Grafing:CSU spricht sich gegen VHS-Neubau aus

Die Aussagen in einem Werbeflyer bringen noch einmal Wirbel in den Wahlkampfendspurt. Die Opposition ist empört, die Freien Wähler gehen auf Distanz

Von Thorsten Rienth

Die CSU will den geplanten Neubau des Volkshochschulgebäudes an der Rotter Straße 8 nicht mittragen. "Dieses Geld fehlt uns dann an anderer Stelle", erklärte Bürgermeisterkandidatin Susanne Linhart. SPD, Grüne und die Genossenschaft "Kulturraum" kritisieren die Ankündigung mit deutlichen Worten. Auch die Freien Wähler gehen auf Distanz zur CSU.

"Reden wir miteinander" lautet der Titel einer Interviewreihe, mit der die CSU den Grafingern zum Wahlkampfendspurt noch einmal ihre Stadtratskandidaten präsentiert. Unter der Rubrik "Der Bildungsstandort Grafing" geht es unter anderem um das größtenteils brandschutzgesperrte VHS- und Musikschulgebäude. Seit Dezember 2008 suchen Stadt und Stadtrat nach einer Lösung. Dem letzten Stand zufolge will die Stadt ein neues Gebäude von einer Genossenschaft bauen lassen und es dann von ihr zurückmieten. Im vorläufigen Finanzplan sind dazu von 2015 an jährlich 300 000 Euro an Miete vorgesehen. Als Kapital würde die Stadt der Genossenschaft das Grundstück beisteuern.

"Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass wir zu den jährlichen Verbandszuschüssen an VHS und Musikschule von derzeit 323 000 Euro noch 30 Jahre lang jährlich 300 000 Euro Mietkosten aufbringen können", antwortet Susanne Linhart in dem CSU-Interview auf die Frage, wie es mit der Rotter Straße 8 weitergehen solle. Gerade auf dem Bildungssektor habe sich die Stadt um die Pflichtaufhaben zu kümmern. "Aktuell stehen die Pläne für den Ausbau der Grundschule auf der Agenda, da wegen der Ganztagesklassen weitere Räume gebraucht werden."

Zur gleichen Frage schreibt Stadtratskandidat Florian Wieser: "Unter der Maßgabe einer nachhaltigen Finanzierbarkeit von Bildungsangeboten müssen wir den Mut aufbringen, festgefahrene Vorstellungen über die Nutzung des Standorts Rotter Straße 8 in Frage zu stellen." Wie sie aussehen können, skizziert das Interview. "Entscheidend ist eine bessere Nutzung der vorhandenen Räumlichkeiten und Schulzimmer, sodass Leerstände am Nachmittag oder Abend für Kurse intensiver genutzt werden können."

Die Grafinger Grünen können die Argumente der CSU nicht nachvollziehen. "Es geht nicht nur darum, was das Projekt kostet, sondern vor allem, was es uns wert ist", sagt die Grünen-Bürgermeisterkandidatin Angelika Obermayr. Die Projektkosten seien doch seit den ersten Planungen aus dem Jahr 2009 bekannt. Obendrein habe die CSU alle bisherigen Beschlüsse zur Rotter Straße 8 mitgetragen. "Wir sind der CSU für diesen Klartext vor der Wahl dankbar. Aber dann soll die CSU doch endlich den Mut haben, das Gebäude abzureißen und Parkplätze zu bauen."

Die SPD kommentiert die Ansage der CSU ebenfalls trocken. "Man hatte in der Vergangenheit immer wieder das Gefühl, dass die CSU das neue Gebäude nicht will - wenigstens hört jetzt das Herumgeeier auf", sagt Ortsvorsitzende Regina Offenwanger. "Wir haben fünf Jahre nach Alternativen gesucht und den Neubau als beste Lösung ausgemacht. Ich frage mich schon, warum wir jetzt schon wieder suchen sollen." Der Vorschlag, Leerstände an den Nachmittagen zu nutzen, überrasche sie. "Das passiert doch schon - aber mit immer mehr Nachmittagsunterricht brauchen die Schulen den Platz oft selber." Die SPD bleibe dabei: "Wir brauchen die neue Rotter Straße 8."

Das sieht auch Volker Grießmann so, Vorsitzender der Initiative "Kulturraum". "Grafing kann es sich nicht leisten, dass das Gebäude weiter brach liegt", sagt Grießmann, der auch für das Bündnis für Grafing (BfG) kandidiert. "Wir sind sehr enttäuscht, dass die CSU jetzt plötzlich eine neue Rotter Straße 8 in Frage stellt." Vor allem, weil Probleme mit dem Gebäude seit den späten 1980er Jahren bekannt gewesen seien. "Jetzt sperren sich ausgerechnet diejenigen dagegen, die in all den Jahren die große politische Kraft waren, aber nicht den Mut für eine große und gute Lösung hatten." Dass weiterhin wöchentlich 500 Schüler in Ausweichquartieren unterrichtet würden, sei untragbar. Auch die Freien Wähler halten von einer Absage des Neubaus nichts. "Natürlich ist die Finanzierung kein Pappenstiel", sagt deren Bürgermeisterkandidatin Gabriela Wischeropp. "Zu einer Standortattraktivität, wie wir sie uns für Grafing wünschen, gehört auch eine umfangreiche Erwachsenenbildung." Ein neues VHS-Gebäude habe eine positive Auswirkung auf die Wirtschaftskraft der Stadt. "Von diesen 300 000 Euro, die wir jährlich investieren würden, fließt ja ein Teil wieder zurück und kommt der Stadt ganz direkt zugute."

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