Markt Schwaben hatte so etwas schon zwei Mal, jetzt zieht Grafing nach. Dank der Kooperation zweier neuer Rathausmitarbeiterinnen gibt es nun auch in der Bärenstadt einen Kunstpfad. Das bedeutet: In den Schaufenstern rund um den Marktplatz kann man beim Bummeln und Flanieren ab sofort allerhand Malerei von regionalen Kreativen bewundern. Zu jeder Zeit und kostenlos. Damit reiht sich "Gra-Ma" ein in eine neue Serie rund um den "Gra-Do" (Grafinger Donnerstag in der Turmstube): Kultur von Grafingern für Grafinger.
"Ich mag das Leichte an diesem Projekt", sagt Theresa König bei der kleinen Eröffnungsfeier hinter dem Rathaus und strahlt dabei mit ihrer Kollegin Julia Rainert um die Wette. Der Kunstpfad ist die erste Kooperation der Kulturbeauftragten und der Wirtschaftsförderin - "aber sicher nicht die letzte", wie Rainert sogleich betont. Kultur und Handel zusammenzubringen, daraus könnten sich schließlich noch viele weitere Projekte ergeben.

Angestoßen hatte die kreative Flaniermeile in Grafing der Künstler Günther Czehowsky, der auch schon in Markt Schwaben ausgestellt und dort positive Erfahrungen mit dem Konzept gesammelt hatte. Alles Weitere hat sich dann schnell gefunden, schließlich gibt es den Club der Grafinger Maler, eine überregionale Gruppe, und die war gleich mit von der Partie. "Das ist ein tolles Projekt", sagt Anny Schmidtke aus Aßling, die Vorsitzende des Vereins. Zwar hätten sich aus Zeitgründen nicht alle Mitglieder beteiligen können, doch 15 von 24 sei für eine Premiere doch eine gute Quote. Und auch bei den Geschäftsleuten sei man offene Türen eingerannt, erzählt Rainert. "Es ist uns sehr leicht gefallen, geeignete Schaufenster zu finden, um den Marktplatz mit Kunst zu beleben."
Besonders freuen sich die beiden neuen Stadtmitarbeiterinnen darüber, dass der Kunstpfad, nachdem sie die Schaufenster ausgemessen und je nach Thema und Format unter den Kreativen aufgeteilt hatten, quasi ein Selbstläufer war: Geschäftsleute wie Aussteller hätten sehr viel Eigeninitiative gezeigt und seien gleich in einen guten Austausch gekommen. "Während des Aufbaus hat regelrecht Euphorie geherrscht!", schwärmt König. Und man sei guter Hoffnung, dass Kunst und Handel sich auch in Zukunft weiter befruchten würden. Bis 31. August kann man nun also durch das Grafinger Zentrum spazieren und die Schaufenster nach Malerei absuchen - und man muss sagen: die neue Initiative steht der Stadt sehr gut. Orientierung gibt ein Flyer samt Stadtplan, in dem die zwölf Stationen verzeichnet sind.

Vom Rathaus aus startet der Kunstpfad beim Hampelmann, in dessen Schaufenstern strahlt neben lustigen Kinderrucksäcken ein "Bunter Garten" mit üppigen Blüten und einer schwarzen Katze, gemalt von Sylvia Fickenscher. Mit dabei ist freilich auch die Galerie Riederer, in deren Auslage ohnehin stets Kunst zu sehen ist. Diesmal teilen sich Anny Schmidtke und Hannelore Ludwig den Platz dort, von Ersterer gibt es hübsche Heimatmotive wie die Dobelkappelle oder Aßling im Winter zu sehen, Zweitere präsentiert futuristische Stadtansichten sowie mehrere Resin-Kompositionen mit Glitzersteinchen.


Gleich nebenan, im Fair-Weltladen, bezaubern zarte Aquarelle von Susanne Eggert, den Chiemsee sowie Pfingstrosen hat sie auf Papier gebannt. Einen thematischen Volltreffer liefert Josefine Pfeifer im Fenster vom Fass mit Wein-Motiven inklusive Baguette und Oliven. Ebenfalls nicht zu verwundern mag die Beteiligung von Waltraud Fichter, die in der Lederergasse ohnehin ein Atelier betreibt. In dessen Fenstern sowie gleich nebenan, bei RE/MAX-Immobilien, stellt sie eine dynamisch-fröhliche Blumenpracht und andere großformatige Gemälde aus. Gegenüber, beim Vergissmeinnicht, hat Christine Scharfen Platz bekommen für eine Darstellung der Isar in München, inklusive Architektur und Menschen.


Etwas schade ist, dass man den Beitrag von Renate Methner erst etwas suchen muss, er hat sich im von der Straße abgewandten Fenster von Servus Kinder versteckt. "Urlaubsland in Sicht" nennt die Malerin ihre ansprechende Abstraktion in Mischtechnik, tiefes Blau und sattes Gelb lassen sogleich die Sehnsucht erwachen. Ebenfalls ziemlich verfremdet kommt der Grafinger "Spiegelweiher" von Anni Widmann daher, eine schöne Impression, zu finden in der Physiotherapie Sengers.

Am allermeisten zu entdecken aber gibt es in der Auslage des Kindermodengeschäfts Salto. Hier finden sich zum einen Blumensträuße und toskanische Landschaften von Susanne Eggert, zum anderen Porträts und knallbunte Abstraktionen von Gerlinde Back sowie obendrein Gemeinschaftsarbeiten von Monika Bauer und Gabriele Schall. Diese kleinen, feinen Arbeiten sind entstanden aus Scherenschnitten und verschiedenen Drucktechniken, gemeinsam zaubern sie einen "Wunderbaum", eine Schar kleiner Tänzer oder Baumhäuser.



Platz für gleich mehrere Bilder bekam auch Christina Strobel in der Textilreinigung Adrett. Dort sieht man denn auch sehr Unterschiedliches: bunte Elefanten, ein sehr reduziertes Porträt Reinhold Messners sowie mehrere abstrakte Kompositionen. Sommerschuhe und das Meer - diese schöne Kombination gibt es bei Koppitz zu bewundern, wo Anna Wessely ausstellt. Neben dem Traum in blau zeigt sie auch altmeisterliche Landschaften, das Brucker Moos und einen Blick auf Tegernau.


Bei Obermaier Moden schließlich ist Günther Czehowsky zuhause. Passend zur Bekleidung der Schaufensterpuppen hat er eine an Wasser erinnernde blaue Abstraktion sowie eine rote Feuersbrunst ausgesucht. Und wer weiß, vielleicht findet demnächst nicht nur die Mode, sondern auch die Kunst reißenden Absatz.