Grafing:Hühner verdrängen Schlittenfahrer

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Ein Zaun versperrt in diesem Winter die Schlittenabfahrt in der Nähe der Grafinger Mühlenstraße für Ludwig und Louis. (Foto: Christian Endt)

Schon ihre Großeltern sausten den Grafinger Hügel hinab. Damit ist es für die Kinder im Ort jetzt vorbei. Der Eigentümer versperrt das Grundstück seit kurzem mit einem Zaun. Aus gutem Grund.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Für Grafinger Kinder aus der Mühlenstraßen-Umgebung ist Sebastian Fischers kleiner Hügel eine klasse Sache. Mit ihm haben sie im Winter ein paar Schlenderminuten von Zuhause entfernt einen eigenen kleinen Schlittenberg, oder besser: Sie hatten einen. Im vergangenen Winter gab's zu wenig Schnee. Und jetzt, wo er liegt, ist der Hang, an dem selbst Grafinger Großeltern schon als Kinder rodelten, mit einem Zaun versperrt. Warum?

Für die Geschichte dahinter muss Fischer erst einmal etwas Wesentliches vorausschicken: "Das alles hat überhaupt nichts mit Böswilligkeit zu tun." Eigentlich freue er sich ja, wenn Kinder an der frischen Luft spielten, anstatt vorm Fernseher zu sitzen - und das gerne auch auf seinem Grundstück. Nur habe er halt auch eine Menge Hühner.

"An der Attel unten darf ich sie nicht mehr laufen lassen." Das sei ihm inzwischen verboten worden. Und wegen der Vogelgrippe dürften die Tiere nun schon seit Wochen nicht mehr aus dem Stall. "Das ist überhaupt nicht gut für die, das sieht man denen an!" Sobald der Schnee weggetaut ist, will Fischer sie deshalb sofort auf den Hügel lassen. "Da kann ich doch dann nicht erst damit anfangen, den Zaun wiederaufzubauen, das braucht ganz schön Zeit."

Eigentlich sei die Vogelgrippe aber gar nicht das Hauptproblem, sagt Fischer. Sondern ein Mentalitätswandel. Er würde, wenn er den Hang im Winter zum Schlittenberg mache, 40 oder 50 Meter Zaun abbauen. "Wenn ich dafür eine Aufwandsentschädigung möchte, muss ich mit der Stadt einen Vertrag machen." Und dann hafte er, wenn zum Beispiel am Rand der Lücke ein Kind hängen bleibe. "Heute bekomme ich bei so etwas doch Post vom Anwalt." Früher hätte es geheißen: "Passt's gefälligst auf, wo ihr hinfahrts!"

Nun könne er aber sowieso nichts mehr machen. "Die Stempen sind jetzt so festgefroren im Boden - die bekomme ich da niemals raus!" Aber - und Fischer klingt dabei versöhnlich - sein Hügel sei ja nicht der einzige Schlittenberg weit und breit. Fischer verweist auf die andere Attelseite in Richtung Getränkemarkt in der Rosenheimer Straße. "Dann gibt's den Gockelberg in Elkofen, der ist auch nicht weit." Und wer es richtig wild wolle, der müsse halt mit seinem Schlitten einen Spaziergang zur Wasserreserve machen.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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