Wer einen besonderen Geburtstag zu begehen hat, tut dies nicht selten etwas länger – so ist es auch mit dem Grundgesetz, dessen 75-jähriges Bestehen ja nicht nur an seinem „echten Geburtstag“, dem 23. Mai, sondern auch in den Tagen davor und danach gefeiert wird. Beispielsweise in zwei Landkreiskommunen: Poing veranstaltet einen festlichen Abend mit Musik und Lesungen, Grafing sogar eine dreiwöchige Veranstaltungsreihe.
Diese stellten nun im Rathaus Bürgermeister Christian Bauer, der Leiter des Museums der Stadt Grafing Bernhard Schäfer, die Kulturbeauftragte Theresa König sowie als Vertreter der Parteien der CSU-Ortsvorsitzende Florian Wieser, die Grünen-Stadträtinnen, Roswitha Singer und Estella Hafenmair sowie Grünen-Ortsvorsitzende Renate Wenning vor. Der deutliche Überhang durch Vertreterinnen der Ökopartei lag wohl auch daran, dass aus deren Reihen im Stadtrat überhaupt die Idee aufkam, in Grafing Festivitäten zum Grundgesetz abzuhalten.
Eine Idee, der sich das gesamte Gremium sofort angeschlossen habe, sagte der Bürgermeister. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund zunehmenden Extremismus, Wieser verwies beispielsweise auf radikale Islamisten, Singer auf die „Reichsbürger“. Unterstützung kommt von zahlreichen Akteuren der Stadtgesellschaft. Neben den Parteien sind auch viele Vereine, die beiden Kirchen und die Schulen sowie das landkreisweit aktive Bündnis „Bunt statt Braun“ dabei. Herausgekommen ist eine ganze Palette an Veranstaltungen, insgesamt neun Stück an sieben Tagen zwischen dem 2. und dem 22. Juni.
Auch die Kunstaktion in den Schaufenstern hat heuer mit dem Grundgesetz zu tun
Möglicherweise dauert die Reihe sogar noch ein bisschen länger, kündigte König an, denn auch die heuer zum zweiten Mal stattfindende Kunstaktion in den Schaufenstern rund um den Marktplatz soll sich dem Thema Demokratie und Grundgesetz widmen. Neben den Kunstwerken werden dort immer auch verschiedene Artikel des Grundgesetzes ausgestellt.
Bereits in den Predigten am Sonntag, 2. Juni, der katholischen und der evangelischen Kirche soll es um Demokratie und Menschenwürde gehen. Wie Demokratie funktioniert ist am gleichen Tag dann auch von 15 Uhr an Thema im Schülercafé Chaxter am Grafinger Stadtbahnhof. Unter dem Motto „Wahlparty“ gibt es dort eine Informationsveranstaltung für Kinder und Jugendliche zur anstehenden Europawahl.
EU-Wahlen am 9. Juni:Auslandserfahrung leicht gemacht
Von wegen „Erasmus“ sei nur was für Studierende: Mittlerweile gibt es das europäische Bildungsförderungsprogramm auch für Auszubildende. Die Ebersbergerin Jana Lux hat’s gemacht und vier Monate in einer Kindertagesstätte in Barcelona gearbeitet.
Auch im Kino Capitol geht es ums Grundgesetz, und zwar am Mittwoch, 5. Juni. Dann wird um 20 Uhr der Film „Sternstunde ihres Lebens“ über die Anwältin Elisabeth Selbert, die eine von insgesamt nur vier Frauen im Parlamentarischen Rat war, der 1948 das Grundgesetz erarbeitet hat. Gegen großen Widerstand setzte sie durch, dass im Artikel 3 der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ ins Grundgesetz geschrieben wurde. In die Vergangenheit entführt am Donnerstag, 6. Juni, auch der Autor, Journalist und Moderator Michael Skasa. Um 19.30 Uhr beginnt im Café Hasi am Marktplatz seine Lesung mit „Geschichten aus den wilden Anfängen der Endzeit“.
Die Höhepunkte der Feierlichkeiten sind dann am Freitag, 7. Juni, und Samstag, 8. Juni. Am Freitag beginnt um 20 Uhr in der Stadthalle der große Festabend zum Grundgesetz. Hauptredner ist der Historiker Manfred Treml, der neben vielem anderen auch die Dauerausstellung „Stationen deutscher Nachkriegsgeschichte“ zum Herrenchiemseer Verfassungskonvent verwirklicht hat. Auftreten werden auch der Musiker Werner Meier und die Sandkünstlerin Frauke Menger. Außerdem gibt es Beiträge von Schülerinnen und Schülern der Mittelschule, die darüber hinaus in der Festwoche das Grundgesetz in der ganzen Stadt in Form von mit Kreide auf die Straßen geschriebenen Artikeln sichtbar machen. Wie lange diese dort zu sehen sind, hängt vom Wetter ab.
Am Samstag schließlich findet von 11 Uhr an eine große Kundgebung für Demokratie am Hans-Eham-Platz statt. Hier sollen noch einmal Vertreter aus allen Bereichen der Stadt auftreten, außerdem gibt es Musik von Kadushi-Project. Der Nachmittag gehört dann den Familien, von 13 Uhr an gibt es ein Fest für Groß und Klein am Max-und-Moritz-Spielplatz neben der Feuerwehr.
Auch in Poing wird am Freitag, 7. Juni, das Grundgesetz gefeiert. Um 19 Uhr beginnt in der Bergfeldschule eine musikalisch untermalte Lesung, veranstaltet von der Aktionsgruppe Respekt@Poing. Der Schauspieler Roman Knižka wird Texte unter anderem von Heinz Erhardt, Herta Müller und Heribert Prantl sowie Auszüge aus Sitzungsprotokollen des Parlamentarischen Rats, Briefe, Telegramme und Zeitungsartikel zum Thema vortragen. Dazu wird das Bläserquintett Opus 45 Musik von Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Richard Wagner, Maurice Ravel und anderen Komponisten spielen.
Eine knappe Woche später, am 16. Juni, kann man wiederum mit den Grafingern einen lehrreichen Ausflug nach Herrenchiemsee unternehmen. Besichtigt wird der Ort, an dem das Grundgesetz entstanden ist, dort gibt es eine Dauerausstellung zum Verfassungskonvent der Bayerischen Schlösserverwaltung und der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung. Wer mitfahren will, sollte sich möglichst bald unter (08092) 36 86 oder per E-Mail an gerard_schuster@web.de anmelden. Letzter Programmpunkt der Reihe ist dann am 22. Juni ein Streetball-Turnier, Beginn ist um 10 Uhr am Sportplatz.