Süddeutsche Zeitung

Masken made in Grafing:Die Firma für die Schwammerl-Ohren

Die Deutsche Maskenfabrik in Grafing liefert nun neben OP- auch FFP2-Schutzware - und fordert eine Abkehr von der Einheitsgröße.

Von Aurelia Hennes, Grafing

"Wir saßen vor unserem Computer und konnten beobachten, wie sich das Bestellvolumen in unserem Webshop innerhalb von einer Stunde verzehnfacht hat", sagt Andreas Mühlberger, der Ideengeber und einer der beiden Gründer der Deutschen Maskenfabrik in Grafing am Telefon. "Es war echt interessant zu sehen, wie so eine Meldung sich sofort auswirkt." Mühlberger spricht über die Bestimmung, FFP2-Masken in Bayern beim Einkaufen und im Nahverkehr verpflichtend tragen zu müssen: "Die Entscheidung von Herrn Söder für die FFP2-Masken-Pflicht war selbst für uns als Unternehmen sehr überraschend. Man verfolgt zwar die Presse, aber damit hat, glaube ich, keiner gerechnet."

Begonnen hatte die Fabrik als Start-Up ursprünglich mit der Produktion von blauen OP-Masken während der Hochphase der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr: "Wir mussten schnell sein, in nur wenigen Monaten haben wir diese Anlage aus dem Boden gestampft". Gefördert wurden die Gründer dabei von der Bundesregierung mit finanzieller Unterstützung für die Investition in ihre Produktionsmaschinen, erklärt Mühlberger weiter. Die Unternehmensphilosophie: Hochwertige Masken - made in Germany. "Wir verbauen in unseren Masken Vliese, die in Deutschland produziert werden und den Fertigungsvorschriften im Inland unterliegen". Und darin liegt die Besonderheit: Während Stoffe aus Fernost für einen langen Transportweg vorbeugend mit diversen Chemikalien behandelt werden müssen, sind die Vliese innerhalb eines Tages von der Produktionsfirma in der Deutschen Maskenfabrik angelangt. Mühlberger ist darauf stolz: "Wir können versprechen: Unsere Masken haben keinen chemischen Geruch, darin stecken keinerlei Pestizide." Das gilt auch für die FFP2-Masken, auch wenn die nicht in Grafing produziert werden: "Die FFP2-Masken in unserem Sortiment sind eine Auftragsfertigung: Wir lassen sie ebenfalls in Bayern produzieren. Der große Vorteil: Durch die geringe Entfernung konnten wir in Kürze FFP2-Masken verfügbar machen."

Eine qualitativ hochwertige FFP2-Maske besteht aus fünf Lagen, eine davon ist ein Filtervlies, das mit einer bestimmten Technologie hergestellt wird. "Meltblown" nennt man das, erklärt Mühlberger. Der Zusatz "nonwoven" ist wichtig: "Filtervliese dürfen keine gewebte Stoffe sein, weil sie ansonsten regelmäßige Lücken aufweisen. Das kann keinen Schutz gegen Bakterien und Partikel bieten." Dieses Filtervlies ist extrem empfindlich und kann schnell kaputt gehen - auch wenn die Maske rein äußerlich intakt aussieht. Der Maskenher-steller empfiehlt deswegen darauf zu achten, die Masken weder nass werden zu lassen, noch sie zu knüllen.

Für den bestmöglichen Schutz sollten die FFP2-Masken außerdem eng am Gesicht anliegen und bündig abschließen, sodass keine Lücken zwischen Gesicht und Maske erkennbar sind: "Und das ist das große Problem. Die Prüfnorm besagt nämlich, dass insgesamt nur acht Prozent der nach innen gezogenen Luft eingeatmet werden darf. Deswegen müssen die Masken sehr eng sitzen." Mühlberger bringt dazu einen bildlichen Vergleich: Die Maske muss so eng sitzen, dass die Menschen - wie er es nennt - "Schwammerl-Ohren" bekommen: "Wenn man den ganzen Tag eine so eng anliegende Maske trägt, werden die Ohren eben nach vorne gedrückt." Für sinnvoll würde er verschiedene Größen für die FFP2-Masken erachten. Die aktuell verfügbare Einheitsgröße ist seiner Einschätzung nach nicht für jede Kopfform geeignet. Durch das inkorrekte Tragen aber könne eine Maske nicht ihre komplette Schutzwirkung entfalten.

Trotz des derzeitigen Ansturms auf FFP2-Masken wird die Grafinger Maskenfabrik weiterhin auch OP-Masken im Sortiment führen und produzieren: "Die FFP2-Masken sind eine temporäre Geschichte, vielleicht für ein paar Wochen. Danach greift man wieder auf die normalen OP-Masken zurück, die eben auch nur einen Bruchteil kosten. Und mit der hat man ja, sofern man sie richtig trägt, noch immer um die 70 Prozent Schutz", so Mühlberger. Bereits vor der Pandemie waren die Masken im professionellen Bereichen wie etwa in OP-Sälen ein täglicher Begleiter, weswegen Mühlberger sich sicher ist, dass der Mund-Nasen-Schutz auch nach der Pandemie noch aktuell sein wird. In der aktuellen Situation bewertet er Masken als "schwieriges Produkt": "Masken mag ja keiner, es ist vielmehr eine Hassliebe: Man ist zwar froh, wenn man eine hat, aber wenn man sie nicht tragen müsste, wäre es noch besser".

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SZ vom 22.01.2021/koei
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