Kulturzentrum:Grafing: Stadthallen-Diskussion nimmt wieder Fahrt auf

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Die Initiatoren des Bürgerbegehrens "Für eine neue Grafinger Stadthalle" sehen in 500 gesammelten Unterschriften ein "starkes Zeichen" für ihr Anliegen.

Von Thorsten Rienth, Grafing

In den vergangenen Monaten hatte die Grafinger Stadthalle einiges an Aufwertung erhalten: Weil es im rathäuslichen Sitzungssaal coronabedingt zu eng ist, zog der Stadtrat für seine Zusammenkünfte in die Halle um. Politisch dagegen war es all die Monate ruhig geblieben um das Gebäude, respektive dessen Zukunft. Seit dem Wochenende ist die Debatte wieder eröffnet.

Denn am Freitag schickten die Initiatoren des Bürgerbegehrens, das die Stadthalle abreißen und komplett neu bauen lassen will, eine lange E-Mail an die Grafinger Stadträte. "Alle möchten, dass unser Steuergeld sinnvoll und nachhaltig investiert wird und eine kluge Entscheidung getroffen wird", heißt es darin. "Eine weitsichtige Planung, die die langfristig zu erwartenden Gesamtkosten betrachtet und nicht nur den ersten Sanierungsschritt, ist daher besonders in diesen Zeiten unerlässlich." Für die Initiatoren um Martin Tourneau und die frühere Stadträtin Yukiko Nave kann diese Entscheidung nur das Ansinnen ihres Begehrens bedeuten: "Lehnen Sie eine Sanierung der Stadthalle ab."

Dass die beiden den Ball ausgerechnet jetzt wieder aufs Feld werfen, ist kein Zufall. Kommende Woche startet der Grafinger Stadtrat aus der Sommerpause. Für den Rest des Jahres dürfte es in dem Gremium wohl kaum eine stadtplanerisch weiterreichende Entscheidung geben, als eben jene um die Zukunft von Grafings mit Abstand größtem Veranstaltungssaal.

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Dabei tickt die Uhr. Wegen einer langen Mängelliste der in den 1980er Jahren gebauten Stadthalle läuft deren Betriebsgenehmigung zum Jahresende aus. Das Landratsamt verlängert sie nur, wenn bis dahin eine verbindliche Entscheidung für die weitere Vorgehensweise gefallen ist. Für die Bewertung ist, wie so oft zurzeit, vor allem eine Frage der finanzpolitischen Perspektive entscheidend.

Tatsächlich spricht einiges dafür, dass ein kompletter Neubau auf lange Sicht günstiger käme als lediglich die für die weitere Betriebsgenehmigung des Landratsamts nötige Minimalsanierung. Diese auf gut eine Million Euro taxierte Variante würde die Brandschutzdefizite des Gebäude lediglich bis zum Mindeststandard ausgleichen. Die Problematik der hohen Betriebskosten oder der nicht zeitgleich möglichen Bespielung von Saal und Turmstuben ändert sie genauso wenig wie das ungünstige Verhältnis von Nutzfläche zu Bruttogeschossfläche. Dazu bräuchte es den auf mindestens 3,5 Millionen Euro geschätzten Neubau. Nur stehen Bauprojekte eben immer auch unter der Prämisse des aktuellen Kontostands.

Eben dieser spricht gerade aus Sicht der CSU gegen die Abriss- und Neubaupläne. In seiner Antwort auf die E-Mail der Initiatoren verweist CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg auf das erwartbar niedrigere Steueraufkommen der Stadt. "Daher würde ich Sie bitten, eine ergebnisoffene, demokratisch geführte Diskussion zuzulassen und allen Beteiligten die Möglichkeit geben, alles vollinhaltlich abzuwägen und nicht schon im Vorfeld wieder zu präjudizieren, Stimmung zu machen beziehungsweise eine Sanierung abzulehnen."

Freilich: Die Grafinger CSU gehörte in der Vergangenheit nicht gerade zu den Fans von Bürgerbegehren. Vor zwei Jahren etwa hatte ein Gruppe Grafinger Aktiver die nötige Unterschriftenanzahl gegen die von der CSU favorisierte Verkürzung des Weihnachtsmarkts beisammen. Obwohl an der Rechtmäßigkeit des Entscheids kein Zweifel bestand, versuchte sie im Stadtrat die Zulassung des Entscheids zu verhindern.

Doch diesmal ist den Christsozialen eine breitere Unterstützung im Stadtrat gewiss. Einmal aufgrund der Finanzlage, die im Vergleich zum vergangenen Dezember gänzlich anders aussieht. Außerdem wegen des Risikos, den ein Bürgerentscheid für die Stadt bedeuten würde. Gesetzt, eine Mehrheit der Grafinger Wahlberechtigten stimmte für den Abriss, wäre der Stadtrat an dieses Votum gebunden.

Bis zur Eröffnung eines Neubaus drohte ein zentraler Veranstaltungsort ohne "Plan B" oder Übergangslösung ab Jahresende wegzufallen. Da über einen Neubau separat und stets abhängig von der Finanzlage zu beschließen wäre, würde dies auf unbestimmte Zeit gelten.

Dass dieses Szenario eintritt, scheint allerdings zunehmend unwahrscheinlicher. Den Initiatoren zufolge haben sich bis zum Corona-Lockdown im Frühjahr gut 500 Grafinger in die Unterschriftenlisten eingetragen. Etwa doppelt so viele sind für Hürde zum Entscheid nötig. Zwar werten Tourneau und Nave die Zahl als "starkes Zeichen" für ihr Anliegen. Anzeichen, dass sie das im Stadtrat genauso interpretieren, gibt es bislang allerdings nicht.

© SZ vom 08.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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