Grafing gilt als ziemlich grüne Stadt. Gut, die Grünen-Bürgermeisterin war bei den vergangenen Kommunalwahlen abgewählt worden. Aber auch der neue Bürgermeister, diesmal ein CSUler, fährt auf dem Radl in die Arbeit. Zudem gönnt sich die Stadt eine Klimaschutzmanagerin, deren Stelle, anders als der seit Monaten vakante Wirtschaftsförderer-Posten, auch tatsächlich besetzt ist.
Und die Liste geht noch weiter: Einstimmig hatte der Stadtrat im vergangenen Jahr den Bau einer riesigen Photovoltaik-Freiflächenanlage an den Bahngleisen zwischen Grafing Bahnhof und Kirchseeon beschossen. Bis zu vier Millionen Kilowattstunden soll die Grafinger Anlage einmal erzeugen. Immerhin etwa zehn Prozent des Grafinger Stromverbrauchs macht das aus. Selbst auf dem Dach der örtlichen Kläranlage wird Sonnenlicht zu Strom, ergo: zu Geld. Und das Rathaus schickt den Bauhof durch die Stadt, um fleißig alte Glühbirnen raus - und modernen LED-Leuchten reinzudrehen.
Der Grafinger Beitrag zur Klimarettung umspannt mittlerweile auch den Marktplatz. Stolz durfte der Werbering unlängst und hinsichtlich des Weihnachtsmarkts verkünden: "Die komplette Beleuchtung ist auf LEDs umgestellt und taucht Grafing in ein stimmungsvolles Licht." Na, wenn das mal nichts ist für eine echte Klimaschutzgemeinde!
Etwas irritiert dürfte so manch Weihnachtsmarktbesucher am Wochenende dennoch gewesen sein. Während aus den Laternen das stimmungsvolle LED-Licht glitzerte, strahlte, wenn auch etwas abseits, an einem der Marktstände in hellgelb: "Glühbirnen Sonderverkauf - wir haben sie noch in allen Stärken." Gemeint waren natürlich keine LED-Lampen. Sondern die guten alten Glühbirnen, das Licht des bundesdeutschen Wirtschaftswunders, made in West-Germany.
Wie war das gleich nochmal mit dem verbotenen sogenannten Inverkehrbringen (das Wort heißt wirklich so) der alten Lampen? Sei's drum. Immerhin gibt's die alten Leuchten kistenweise und in Zehnerpackungen. Wer sich am Sonntag nur folgerichtig ärgerte, zum Kofferraumeinräumen nicht mit dem Auto auf den Marktplatz fahren zu dürfen, der sei daran erinnert: Mit dem Lastenfahrrad wär's problemlos gegangen. Womöglich sogar mitfinanziert vom Grafinger "Förderprogramm Lastenfahrrad".