Nun hat auch Grafing seinen Doppel-Wumms. Er kommt diesmal nicht vom Kanzler, sondern einmal von der SPD-Fraktion und das andere Mal von Einzelkämpfer-Stadtrat Claus Eimer. Die bald freiwerdende Stelle der Klimaschutzmanagerin: nicht nachbesetzen. Das derzeitige „Modell Volkshochschule“: überdenken. Das Freibad: So umbauen, dass keine Aufsicht mehr nötig ist. Die Zukunft der Eishalle: zur Disposition gestellt. Den Vertrag mit der Jugendinitiative Jig in der Rotter Straße 8: Kündigen und das alte Schulhaus auf den Markt bringen. Das „Schöpfe-Haus“: ebenfalls verkaufen. Die Vereinszuschüsse: auf maximal 50 Prozent des Vorjahresbetrags je Verein deckeln.
Die Vorgeschichte handelt davon, dass Grafing seit Jahren weit mehr Geld ausgibt als es einnimmt. Zum ersten Mal kann die Stadt deshalb bei der Haushaltsaufstellung für das aktuelle Jahr nicht mehr auf Rücklagen zurückgreifen. Doch das konnte oder wollte vergangene Woche im Finanzausschuss eine breite Mehrheit nicht wahrhaben. Abgesehen von zwei Grünen votierte das gesamte Gremium gegen den – gestutzten – Haushaltsentwurf von Bürgermeister Christian Bauer (CSU). Wohlgemerkt: Ohne in der Sitzung auch nur einen einzigen Änderungsantrag zu formulieren.
Von SPD und FDP kommen Listen mit konkreten Sparvorschlägen, die sicher nicht allen gefallen
Mit zwei E-Mails, welche die SPD am Dienstag sowie FDP-Stadtrat Eimer am Mittwoch an den Bürgermeister adressierte, kommt nun Bewegung in die Angelegenheit. „Gerade bei Sparmaßnahmen genügt kein ‚Kratzen an der Oberfläche‘, wir müssen auch nachhaltige Schritte gehen, selbst wenn diese kurzfristig nicht jedem Betroffenen gefallen werden“, heißt es in Eimers Vorspann.
Die SPD schreibt von einer bislang „kaschierten Finanzmisere“, die es auf strategischer Ebene zu lösen gelte. „Sonst laufen wir Gefahr, dass wir irgendwann kurzfristig vor die Wahl gestellt werden, dass wir beispielsweise das Freibad schließen müssen, weil uns irgendwo anders das Dach auf den Kopf fällt.“
Dann folgt bei beiden etwas, das vor ein paar Jahren noch als Giftliste verschrien worden wäre. Für SPD und Eimer soll sie allerdings als notwendige Medizin wirken, um die Finanzen der 14.000-Einwohner-Stadt wieder in seriöseres Gewand zu nähen.
Auch das alte Problem der Rotter Straße 8 soll endlich angegangen werden
Eimer geht in einer Art „Bad Guy“-Stakkato vor. „Volkshochschule deutlich kürzen“, steht da zum Beispiel, „und bisher vergünstigte oder kostenlose Räumlichkeiten nur noch gegen kostendeckende Miete“. Er will das „tote Kapital Rotter Straße 8“ zu Geld machen. „Die Stadt könnte das ganze Areal auf Erbpachtbasis an einen Investor geben und bekommt als ‚Erbpacht‘ ein dauerhaftes Nutzungsrecht an bestimmten Räumlichkeiten.“ Vorausgehen müssten die Kündigung des Jig-Nutzungsvertrags und die „Suche nach maßvollen Alternativen“ für den Jugendtreff. Überlegenswert sei auch, das Gründerzentrum „noch weiter zu einem ergebnisorientierten Bonusmodell zu entwickeln“, innerhalb dessen die Stadt lediglich „einen Startbonus für neue Gewerbeansiedlungen in Grafing bezahlt und nicht anderswo gemeldeten Gründern“.
Auch bei den städtischen Personalkosten kann sich Eimer Einsparungen vorstellen, zum Beispiel: „Reduktion des Stellenplans über alle Bereiche (Rathaus und Außenstellen) um fünf Prozent.“ Dabei solle die Stadt vorrangig natürliche Fluktuation nutzen und bewährte Mitarbeiter gegebenenfalls in andere Aufgabenbereiche entwickeln.
Die Sozialdemokraten machen sich Sorgen um die Zukunft des Eisstadions
Die SPD erarbeitete ihr Zehn-Seiten-Papier vor einigen Wochen auf einer Klausur. Darin regt der Ortsverein an, das Gründerzentrum gar ganz zu schließen und auch beim Freibad nicht vor harten Einschnitten zurückzuschrecken: „Es gibt Projekte in Bayern (z.B. Gemeinde Vachendorf bei Traunstein), bei denen durch den Verzicht auf Eintritt sowie die Umgestaltung der Außenanlagen (z.B. Sprungturm) ein Betrieb auch ohne Badeaufsicht möglich ist. Der kostenlose Eintritt würde zudem Familien mit geringem Einkommen entlasten.“
Mit Sorge schauen die Sozialdemokraten aufs Eisstadion. „Die Eishalle kommt immer mehr in die Jahre und bereits jetzt sind sehr hohe finanzielle Belastungen absehbar.“ Einen Neubau könnten sich weder der EHC Klostersee noch die Stadt auf absehbare Zeit leisten. Dann folgt ein Antrag: Der Stadtrat möge einen Arbeitskreis „Eissport“ gründen, „der gemeinsam mit der Stadtverwaltung, der Leitung des EHC Klostersees sowie externen Experten und Expertinnen ein finanzierbares und zukunftsfähiges Konzept zum Betrieb einer Eishalle entwickelt.“ Zumindest so lange, wie die Halle noch nutzbar bleibt.
„Das alles ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber eine Diskussionsgrundlage“, kommentierte SPD-Vorsitzender Christian Kerschner-Gehrling das SPD-Papier. Ähnlich ordnete Claus Eimer das seine ein.
Bis zur nächsten Sitzung des Finanzausschusses am 18. Februar wird sich ein Großteil der Punkte kaum verlässlich ausarbeiten lassen. Im 2025er-Haushalt dürfte man also nur wenige von ihnen wiederfinden. Anders sieht es mit Blick auf den Haushalt 2026 aus. Dessen Aufstellung steht bekanntlich ab Herbst an.