Tassilo-Preisträger 2014:Ein Orchester erfindet sich neu

Tassilo-Preisträger 2014: Musikpädagogin Hedwig Gruber hat aus dem Jugendorchester einen bunten Verein gemacht.

Musikpädagogin Hedwig Gruber hat aus dem Jugendorchester einen bunten Verein gemacht.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für Hedwig Gruber und ihre jungen Grafinger Musiker war der Tassilopreis vor zwei Jahren eine Tür in eine andere Welt. Seitdem hat sich für das Jugendorchester viel getan.

Interview von Rita Baedeker, Grafing

Vor zwei Jahren haben das Grafinger Jugendorchester und seine Leiterin Hedwig Gruber einen Tassilopreis bekommen. Inzwischen hat sich der damals ans Gymnasium angegliederte Klangkörper neu erfunden und ist nun ein gemeinnütziger Verein mit etwa hundert Musikern und Musikerinnen fast jeden Alters geworden. Im Gespräch mit der SZ erzählt Hedwig Gruber von neuen Ideen und unkonventionellen Formen der Aufführung.

SZ: Seit dem Tassilopreis vor zwei Jahren hat sich ja einiges getan. . .

Hedwig Gruber: Das kann man so sagen. Wir sind ein gemeinnütziger Verein und werden wunderbar unterstützt von der Stadt Grafing, aber auch von Mitgliedern und Sponsoren. Ohne den Probenraum, den uns die Stadt zur Verfügung stellt, könnten wir gar nichts machen. Ein anderes Beispiel: In Ebersberg dürfen wir zur Zeit den Raum, in dem früher ein Drogeriemarkt war, für das ganze vereinseigene Drummer-Equipment nutzen.

Was hat sich verändert im Ensemble?

Unsere Musiker sind im Durchschnitt älter geworden, es sind wesentlich mehr Erwachsene dabei, Studenten, über das reine Schüler-Klientel sind wir hinausgewachsen. Jugendliche haben weiterhin die Chance, mit den Großen zusammen zu spielen. Wir haben Familien mit fünf und sieben Mitgliedern. Die kommen quasi als Ensemble. Das ist fantastisch.

Sind auch Profis im Orchester tätig?

Wir haben manchmal Profis dabei, zum Beispiel Eckhard Meißner aus Zorneding mit seiner Oboe oder Gergana Enthammer, die ihre Musikschule in Grafing betreibt, und uns in den Bratschen hilft oder die Fagottistin Rosie Walter.

Ihre Philosophie war doch immer, dass jeder mitspielen darf. Gilt das noch?

Das ist nach wie vor so. Jeder kann bei uns mitmachen. Nur manchmal muss ich jemanden heimschicken, denn einen gewissen Anspruch haben wir natürlich schon.

Sie haben immer Wert darauf gelegt, dass Konzerte des Jugendorchesters mehr sind als bloßes Vorspielen.

Wir wollen Musik nicht nur hörbar, sondern auch sichtbar machen. Das ist gerade für die jungen Leuten wichtig, wenn jeder kleine Popsong nur noch mit Videoclip daherkommt. Bei unserem Konzert im Juni zum Beispiel wird eine Pantomimin dabei sein, die eine Brücke schlägt zwischen Publikum und Musik.

Bei diesem Konzert wird ja unter anderem schwerere Kost geboten.

Ja, wir werden zwei Sätze aus Schostakowitschs Klavierkonzert Nr. 2 aufführen, ein heftiges klassisch-modernes Stück. Solist des 1. Satzes ist Hamlet Ambarzumjan. Wir erlegen uns beim Repertoire keine Regeln auf, wir spielen alles von Mancini bis Pop, von Csardas bis Jazz oder Barock und distanzieren uns von allen musikalischen Zwängen. Zum Beispiel spielen wir bei einem Werk nicht unbedingt alle Sätze. Wir sind kein Profiorchester und können uns solche Eigenwilligkeiten erlauben.

Im Juni findet das nächste große Konzert statt. Der Titel lautet "Orchestra in Motion". Ist das ein Wahlspruch?

Ja, wir sind immer in Bewegung, das Orchester, die Zuschauer, das Gemüt. Aber mehr verrate ich jetzt nicht.

Was bedeutet Ihnen die Arbeit mit dem Orchester über Ihre Profession als Musikpädagogin hinaus?

Ich habe eine riesige Freude an dem bunten Haufen von Leuten, die ohne das Orchester nie zusammen kämen. Auch meine Familie ist dabei. Mein Mann ist Schatzmeister des Vereins, der mittlere Sohn ist Designer, er komponiert auch. Meine Tochter ist Konzertmeisterin und mein erster Sohn Posaunist. Übrigens bekommt niemand Gage, auch die Profis nicht.

Werden Sie noch manchmal auf den Tassilopreis angesprochen?

Ja klar! Die Musiker sind sehr stolz darauf. Dieser Preis, das war eine Tür in eine andere Welt.

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