden tun sich zunehmend schwer damit, Einzelhändler in die Ortszentren zu locken. Im Landkreis Ebersberg gibt es verschiedene Herangehensweisen, wie es gelingen kann.
Die Städte und Gemeinden tun sich zunehmend schwer damit, Einzelhändler in die Ortszentren zu locken. Im Landkreis Ebersberg gibt es verschiedene Herangehensweisen, wie es gelingen kann. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Vielen Städten und Gemeinden im Landkreis Ebersberg macht der Leerstand in ihren Ortskernen zu schaffen. In Grafing, Vaterstetten und Markt Schwaben geht man jeweils eigene Wege, um mehr Gewerbebetriebe anzulocken.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Eine 124 Quadratmeter große Fläche für Einzelhandel, eine komplette Gaststätte samt Personalwohnung sowie mehrere Büroflächen rund um den Marktplatz – all diese Immobilien stehen in der Grafinger Innenstadt zurzeit leer. Neue Gewerbebetriebe anzulocken, fällt allerdings nicht nur den Verantwortlichen in der Bärenstadt schwer, auch andernorts im Landkreis Ebersberg verwaisen die Ortskerne. Dieser Entwicklung wollen die Städte und Gemeinden aber nicht tatenlos zusehen, sondern entwickeln Strategien, wie die Zentren wieder belebt werden können. Beispiele aus Grafing, Vaterstetten und Markt Schwaben zeigen, dass es dafür unterschiedliche Wege geben kann.

Welche das sind, das zeigten Vertreter der drei Gemeinden in der jüngsten Sitzung des IHK-Regionalausschusses – einer Zusammenkunft von Unternehmern aus dem Landkreis Ebersberg. Die Handelskammer unterstützt die Kommunen nun verstärkt dabei, ungenutzte Gewerbeimmobilien wieder in Betrieb zu nehmen. So können die Rathäuser seit Kurzem das IHK-Standortportal auch dafür verwenden, ihre Leerstände zu erfassen und auf einer Online-Karte zu präsentieren. Das neue Tool stellte Andreas Fritzsche, Referent für Landes- und Regionalplanung bei der IHK für München und Oberbayern, bei dem Unternehmertreffen vor.

Im bayerischen Standortportal können die Kommunen ihre leer stehenden Immobilien bewerben

„Uns liegen die Ortskerne und Innenstädte am Herzen“, sagte Fritzsche, der auf die Vorteile des Standortportals für die Kommunen verwies. Dort könnten die Rathäuser nicht nur die Immobilien samt Beschreibung auf einer überregionalen Plattform präsentieren, auch die Anfragen von Unternehmen sollen möglichst schnell und unbürokratisch an die Gemeinden weitergeleitet werden. Ein Großteil der bayerischen Kommunen sei ohnehin bereits Mitglied beim Standortportal, die Zugänge für das Leerstandsmanagement könnten deshalb zügig vergeben werden.

Julia Rainert, die Wirtschaftsfördererin der Stadt Grafing, hat das IHK-Tool als Erste im Landkreis getestet und die elf freien Gewerbeimmobilien am Ort erfasst. Bisher sei gerade die überregionale Sichtbarkeit bei der Präsentation der Objekte ein Problem gewesen, so die Wirtschaftsfördererin. Anzeigen auf der Stadthomepage oder Aushänge am Rathaus würden eben nur ein begrenztes Publikum erreichen. In die neue Leerstands-Funktion des Standortportals setzt Rainert deshalb große Hoffnungen, um Grafings Zentrum bald wieder belebter zu machen. Auch sonst ist die Wirtschaftsfördererin nicht untätig, wenn es darum geht, Gewerbe an den Ort zu locken. So betreibt Grafing seit Mitte 2023 ein eigenes Leerstandsmanagement, über das seither bereits sieben Immobilien vermittelt werden konnten.

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Auch Events seien eine Möglichkeit, eine Stadt oder Gemeinde für Gewerbe attraktiv zu machen, so Rainert, die auf Veranstaltungen wie den Grafinger Kunstpfad, den „Ladies-Bazaar“ oder die Stadtführungen verwies. Letztere sollen künftig kommerzieller aufgestellt werden, um etwa auch die örtliche Gastronomie einzubinden. „Wir wollen mit unseren Veranstaltungen möglichst viele Interessen abdecken“, sagte Rainert, schließlich sei eine belebte Innenstadt ein Grund für Unternehmen, sich in Grafing anzusiedeln.

Derlei Überzeugungsarbeit hat man andernorts im Landkreis nicht nötig. „Wir haben keinen Leerstand“, sagte Vaterstettens Wirtschaftsförderer Georg Kast in der Sitzung. Was zunächst gut klingt, hat allerdings auch seine Kehrseite, denn weder Vaterstetten noch Baldham verfügen über ein echtes historisches Ortszentrum wie etwa in den Städten Grafing und Ebersberg. „Das tut uns sehr weh“, musste Kast eingestehen, denn dadurch lasse sich auch nur schwer Gewerbe anlocken. Vor allem Einkaufsmöglichkeiten seien in den besiedelten Gebieten von Vaterstetten und Parsdorf rar, Dienstleistungsgewerbe und Restaurants gebe es dagegen zuhauf. „Daran wird sich auch nichts ändern, weil wir keine Flächen haben, die groß genug sind“, so Kast.

Die Gemeinde Vaterstetten will Elon Musk das Fürchten lehren

Einkaufsmöglichkeiten gibt es in der Gemeinde aber durchaus, und zwar im Gewerbegebiet Parsdorf, das zuletzt durch die Ansiedlungen von BMW und Kraus-Maffei nochmals an Relevanz für den gesamten Landkreis gewonnen hat. Besonders stolz ist man in Vaterstetten darauf, dass sich auch das Weltraum-Startup Isar Aerospace dazu entschieden hat, nach Parsdorf umzusiedeln. „Wir wollen Elon Musk das Fürchten lehren“, scherzte Kast.

In Markt Schwaben konzentriert man sich derweil eher darauf, das Kleingewerbe am Ort zu halten. Zu diesem Zweck gibt es die Stadt- und Unternehmensgemeinschaft Markt Schwaben, deren Vorstand Harald Johanssen ist. „Wir dürfen nicht nur über die Dinge reden, sondern müssen auch untereinander reden“, sagte er zu den Firmenvertretern im Sitzungssaal des Ebersberger Landratsamtes. Nur durch ein starkes Netzwerk vor Ort könne man auch wirklich etwas bewegen, ist Johanssen überzeugt. Allerdings müsse man in den Städten und Gemeinden auch mit der Zeit gehen und den demografischen Wandel im Blick behalten. „Personenbezogene Dienstleistungen werden in Zukunft gut funktionieren, auch weil die Leute immer älter werden“, so der Markt Schwabener Unternehmer. Der klassische Handel aber werde es in den Ortszentren jedoch schwer haben.

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