Grafing:In Harmonie vereint

Bei der Leonhardifahrt am Sonntag umrunden prächtige Gespanne die Kapelle. Von den Querelen in der katholischen Gemeinde ist nichts zu spüren.

Von Anja Blum

Grafing: Die Grafinger Bürgerinnen auf dem Weg zur Leonhardikappelle.

Die Grafinger Bürgerinnen auf dem Weg zur Leonhardikappelle.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Einfach wohltuend. Das war die Leonhardifahrt, das geistlich-gesellschaftliche Großereignis in Grafing am Sonntag. Wohltuend waren die warmen Sonnenstrahlen, die schöne Musik, aber auch die Stimmung: das Erlebnis einer friedlichen, durch das traditionelle Fest geeinte Gemeinde - vor allem vor dem Hintergrund der andauernden Querelen um die Renovierung der katholischen Pfarrkirche. Genau in diese Richtung wies, ob bewusst oder unbewusst, auch die engagierte Predigt des Gastpriesters. Domvikar Christoph Huber, Diözesanpräses des Kolpingwerks, sagte, dass die Liebe im Mittelpunkt des Lebens stehen müsse, eines gelingenden Lebens in Verantwortung vor Gott und den Mitmenschen. "Dann nämlich wird Friede einkehren, in uns selbst, in der Gemeinschaft, in der ganzen Schöpfung."

Dekan Josef Riedl, derzeit zuständig für die pfarrerlose Gemeinde, sprach die Streitigkeiten in der Pfarrei in seiner Begrüßung nicht an. Vielmehr äußerte er seine Freude darüber, dass die Leonhardifahrt nun wieder mit einer eigenen Reliquie gefeiert werden konnte. Nach einem Einbruch in die Kapelle hatte man vergangenes Jahr auf eine Leihgabe aus Bad Tölz zurückgreifen müssen. Doch seit ein paar Tagen gibt es wieder eine Grafinger Monstranz, in der sich ein kleines Knochenstück befindet. Dieses hatte sich laut Riedl zuvor in einem Tonkrug befunden, den die Diebe wohl übersehen hatten.

Grafing: Für diese Kinder dürfte die Teilnahme an der Leonhardifahrt ein besonderer Höhepunkt gewesen sein.

Für diese Kinder dürfte die Teilnahme an der Leonhardifahrt ein besonderer Höhepunkt gewesen sein.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)
Grafing: Auch die Pferde wie dieser Haflinger wurden schön geschmückt.

Auch die Pferde wie dieser Haflinger wurden schön geschmückt.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Zug aus Geistlichkeit, Kapelle, Trachtlern und Bürgern, der morgens vom Marktplatz zur Kirche lief, war noch recht kurz, doch im Laufe der Messe vor der Leonhardikapelle füllte sich dank Straßensperren der gesamte Platz. Alle kamen sie, in Dirndln oder Jeans, mit Kindern, Hunden, mit Rollatoren und sonstigen Gefährten. Unter blauem Himmel, dem Maibaum und zwei Kirchtürmen gedachte man dem Heiligen Leonhard, dem weisen Einsiedler. Dabei stieg reichlich Weihrauch auf, rund herum waren die Fenster mit roten Tüchern geschmückt, außerdem ragten allerlei prächtige Fahnen in die Höhe. Es wurde fleißig fotografiert und gefilmt, aber nicht nur mit modernen Mobiltelefonen, sondern auch mit schwerem Gerät. Und nicht nur von den Jungen, auch manch älterer Filzhutträger trug die Kamera vor sich her. Einer hatte sich sogar eigens eine Leiter mitgebracht, damit der Linse auch ja nichts vom Gottesdienst entginge.

Dem geistlichen Höhepunkt folgte der gesellschaftliche: die dreimalige Rundfahrt der Gespanne und Reiter um die Kapelle. 40 angemeldete Gruppen - von der Grundschule über die Schützen und Blaskapellen bis hin zu diversen Trachtenvereinen aus der Region - und zahlreiche Freizeitreiter holten sich dabei den Segen des Schutzpatrons ab. Wobei die Reaktionen auf das Weihwasser recht unterschiedlich waren: Die Männer lüpften den Hut, die Damen bekreuzigten sich und manche Tiere erschraken ob der plötzlichen Dusche. Die Zuschauer aber kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, es schien fast, als würden die Grafinger übers Jahr immer wieder vergessen, wie schön diese Tradition in ihrer Stadt ist. Dabei gibt es hier viel zu bewundern: mächtige Rösser mit edlem Geschirr und geflochtenen Haaren, reich verzierte historische Trachten, stramme Wadln, kunstvolle Frisuren, allerlei Blumenschmuck sowie wunderbar bemalte und geschmückte alte Wagen. Herzerwärmend auch die einzelnen Reiter, es zogen Cowboys, kleine Leiterwagen, Ponys, Esel und sogar ein paar Kühe vorbei. Und an diesem Sonntag glänzte all das in der Sonne besonders schön.

Grafing: Ein Hingucker auch der Trachtenverein Ebersberg in seiner Tracht.

Ein Hingucker auch der Trachtenverein Ebersberg in seiner Tracht.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Augenfällig war auch, dass der Zug heuer von einer Damenkutsche angeführt wurde, erst danach folgten die Herren. Vorneweg fuhr die neue Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne), mit im Wagen saßen die Landtagsabgeordnete Doris Rauscher (SPD), die stellvertretende Landrätin Waltraud Gruber (Grüne) und Stadt- und Bezirksrätin Susanne Linhart (CSU). Aus der zweiten Kutsche lachten Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU), der Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer (SPD), Landtagsabgeordneter Thomas Huber (CSU) und Domvikar Christoph Huber. In der zweiten und dritten Runde wurde dann mit anderen Honoratioren durchgetauscht - ganz friedlich.

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