Süddeutsche Zeitung

Grafing:Eine Nacht voller Musik

Zwölf Locations und noch mehr Bands: Beim Grafinger Kneipenfest kommen alle Besucher auf ihre Kosten

Von Barbara Mooser, Grafing

Mit einer Nacht voller Musik ist es ja ähnlich wie mit einem üppig mit Leckereien bestückten Büffet: Was nimmt man als erstes? Was kann man wohl alles schaffen? Was könnte der größte Genuss sein? Diese Fragen stellten sich am Samstagabend auch wieder den Besuchern des Grafinger Kneipenfests. "Ihr müsst unbedingt ins Hasi, die sind am allerbesten", rief am späteren Abend ein Gast in "Ellis Caféhaus" seinen Freunden zu, die gerade noch hinter ihrem Aperol Spritz völlig zufrieden und entspannt französischen Chansons gelauscht hatten, dann aber doch zügig zahlten und zur nächsten Location weiterzogen. Die Qual der Wahl - das war die einzige Herausforderung für die Besucher an diesem Abend.

Von dem schwülen, trüben Wetter ließen sich die Gäste jedenfalls nicht abschrecken, und wem am Anfang des Abends vielleicht noch etwas der Schwung fehlte, den weckte die Drumline des Grafinger Jugendorchesters am Marktplatz schnell auf mit ihrem rhythmischen, mitreißenden Getrommel. Viele, die sich nebenan an der Bar ein erstes Getränk geholt hatten, blieben einfach hängen, sie konnten im Zentrum Grafings sozusagen ein Best-of aller Veranstaltungen in der Nähe genießen: Funkrock mit Fun Can Do schallte aus dem Heckerbräu, Blues Rock aus dem Hinterhof des "Il Restaurante" im Brauhaus, wo Red Rooster spielten und zu später Stunde kein Durchkommen mehr war.

Ein besonders lauschiges Plätzchen hatten sich die Swinging G's gesichert, sie spielten unter freiem Himmel im Wildbräu-Hof. Satter Bigband-Sound lockte die Besucher in Scharen, schon am frühen Abend waren die Bierbänke voll besetzt, und auch wenn es ein paar Grad wärmer hätte sein dürfen - schon allein hier hätte man es bei Käseplatten und Wein lange aushalten können.

"Don't sit under the apple tree (with anyone else but me)", warnten die Musiker, doch nur ein paar Schritte weiter ließ es sich ganz großartig unter Apfelbäumen sitzen, mit wem auch immer. Im Café Glashaus waren vor allem am frühen Abend die Plätze im Garten zwischen blühenden Rosen begehrt, perfekt passte dazu die Musik von Zebop mit einem Repertoire, das von sanften brasilianischen Klassikern bis hin zu "Walk on the Wild Side" reichte. Lange nicht alle Besucher, die sich von diesen Klängen angelockt fühlten, fanden Platz, doch immerhin ließ sich auch von draußen gut durch die Scheiben des Wintergartens blicken. Als Mardi Gras schließlich mit erdigem Country und Folk die Mikrofone übernahmen, wurden bereits die Stehplätze - innen und außen - knapp.

In eine Pariser Bar fühlte sich versetzt, wer sich in "Ellis Caféhaus" niederließ, hier bezauberten Sängerin Michaela Knappik, Martin Knappik an der Gitarre und Robert Winkler am Kontrabass - zusammen gibt das die Formation Swing Gitan - mit französischen Chansons und Gipsy Jazz, eine perfekte Mischung für einen Sommerabend - so mancher summte da ein wenig mit, erinnerte sich an vergangene Frankreich-Urlaube oder freute sich auf kommende.

In anderen Locations ging es zu diesem Zeitpunkt schon heiß her - wer jetzt erst beispielsweise die Weinstube "Sirtl" ansteuerte, konnte Pech haben: Die Oldies und Rock-Klassiker von Vegas Special wollten so viele hören, dass man sich später am Abend nur noch mit beharrlichem Drängeln Zutritt zu der normalerweise eher gemütlichen holzgetäfelten Stube verschaffen konnte. Auch im "Café Mocca" ging kurz vor Mitternacht nichts mehr - zwar hätte man hier nicht einmal das gelbe Eintrittsbändchen vom Kneipenfest gebraucht, weil der Eintritt bei Nick's Noise frei war, aber einen Fuß hätte man eh nicht mehr über die Türschwelle setzen können; diejenigen, die es vor die Bühne geschafft hatten, tanzten fröhlich zu Rock-Klassikern.

Einen Genuss der besonderen Art erwarteten diejenigen, die es bis zu "Star Döner" schafften; denn im schönen Gewölbe des Schnell-Imbisses gab Josef Ametsbichler mit einer kleinen, feinen Jazzformation ein unerwartetes Gastspiel. Die eigentlich angekündigte Coverband Huntcase hatte kurzfristig abgesagt, weshalb auf die Schnelle Rudi Baumann, einer der Veranstalter des Kneipenfests, auf die Schnelle seinen Freund engagiert hatte.

Baumann, der am Samstag selbst mit Mardi Gras erst auf dem Poinger Straßenfestival und dann in Grafing spielte, zeigte sich nach der großen Sause "total zufrieden". Sehr positive erste Rückmeldungen habe es noch am Veranstaltungsabend von Wirten wie Gästen gegeben, die Bands hätten sehr gut zu den Locations gepasst: "So muss es sein", sagte er am nächsten Tag - heiser, aber fröhlich.

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SZ vom 29.06.2015
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