Naturwissenschaft und Spiritualität:„Himmel und Hölle sind auch noch nicht bewiesen worden!“

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Die verstorbene Ehefrau und ihre Kunst sind allzeit präsent im Leben von Paul Broß. Er glaubt daran, dass sie sich wiedertreffen werden - auf einer spirituellen Ebene. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Paul Broß ist Diplom-Physiker. Trotzdem verweist er in seinem autofiktionalen Roman „Seele trifft Körper“ auf seine diversen Inkarnationen seit der Zeit der Ägypter und verknüpft wichtige biografische Ereignisse mit seinem Horoskop. Das wirft Fragen auf.

Von Michaela Pelz, Grafing

Im Landkreis ist Paul Broß kein Unbekannter. Nachdem der studierte Physiker mit seiner Familie 1977, im Anschluss an einen Auslandsaufenthalt in Großbritannien, seinen Lebensmittelpunkt in Grafing gefunden hatte, übte er zahlreiche Ehrenämter aus. Doch auch in der Luft- und Raumfahrttechnik, vor allem im Bereich Militärflugzeuge, machte sich der heute 84-Jährige einen Namen. Nach der Pensionierung vor fast 20 Jahren wurde er Berater im Bereich Flugzeugelektronik und Pilotentraining, trat als Veranstalter internationaler Konferenzen und als Redner in Erscheinung. Außerdem gründete er einen Verlag.

Dort ist nun das Werk „Seele trifft Körper“ erschienen. Darin beschäftigt sich der Autor mit seinen früheren Inkarnationen als Schreiber im alten Ägypten und bibelübersetzender Mönch in Carcassonne um 1422. Schon einmal gelebt zu haben, sei jedoch mitnichten Produkt seiner Fantasie, sagt der Autor – selbst wenn das Buch den Untertitel (autofiktionaler) „Roman“ trägt.

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Vielmehr habe diese Stationen der Vergangenheit ein Medium enthüllt, zu dem Broß’ im vergangenen Jahr verstorbene Ehefrau Kontakt hatte. „Christine war als Ikonenmalerin viel unterwegs. Dabei wurde sie auf eine ‚hellhörige Frau‘ aufmerksam gemacht. Später suchte sie diese häufiger auf, um etwas über sich selbst und dann auch mich zu erfahren“, erzählt der Mann mit dem akkuraten Scheitel im schlohweißen Haar.

Doch wie kommt es, dass ein Naturwissenschaftler wie Broß sich Esoterik und Spiritualität zuwendet? „Bis Mitte der Neunziger war ich ein ganz normaler Physiker, der nur an das geglaubt hat, was er sehen und wahrnehmen konnte.“ Als Wissenschaftler sei er der Ansicht gewesen, dass es nichts gebe, was man nicht testen oder durch Experimente beweisen könne. Dann aber hätten er und seine Frau mit Meditation begonnen und dabei „viele Inspirationen bekommen“. Das wiederum habe ihn zur Annahme bewogen, dass es Dinge gebe, die noch im Verborgenen stecken.

„Der Stand der Wissenschaft ändert sich, entwickelt sich weiter. Vor 100 Jahren war es zum Beispiel nicht möglich zu erklären, warum es Atome gibt und warum sie nicht in sich selbst zusammenfallen. Noch während meines Studiums sprach man von Quantenmechanik, heute mehr von Quantenphysik. Alles hängt mit allem zusammen und Strukturen in der subatomaren Welt gehorchen anderen Gesetzen als die Physik, die die sichtbare Welt beschreibt.“

Deswegen sei die klassische Physik mitnichten aufgehoben oder falsch. Manche neuen Erkenntnisse könne man aber deswegen nicht nachweisen, weil das entsprechende Instrument zur Wahrnehmung schlicht noch nicht erfunden sei. „Wie bei einem Magnetfeld – dafür braucht es auch ein passendes Gerät.“

Zunächst geschrieben für die Familie, enthält das Buch neben dem autobiografischen Teil unter anderem umfangreiche Abhandlungen über die Zeit der Ägypter, in der Paul Broß seine erste Inkarnation als Schreiber ansiedelt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch mit seinem Buch wolle er gar nicht die Quantenphysik beweisen, sondern die „Lebensaufgabe seiner Seele“ darstellen, die er aus seinen Inkarnationen ableitet: zu lesen und das Gelesene in neue Erkenntnisse umsetzen und niederschreiben. Und zu dienen. „Ich war immer der Diener, der Macher, der Erlediger.“

Darüber hinaus sei die wesentliche Botschaft von „Seele trifft Körper“: „Man soll sich selbst ein Urteil bilden, selber denken - zu viel wird abgetan, weil es nicht für richtig gehalten oder als Hokuspokus dargestellt wird.“ Wie die Astrologie. Denn im zweiten Teil verknüpft Broß wesentliche Lebensereignisse mit seinem Horoskop. Dabei betont er: „Ein 0815-Horoskop aus einer Zeitschrift ist natürlich Blödsinn, das kann man getrost weglegen.“ Sein hingegen per Programm erstelltes Horoskop zeige sehr wohl einen Bezug zwischen bestimmten Tierkreiszeichenkonstellationen und wesentlichen beruflichen wie privaten Entwicklungen. „Sieht man den Einfluss auf das eigene Leben, fragt man nicht mehr nach Beweisen, man ist für sich selbst der Beweis.“ Geräte, um dies zu demonstrieren, könne man freilich keine bauen.

Paul Broß ist ein höflicher, freundlicher Mann, dem viel daran liegt, sein Gegenüber im Gespräch mitzunehmen. Auch sehr persönlichen Fragen weicht er nicht aus. Eine solche drängt sich auf, nachdem er die Geschichte einer bei einem Urlaub im August 2023 durch Zufall in Verona entdeckten Steinskulptur mit Hieroglyphen erzählt. Dieser Anblick, zwei Monate nach dem Tod seiner Frau, dient ihm als Beweis für die Verbundenheit mit ihr schon in mindestens einem früheren Leben, sei sie im alten Ägypten doch Steinmetz gewesen, während er die dazugehörigen Inschriften als Kartuschenschreiber angefertigt habe. War vielleicht Trauer der Auslöser für dieses „Aha-Erlebnis“, wie er es bezeichnet?

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„Da sage ich ganz klar nein!“ Natürlich sei da noch Trauer und seine Frau nach wie vor allzeit präsent in seinem Leben, schon durch ihre Kunst und auch in seinen Gedanken. Doch seine Vorstellung, was mit der Seele nach dem Tod passiert, sei davon völlig unabhängig. Diese speise sich aus der Beschäftigung mit Meditation, Yoga, Astrologie und Indologie – eine Thematik, die er nicht nur durch Vorlesungen an der LMU vertiefte, sondern auch bei zwei Besuchen in Indien, um Religion, Philosophie und Denken kennenzulernen.

„Da habe ich für mich die Inkarnation als das einzig sinnvolle Konzept für das Leben nach dem Tod erkannt.“ Schon vor dem Verlust der Ehefrau habe er die Vorstellung gehabt, dass Seelen immateriell und unsterblich seien. „Ohne Form, ohne Farbe, ohne Masse, ohne Raum, ohne Zeit“, gingen sie nach dem irdischen Leben in eine spirituelle Welt, ob man diese nun Himmel nenne oder eine andere Bezeichnung nutze. Dort könnten die Seelen sich auch wieder zusammenfinden.

„Himmel und Hölle sind ja auch noch nicht bewiesen worden!“

Broß selbst bezeichnet sich als „religiös, aber nicht so, wie man es sich normal vorstellt. Ich hatte immer das Gefühl, von einer göttlichen Hand in Obhut genommen worden zu sein. Sie hat dafür gesorgt, dass ich alles überlebt habe.“ Kommentaren des Unverständnisses zu seinem Buch sieht er gelassen entgegen. „Einige meiner Freunde werden vielleicht sagen: ‚Paul, was machst du da? Aber du warst ja schon immer ein wenig anders unterwegs.’“ Eines allerdings möchte er zum Thema Reinkarnation noch anmerken: „Himmel und Hölle sind ja auch noch nicht bewiesen worden!“

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