Grafing:Ständchen in Blue Notes

Jazz in the Box mit Frank Haschler und anderen Musikern aus dem Landkreis

Schlagzeuger und Organisator Frank Haschler (blaue Jacke) inmitten seiner Kollegen von "Jazz in the Box".

(Foto: oh)

Die Musikerinitiative "Jazz.Grafing" feiert an diesem Mittwoch den hundertsten Geburtstag ihrer Jamsessions

Von Anja Blum, Grafing

Institutionen, die ihren Hundertsten feiern, stehen wohl durchaus im Verdacht, ein wenig Staub angesetzt zu haben. Von der Musikerinitiative "Jazz.Grafing" allerdings kann man das beileibe nicht behaupten. Sie veranstaltet an diesem Mittwoch, 22. Februar, ihre hundertste Jamsession - und ist so lebendig wie nie. Regelmäßig kommen etwa 60 Menschen, die bei freiem Eintritt professionellen, internationalen Künstlern zuhören wollen. Und den Musikern aus der Region bietet die Jazzinitiative immer wieder die Gelegenheit, mit wahren Größen auf einer Bühne zu stehen.

"Mittlerweile können wir uns der Anfragen kaum mehr erwehren, unser Spielplan ist momentan voll bis April 2018", sagt Frank Haschler, Organisator und Drummer aus Grafing. Jeden letzten Donnerstag im Monat, um 20 Uhr, öffnen er und seine Mitstreiter von der Initiative die Türen des Turms der Grafinger Stadthalle zur Jazz-Jamsession. Deren Konzept besteht darin, dass das erste Set einer festen Formation gehört, dem "Opening-Act", danach finden auf der Bühne ganz zwanglos Musiker zusammen, die eigentlich nicht gemeinsam in einer Band spielen. Dabei werden entweder Standards interpretiert, deren harmonische Schemata und Melodien allen bekannt sind, oder es wird frei improvisiert. An diesem Mittwoch (ausnahmsweise kein Donnerstag) erwarten die Grafinger zur Eröffnung "die wunderbare kanadische Sängerin Nina Michelle" und ihr internationales Quintett. Einlass ist von 19 Uhr an, Beginn um 20 Uhr.

Seinen Anfang nahm die Initiative vor neun Jahren, mit einer Session im "Erlebniskeller" des Kastenwirts. Der Vater eines Trompeters habe diese damals angeregt - nach dem Vorbild einer Reihe in Wasserburg, erzählt Haschler. "Also haben wir die Musiker, die wir kannten, angeschrieben, und auf der Straße Handzettel verteilt." Auf der Bühne standen bei der Premiere schließlich sieben Menschen, im Publikum saßen drei. "Aber es hat trotzdem großen Spaß gemacht", erinnert sich der Schlagzeuger. "Wir hatten kaum Aufwand, haben niemanden gestört und einfach drauf los gespielt." Eine denkwürdige Zusammenkunft - und die Initialzündung für ein großes Projekt. "Von da an ging es schnell weiter, die Musiker wollten wieder spielen, jeder hat seine Familie und Freunde mitgebracht." So hätten bei den Sessions schon bald 50, 60 Leute zugehört, und um den Zulauf der Musiker etwas zu strukturieren, habe man nach ein paar Jahren die "Opening-Acts" eingeführt.

Laut Haschler begann die Initiative auch bald, ein "professionelles Mailing" aufzubauen. Heute verfüge man über etwa 1600 Adressen von Interessierten, die per Newsletter über alle Jazzveranstaltungen im Landkreis informiert würden. Die Gäste kämen aber nicht nur aus Ebersberg, so Haschler, sondern auch aus München, Erding, Rosenheim oder Wasserburg.

Denn längst ist aus der Grafinger Initiative mehr geworden: Neben der Session-Reihe gibt es seit etwa sechs Jahren regelmäßig "echte" Konzerte, also Abende, die nur von einer Formation bestritten werden und Eintritt kosten. Die Heimstatt der Jazzer ist mittlerweile der Turm an der Stadthalle - aus dem Keller im Kastenwirt mussten sie aufgrund eines Pächterwechsels ausziehen-, doch wenn es nötig ist oder sinnvoll, bespielt die Initiative auch gerne andere Locations, vom Alten Kino in Ebersberg über das Wirtshaus in Taglaching bis hin zum Meta-Theater in Moosach. Und alles, was "tatsächlich größer" sei, so Haschler, lande unter dem Dach von "EBE-Jazz", dem Zusammenschluss, der alle zwei Jahre das gleichnamige Festival organisiert. Ein Leuchtturmprojekt, das ohne die engagierte Vorarbeit der Grafinger wohl nicht denkbar gewesen wäre.

Als den größten Erfolg der Initiative aber bezeichnet Haschler, "dass wir eine sehr anerkannte und vitale Community geschaffen haben - dass die Sache heute fast von sich aus läuft". Sowohl was die Musiker angehe, als auch das Publikum.

Ein Zeichen dafür ist für Haschler auch, dass die Initiative nun in die "Landesarbeitsgemeinschaft Jazz" aufgenommen wurde, einen Zusammenschluss von rund 40 Institutionen aus ganz Bayern. "Die haben uns angeschrieben", erzählt der Drummer und lacht. Und diese Kooperation sei sehr wertvoll, denn durch sie könne man von anderen Veranstaltern lernen, außerdem fungiere sie als eine Art Künstlerbörse. "Schließlich will kein Musiker ein Loch in seiner Tournee haben."

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