Die Offenbarung kam im letzten Satz der bürgermeisterlichen Haushaltsrede. Da sagte Christian Bauer (CSU) in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses: „Wir wissen nicht, was wir noch tun sollen.“ Die Aussage bezog sich auf etwaige neue Hebel, um das Missverhältnis zwischen Grafinger Ein- und Ausgaben doch noch irgendwie in die Balance zu bringen. Aber neue Hebel gibt es bei der Aufstellung des Grafinger 2025er Haushalts nicht mehr, wenn man so will: Es sind alle schon angelegt.
„Im Vergleich zum ersten Ansatz haben wir beim Verwaltungshaushalt schon eine Million Euro rausgestrichen“, hatte Bauer zuvor klargestellt. „Die 10,2 Millionen Euro, die wir in diesem Jahr investieren wollen, sind schon ein knappes Drittel weniger, als noch im ersten Plan stand.“ Dieser Wert wiederum liegt 2.591.600 Euro niedriger als der Ansatz des Vorjahres, wie auf der Leinwand hinter Bauer en détail zu lesen war. Von Luxusinvestitionen, falls die Aufstellung jemand so interpretieren sollte, könne also keine Rede sein.

Grafinger Finanzmisere:Auf viel zu großem Fuß
Im Grafinger Rathaus wird gerade der Entwurf für den Haushalt 2025 aufgestellt. Zum ersten Mal kann die Stadt dabei nicht mehr auf Rücklagen zurückgreifen. Wie es so weit kommen konnte.
Auch eine Art Tabu-Hebel ist bereits Teil der Rechnung: Die Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes von 330 Prozent auf 370 Prozent. Rund 1,2 Millionen Euro Mehreinnahmen erhoffen sich Bauer und Stadtkämmerin Melanie Scott von dem Schritt im Vergleich zum Vorjahr. Wichtig für den Gesamtkontext, wie Bauer unterstrich: „Die Gewerbesteuererhöhung trifft die meisten Unternehmen nicht, weil diese Ausgabe am Ende mit der Einkommensteuer verrechnet wird.“ Genaue Zahlen gab es aber keine.
Ohne zusätzliche Einnahmen wird das Landratsamt den Haushalt nicht genehmigen
In jedem Fall gilt: Die 1,2 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer sind mit Blick auf die Genehmigungsfähigkeit des Etats tatsächlich unverzichtbar. Ohne sie käme die Stadt nicht auf die in ihrem Fall gesetzlich vorgeschriebene Mindestzuführung von rund 1,3 Millionen Euro aus dem Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt.
Als Grund verortete Bauer weniger bei den unmittelbaren Grafinger Ausgaben, denn am gesamtpolitischen Umfeld. Während die Kommunen derzeit gesamtstaatlich 25 Prozent der Ausgaben tätigten, erhielten sie nur rund 14 Prozent der gesamtstaatlichen Steuereinnahmen. „Das nimmt uns jeden Handlungsspielraum, wie wir bei uns inzwischen sehr gut sehen können.“
Die Kreisumlage koste Grafing in diesem Jahr fast 600 000 Euro mehr als im vergangenen. Der sogenannte sächliche Verwaltungs- und Betriebsaufwand sei binnen Jahresfrist um fast zwei Millionen auf 9,1 Millionen Euro gestiegen, die Personalkosten um mehr als 400.000 Euro auf nun fast acht Millionen Euro. „Bei der Kinderbetreuung sind die Kosten seit dem Jahr 2019 um sage und schreibe 75 Prozent gestiegen.“ Natürlich leiste sich die Stadt für ihre Ausgaben einige Annehmlichkeiten, räumte Bauer ein. „Aber wollen wir das Freibad und die Stadthalle zusperren?“

Ebersberger Landkreis-Haushalt:Eine schwere Geburt
Nach zähem Ringen hat es der Landkreis Ebersberg geschafft, einen Haushalt für das kommende Jahr aufzustellen. Doch das Finanzkonstrukt steht bereits jetzt auf wackeligen Beinen.
„Wir müssen radikal schauen, wo wir sparen können“, gab CSU-Ortsvorsitzender Florian Wieser in der anschließenden Debatte als zentrale Maßgabe aus. Sepp Biesenberger (Grüne) schlug einen Runden Tisch vor, „an dem wir uns die Einnahmen aus den freiwilligen Leistungen anschauen“. Regina Offenwanger (SPD) warf ein, dass andere Gemeinden bei ihren Freibädern mit weniger Personal auskämen. „Wenn kein Eintritt verlangt wird, muss man auch keine Aufsicht stellen.“
Für Jupp Klinger (Freie Wähler) könne man „lieber auf die eine oder andere Straßensanierung verzichten als auf die Zuschüsse an die Vereine“. Walter Schmidtke (Bayernpartei) sprach sich dafür aus, bei Streichungen im freiwilligen Bereich zumindest die „sozialen Themen“ unberührt zu lassen. Claus Eimer (FDP) kritisierte das Fehlen einer strategischen Finanzplanung. „Genau die bräuchten wir aber angesichts all der Nachholbedarfe vom neuen Feuerwehrhaus bis zum Wasserwerk.“
Bei der Abstimmung über den Entwurf kamen gerade einmal drei „Ja“-Stimmen zusammen. Zwei aus der Grünen-Fraktion plus jene vom Bürgermeister selbst. Bis zur Stadtratssitzung in knapp zwei Wochen müssen Bürgermeister Bauer und Kämmerin Scott nun also einen überarbeiteten Entwurf vorlegen. An welchen Kostenstellen sie am besten anfangen, dies wüssten die beiden wohl auch ganz gern.