Grafing:Land und Leute entdecken

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Viel Interesse für Politik: die amerikanische Studentin Heather Painter und ihr "Pate", der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz, CSU. (Foto: Christian Endt)

Heather Painter nimmt an Patenschaftsprogramm teil

Von Alina Schimansky, Grafing– Pünktlich wie die Deutschen! Es ist 15 Minuten vor vier, doch bereits jetzt öffnet sich die Glastür

Pünktlich wie die Deutschen! Es ist 15 Minuten vor vier, doch bereits jetzt öffnet sich die Glastür. Eine junge Frau mit blonden Haaren und blauen Augen betritt das Café Glashaus in Grafing. Heather Painter schaut sich zunächst neugierig um, es scheint so, als würde sie erst mal alle Eindrücke des ihr unbekannten Cafés auf sich wirken lassen.

Seit zwei Monaten ist die 24-jährige Studentin aus den USA in Deutschland, und das nicht zum ersten Mal. Sie hat bereits eine Sprachschule in Köln besucht, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. ,,Ich möchte die Bräuche und die Menschen kennenlernen, die hinter der Sprache stecken", sagt die junge Frau. Heather Painter nimmt an dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm, kurz "PPP" teil. Ursprünglich kommt sie aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania und studiert an der dortigen High School Politikwissenschaften und Lehramt,als weiteren Schwerpunkt hat sie einen Sprachkurs in Deutsch belegt. Derzeit besucht sie sieben Kurse an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Lächelnd lässt sich die junge Frau auf die dunkelbraune Holzbank des Cafés fallen. "Ich fühle mich hier sehr wohl", betont sie. Aber sie habe sich auch schon immer mit Deutschland verbunden gefühlt. Wenn man ihren Stammbaum zurück verfolge, würde man irgendwann auf deutsche Vorfahren treffen. ,,In Amerika hast du sehr viele Freunde, in Deutschland hast du die wahren Freunde" sagt sie. Man würde sich in Amerika mit nahezu jedem gut verstehen, nur seien viele Freundschaften nicht so innig wie in Deutschland. Die Deutschen seien schwerer anzusprechen, aber dafür sehr hilfsbereit. "Wenn ich in Amerika eine Autopanne hätte, und ich dort jemanden anrufen würde, ich glaube, es würde niemand kommen", gesteht sie. Eine kleine Schwäche hätten die Deutschen dann aber doch." Ich merke, dass sie scharfe Gewürze nicht so gut vertragen". Diese Erfahrung habe sie bei einer Feier gemacht, als sie typisch amerikanisches Essen mitbrachte.

"Ich bin mit 74 jungen Menschen in dieses Projekt gestartet, klar ist die Versuchung groß, sich erst mal an denen zu orientieren", sagt Heather Painter. Allerdings sei sie hier hergekommen, um Neues kennen zu lernen, diesen Gedanken habe sie sich immer vor Augen gehalten. ,,Ich konnte mir aussuchen, ob ich bei einer Gastfamilie leben möchte oder lieber alleine, ich habe mich für eine Gastfamilie entschieden", erzählt sie. Ihre Gastmutter habe auch selbst schon als junges Mädchen an dem gleichen Projekt teilgenommen und sei daher genauso weltoffen wie Heather. ,,Noch heute hat meine Gastmutter Kontakt mit ihrer damaligen Gastfamilie, ich hoffe, dass es bei mir genauso sein wird", sagt sie hoffnungsvoll. Auch ihre Gastgeschwister habe sie bereits ins Herz geschlossen.

Mittlerweile ist auch Andreas Lenz im Café Glashaus eingetroffen. Er hat die Patenschaft für die Studentin übernommen. Andreas Lenz ermöglicht es im Rahmen des Programmes ,,PPP" jährlich jungen Menschen aus Erding und Ebersberg, für ein Jahr in den USA zu leben. Für ihn ist es das erste Treffen mit seiner Patin. Natürlich vermisst die junge Studentin Freunde und Familie, vor allem der Zeitunterschied von sechs Stunden macht es nicht unbedingt leichter, in Kontakt zu bleiben. "Meine Eltern kommen im März nach Deutschland, um ihre Silberhochzeit mit mir zu feiern" erzählt sie fröhlich. Ihr 22-jähriger Bruder müsse aber zu Hause bleiben und auf den Hund aufpassen.

Heather Painter ist aber nicht nur nach Deutschland gekommen, um Land und Leute besser kennen zu lernen. ,,Ich interessiere mich sehr für Politik und Bildung", sagt sie. Das Deutsche Bildungssystem sei sehr interessant für sie, da es so viele Möglichkeiten der Weiterbildung biete. "In Deutschland ist es üblich, dass man abends die Nachrichten schaut, aus den USA kenne ich das so nicht" erklärt sie. Viel mehr Menschen als daheim in den USA würden sich hier mit Politik auseinandersetzen. Sie erinnere sich noch gut an ihren ersten Deutschlandaufenthalt in Köln. Damals wurde gewählt, überall hingen Wahlplakate. Während in Deutschland aber jedes Wahlplakat gleichwertig aussehe, erkenne man in den USA anhand der Poster sofort, wer mehr Geld für die Wahlen zur Verfügung habe, erzählt Heather.

Da ihr die Arbeit mit Jugendlichen sehr am Herzen liege, habe sie an der High School eine Mischform des Fachs Politikwissenschaften belegt. Das Lehramt sei dabei ein wichtiger Bestandteil ihres Studiums. Auch bei der Wahl ihres Ehrenamts, Pflichtteil des Austauschprogrammes, habe sie ihr persönliches Anliegen berücksichtigt. "Ich helfe Flüchtlingskindern dabei, ihre Englischkenntnisse zu verbessern" berichtet sie.

Alles in allem sei sie sehr froh darüber, sich für "PPP" entschieden zu haben. "Ich habe mich für drei Programme beworben, zwei in Österreich und das jetzige", erzählt Heather Painter. "Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich die Chance bekommen habe, an diesem Programm teilzunehmen" betont die junge Amerikanerin. Nachdem Heather Painter ihre Bewerbungsunterlagen samt Persönlichkeitstest abgegeben hatte, wurde sie zu einem Vorstellungsgespräch nach Texas eingeladen - und es klappte. "Ich dachte, es wäre gut, ganz ohne Erwartungen nach Deutschland zu fliegen", sagt Heather Painter rückblickend. "Aber wenn ich welche hatte, dann wurden sie erfüllt", sagt die junge Amerikanerin und strahlt.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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