Süddeutsche Zeitung

Fasching:Grafinger Faschingsbären: Das Prinzenpaar zum 30-Jährigen

Diana Ruth ist im Vorstand des Vereins. Zum Jubiläum macht Diana I. ihren Partner zum Prinz.

Von Alexandra Leuthner, Grafing

Sie trägt einen wahrlich großen Namen - Prinzessin Diana I. Nun, wirklich die Erste ihres Namens ist sie nicht, dafür ist sie aber auch nicht dazu verdammt, ihr hoheitliches Leben in den monarchischen Zwängen des britischen Königshauses an der Seite eines alternden Thronfolgers zu verbringen. Die Regentschaft dieser Prinzessin Diana I. ist nicht so sehr von humorloser Steifheit gekennzeichnet - wenn zwar Tradition und eine gewisse Etikette auch für ihre Grafinger Hoheit eine große Rolle spielen - als von dynamischer Bewegung und jeder Menge Spaß.

Und dann hat sie auch noch Prinz Artur I. an ihrer Seite, ihren Auserwählten, der, das glaubt man ihm auf Anhieb, so ziemlich alles tun würde für sein adliges Ehegespons. Letzteres ist sie allerdings nur für 14 Wochen und drei Tage, so lange dauert die Regentschaft des Grafinger Faschingsprinzenpaares. Danach sind sie wieder schlicht Diana Ruth und Artur Ryshin, keine königlichen Hoheiten, ein Paar aber allemal.

Mit einem anderen als ihrem Artur hätte sie sich auf das Abenteuer nicht eingelassen, erklärt Ruth bei einer Tasse Cappuccino in einem Ebersberger Café, eine Woche vor dem unsinnigen Donnerstag. "Ich wollte ihr helfen, ihren Traum zu erfüllen", sagt der Prinz, der das Reden ansonsten gern seiner Prinzessin überlässt, auch wenn die beiden, wie in diesem Moment, noch inkognito unterwegs sind. Es ist wohl einer der letzten gemütlichen Augenblicke für das Prinzenpaar, bevor die ganz heiße Phase der närrischen Tage beginnt. Vom unsinnigen Donnerstag bis zum Faschingsdienstag sind die Hoheiten quasi rund um die Uhr unterwegs in Schulen und Kindergärten, Betrieben und Geschäften, Redaktionen und Ämtern. Auch im Jobcenter und im Jugendamt, wo Diana I. und Artur I. im zweiten Leben arbeiten. Für den Endspurt haben sie sich allerdings freigenommen.

Die Nächte sind kurz, die Tage lang. "Wir müssen viele Hände schütteln, viel Leberkäs essen", sagt Ruth. Da bleibe kaum Zeit, die zum diesjährigen Motto "Im Reich der Märchen und Fabelwesen" maßgeschneiderte grüne Robe und die passende Uniform zwischendurch an die Luft zu hängen. Eine Tortur, oder nicht? Nun ja, räumt Diana I. ein, es sei schon so, dass die Vorstandschaft jedes Jahr händeringend nach einem Prinzenpaar suchen müsse, was allerdings weniger an den potenziellen Prinzessinnen läge. "Davon hätte man Hunderte, aber an den Prinzen hapert's."

So einer wie ihr Artur, der mit dem Verein bis zu seiner Nominierung recht wenig am Hut hatte, aber sich trotzdem bereit erklärte, die vielen Proben, das Tanztraining dreimal die Woche und die anstrengenden Faschingstage mitzumachen, sei selten. Und, klar, "ein bisschen stressig ist das alles schon." Mittrinken, wenn die anderen feiern, "geht auch nicht. Du willst ja was darstellen und nicht irgendwann wie ein Schluck Wasser in der Kurve hängen. Ein Schlückchen zum Anstoßen vielleicht." Das Adrenalin, wenn die Garde tanzt, der Hofstaat, Hofdame Michi und Gefolgsmann Sascha, ihren Diener machen, und die Scheinwerfer auf das Paar gerichtet sind, macht alles wieder wett. Sogar Prinz Artur muss gestehen: "Schon schön, einmal so im Mittelpunkt zustehen." Während Dianas Augen glänzen, sie mag das Prinzessinnendasein, ganz ohne Frage.

"Die Faschingsbären sind meine zweite Familie"

Von klein auf tanzt sie bei den Faschingsbären, hat sämtliche Tanzgruppen, angefangen bei der Kindergarde, durchlaufen. Jetzt ist sie 29, trainiert die Vereinsgarde, genannt "High Energy", tanzt natürlich selbst mit und gehört zum Vorstand des Vereins, der heuer sein 30-jähriges Gründungsjubiläum feiert. "Die Faschingsbären sind meine zweite Familie" erzählt sie, und einmal Prinzessin sein, davon habe sie ebenso geträumt wie wohl jedes andere Mädchen im Verein - wahrscheinlich auch Prinzessin Liv Grete I. und Hofnärrin Miriam, die Höfliche, die mit Fernando I. das Kinderdreigestirn bilden.

Für Diana und Artur ist der Traum nach diesen närrischen Tagen ausgeträumt, Prinz und Prinzessin werde man - einem ungeschriebenen Gesetz zufolge - nur ein einziges Mal, der feine Zwirn, den der Verein sponsert, wandert anschließend wie ein gebrauchtes Hochzeitskleid in den Schrank - es sei denn, man lasse es umarbeiten, erklärt das Prinzenpaar. So viel zu den Zwängen, mit denen das hoheitliche Paar zurecht kommen muss - und will. Immerhin ist es keine Selbstverständlichkeit, zumal nicht außerhalb der rheinischen Karnevalshochburgen Köln oder Düsseldorf, dass der Fasching in einem Ort eine solche Tradition entwickelt, wie das in Grafing der Fall ist.

Viele Faschingsvereine im Umkreis hätten in den vergangenen Jahren aufgeben, erzählt Ruth, zuletzt traf es den stimmungsvollen Fasching in Lorenzenberg. "Dieses Schicksal ist uns bisher erspart geblieben", sagt Diana Ruth. Die Tanzgruppen des Vereins, bei denen wirklich jeder mitmachen könne, auch wenn ohne besondere musikalische oder tänzerische Begabung, könnten über Nachwuchs nicht klagen. Ein paar mehr Jungs dürften es allerdings sein. Damit auch die Tradition des Hofnarren nicht ausstirbt - der, im Gegensatz zum hohen Paar, einer fast schon demokratischen Gepflogenheit sein Amt verdankt.

Er wird von den Altnarren gewählt, seine Eignung wird am 11. November, also zu Faschingsbeginn, mit einer Reihe lustiger Spiele getestet. Gewählt werden kann jeder über 18 Jahre - die Veranstaltungen dauern oft bis in die Nacht -, man muss aber zum Zeitpunkt der Wahl kein Vereinsmitglied sein. Danach aber muss er eintreten, so wie Hofnarr Michl, genannt der Vorhangmann. "Und Hofnarr bleibt man ein Leben lang", erklärt Diana I. mit einem kleinen Lachen. Dann muss das Prinzenpaar ganz schnell aufbrechen, zur Probe in die Grafinger Stadthalle. Die ruhigen Zeiten sind vorbei.

Wer mit dem Prinzenpaar und den Grafinger Faschingsbären feiern möchte, kann das tun am unsinnigen Donnerstag, 20. Februar, auf dem Marktplatz Grafing, Beginn ist um 19 Uhr; Weitere Termine: Der Kinderfasching mit dem Kinderdreigestirn am Sonntag, 23. Februar, in der Stadthalle Grafing, 13 Uhr. Die Sonntagsspiele auf dem Rewe-Parkplatz in Grafing, ebenfalls am 23. Februar, 18 Uhr; Die Höhlenparty in der Bärenhöhle, am Rosenmontag, 24. Februar, um 20 Uhr. Am Faschingsdienstag, 25. Februar, wird Kehraus gefeiert, Beginn ist um 20 Uhr in der Bärenhöhle, um 21 Uhr sind dann "Beerdigung" und "Trauer Hour" angesagt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4804772
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.02.2020/koei
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.