Schammacher Start-Up:Hanf für den Hund

Schammacher Start-Up: Heike Köstring (vorne) und Luisa Nagy produzieren in Grafing die runden Cannabis-Leckerlies für Hunde.

Heike Köstring (vorne) und Luisa Nagy produzieren in Grafing die runden Cannabis-Leckerlies für Hunde.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein kleines Unternehmen in Grafing stellt Leckerlies mit CBD-Öl her, sie sollen schmerzlindernd und beruhigend wirken. Ein Wundermittel aber dürfe man nicht erwarten, sagt eine Tierärztin.

Von Thorsten Rienth, Grfing

Nein, high werde der Hund von ihren Leckerlies "natürlich nicht". Diese Antwort gehört meist zu den ersten, die Meike Köstring so geben muss. Zumindest, wenn es ums Geschäftliche geht, denn Köstring produziert in einer alten Schreinerei im Grafinger Ortsteil Schammach kleine, runde Snacks für Hunde. Und zwar nicht irgendwelche, sondern solche mit CBD, in denen sich also Cannabinoiden befinden.

"Die wirken entkrampfend, schmerzstillend und entzündungshemmend", sagt Köstring. Der berauschende Bestandteil der weiblichen Hanfpflanze heißt Tetrahydrocannabinol, besser bekannt als THC. Die Cannabinoide dagegen korrespondierten mit dem Endocannabinoidsystem von Hunden, erklärt die 45-Jährige. Dessen Rezeptoren interagierten sowohl mit vom Hund selbst produzierten Cannabinoiden, als auch mit solchen, die von außen zugeführt würden. Das gedörrte Leckerli dient also als schmackhaftes Vehicle, um Frauchen oder Herrchen die umständliche Hantiererei mit der CBD-Ölpipette am Hundemaul zu ersparen.

Die Idee der CBD-Leckerlies kam Köstring wegen der gesundheitlichen Probleme ihres Hundes

Die Idee mit den Leckerlis sei ihr vor fünf Jahren gekommen, erzählt Köstring - passenderweise beim Gassigehen. Ob es nicht vielleicht eine Möglichkeit gebe, Hundesnacks herzustellen und daran gewissermaßen die CBD-Vorzüge anzudocken? "Mein Ridgeback hat nämlich schon seit dem Welpenalter an Ohrenentzündungen und Rückenproblemen gelitten." Da habe der Gedanke einfach nahegelegen.

Die Sache an Frauchen oder Herrchen zu bringen, das war für Köstring, Gründerin und Geschäftsführerin einer Marketingagentur in München, die eher kleinere Hürde. Die größere sei da die deutsche respektive europäische Rechtslage gewesen. "Leckerlies für Hunde fallen unters Futtermittelgesetz. Und da ist isoliertes oder extrahiertes Cannabidiol, also ausgerechnet das, was wir in der Rezeptur verwenden wollten, nicht zugelassen." Direkt gepresstes Hanföl mit natürlichem CBD-Anteil allerdings schon. Deshalb schwenkte man um, und nun steht auch genau dieser Passus auf den Snackboxen. "Nacani" heißt Köstrings Marke, ein Kunstwort aus Cannabis und Canis, also Hund. Die kugelförmigen Leckerlis gibt es in den Geschmacksrichtungen "Huhn", "Fisch" und "vegan".

Schammacher Start-Up: Die Hundesnacks gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen und stets in Verpackungsröhren aus Papier.

Die Hundesnacks gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen und stets in Verpackungsröhren aus Papier.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Was die CBD-Leckerlis tatsächlich bewirken, ist ein Stückweit eine Glaubensfrage. Das Internet ist voll von Foren, in denen sich Hundebesitzer zu dem Thema austauschen. Manche schwören auf den Stoff. Dass auch Köstring zu dieser Gruppe gehört, liegt freilich nahe. "Wenn ich mit Globuli vor meinem 50-Kilo-Hund stehe, dann geht der untern Tisch und kommt so da so schnell nicht mehr hervor. Bei den Nacanis hingegen sitzt er sabbernd vor mir." Andere wiederum halten die CBD-Sache für Hype und Hokuspokus.

Anruf bei der Vaterstettener Tierärztin Bianca Dusi-Färber. Was stimmt denn nun? Der CBD-Einsatz bei Hunden sei hierzulande noch vergleichsweise neu, holt sie für die Antwort aus. "Da geht es also auch um einen Markt, der erschlossen werden will." Aber: "Grundsätzlich hat CBD-Öl hat eine beruhigende und angstlösende Wirkung, es senkt auch bei Hunden das Stresslevel."

Schammacher Start-Up: So sieht die Teigmasse aus, bevor daraus die appetitlicheren Kügelchen werden.

So sieht die Teigmasse aus, bevor daraus die appetitlicheren Kügelchen werden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wichtig sei, dass das Öl direkt über die Mundschleimhaut aufgenommen werde. Kauten Hunde lange genug auf einem entsprechenden Leckerli herum, dürfte dies wohl der Fall sein. Ein Wundermittel ist CBD-Öl laut der Tierärztin aber keines. "Der Hund wird Silvester nicht toll finden, nur weil er am Nachmittag ein paar Tropfen bekommen hat. Aber er dürfte wohl entspannter sein." Wichtig ist der Tierärztin außerdem eine klare Abgrenzung: Verhaltenstherapien könne der Wirkstoff nicht ersetzen - "sinnvoll ergänzen kann er sie wiederum schon".

Köstring zufolge wächst ihre im Jahr 2019 gestartete Produktion stetig, hat mittlerweile die Marke von einer Million produzierter Leckerli-Kugeln geknackt. Die Zutaten - bei der Hühner-Variante Hühner-Fleisch und -Leber, Hanfprotein, Beerentrester und eben CBD-Öl - seien bio-zertifiziert und kämen aus der Region. Bei der Fisch-Variante wird kein Lachs aus Aquakultur verarbeitet, sondern Forelle aus einer Fischzucht um die Ecke. Das Hanföl gewinnt die Ölmühle Garting bei Schnaitsee.

Sollte ein Hund sich über die ganze Packung hermachen, werde er höchstens etwas schläfrig, sagt Köstring

In zwei Dosierungen gibt es die Leckerlies, welche die richtige ist, verrät ein Rechner fürs passende Verhältnis von CBD-Öl und Hundekörpergewicht auf der Nacani-Homepage. Die Nährwerte schlüsselt Köstring dort ebenso auf wie die prozentuale Zusammensetzung der Leckerlies und die Laboranalysen vom verarbeiteten Hanföl. Die Kugeln rollen Köstring und ihre fünf Nacani-Kolleginnen übrigens auf Boilie-Maschinen aus der Hobbyfischerei. Boilies sind kleine Teigkugeln, die zum Beispiel beim Karpfenangeln als Köder eingesetzt werden.

Und was passiert, sollte der Hund einmal die Nacani-Packung finden und es nicht bei zwei, drei Kugeln belassen? "Eine Überdosierung ist nicht möglich", versichert Köstring. Selbst wenn sich der Hund über die ganze Packung hermache, werde er danach höchstens etwas schläfrig sein.

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