Grafing:Je später, desto besser

Grafing: Die Band um Trompeter Klaus Dallmeir hat anfangs mit einiger Nervosität zu kämpfen.

Die Band um Trompeter Klaus Dallmeir hat anfangs mit einiger Nervosität zu kämpfen.

(Foto: Christian Endt)

"Jazz im Turm" startet mit Jamsession in die Saison

Von Claus Regnault, Grafing

Nun, nach der Sommerpause, hat Grafing endlich seinen Jazz und hat der Jazz sein begeistertes Grafinger Publikum wieder. Der Turm der Stadthalle, das Stammlokal der Grafinger Jazzinitiative, war jedenfalls trotz der Konkurrenz eines Konstantin-Wecker-Gastspiels gut gefüllt. Und, um die Erwartungen anzuheizen, hat der Turm einen neuen Wirt, der das Publikum schon eine halbe Stunde vor Beginn des Konzerts mit einer abwechslungsreichen und erfinderischen Speisekarte erfreute und es dann über volle Teller genießerisch gebeugt sah.

Frank Haschler, der ungemein eifrige und fündige Organisator der Jazzinitiative, hatte als Opening Act die Münchner Combo um den Trompeter Klaus Dallmeir eingeladen. Aber, um es gleich zu sagen, dieser Quartett aus Dallmeir, Tizian Jost am Piano, Andi Kurz am Bass und Shinya Fukumori an den Drums vermochte es nicht ganz, die hoch gespannten Erwartungen zu erfüllen. Jedenfalls konnte man hier erleben, dass aller Anfang nicht leicht ist. Dallmeir selbst hatte zu Beginn seine Trompete noch nicht ganz im fließenden Griff, und seine Nervosität übertrug sich auf das Spiel der Gruppe. So wurden so herrliche Titel wie "Softly as in an morning sunrise", "Bye bye black bird" und "Oleo" nicht ganz zur vollen Wirksamkeit entfaltet, obwohl Jost, der Hochschulprofessor am Klavier, mit seiner Routine das Beste zum Zusammenhalt der Gruppe beitrug.

Aber im Lauf des Abends, in der nach der Pause folgenden Jamsession, entwickelte jeder der Musiker seine Könnerschaft entschieden zum Besseren. Und wie so oft wurde der Jazz, je länger der Abend, bis Mitternacht stets besser und mitreißender. Da stiegen auch die zahlreich erschienenen Jazzinterpreten der Region in das Geschehen ein, da zeigte sich neben Jost der 17-jährige Theo aus Augsburg als beinahe schon perfekter Bebop-Pianist, stellte der Altsaxofonist Andreas Stephan in bebopkundigen Improvisationen seine beachtliche Konkurrenz zum Altsaxprotagonisten Joachim Jann unter Beweis und mischte das "Jazztier" Cäsar aus Hausham am Tenorsax und besser noch an der Flöte das Geschehen ordentlich auf. Der Ostermünchner Bernhard Ladstetter zeigte sich auf seiner Gitarre in bedächtig gezogenen Linien auf dem Weg zu seinem Idol Wes Montgomery, lieferten die Regionalgrößen Peter Sigel an der Posaune und Peter Chatchaturian am Tenor ihre kundig bemühten Beiträge ab. Und hier bewiesen die Musiker der Eingangsgruppe - Dallmeir an der nun frei gespielten Trompete, Kurz und Fukumori als standfeste und beredte Rhythmusgruppe -, dass der Jazz, je länger er dauert, desto mehr seine Eigenschaft als Musik der Freiheit etabliert.

Als Highlight aber erwies sich der Auftritt der Münchner Sängerin Stephanie Tornow, die mit hellem Sopran intonationssicher und rhythmisch flexibel zwei Songs zum Besten gab, darunter die berührende Melodie "Charade" von Henri Mancinie, zart begleitet von Jost. Hier entfaltete auch Jost seine pianistische Allroundkunst zu bezaubernder Blüte, ein Musiker, der erneut bewies, dass der Professorentitel seine große Fähigkeit zu einfallsreicher Improvisation keinesfalls beeinträchtigt hat. Tornow und ihn wollen wir bald wieder hören.

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