Bauen und Wohnen:130 günstige Wohnungen für Grafing

Bauen und Wohnen: Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (Vierter von rechts) bei einem Ortstermin in Grafing, wo 130 günstige Wohnungen entstehen sollen.

Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (Vierter von rechts) bei einem Ortstermin in Grafing, wo 130 günstige Wohnungen entstehen sollen.

(Foto: Christian Endt)

Gemeinsam schaffen Stadt und Freistaat bezahlbare Unterkünfte für Geringverdiener. Bayerns Bauminister würde gerne mehr solcher Projekte durchführen - es gibt da aber ein Problem.

Von Korbinian Eisenberger, Grafing

In Grafing sollen 130 günstige Wohnungen gebaut werden, die dann Geringverdienern zur Miete zur Verfügung stehen sollen. Einzug soll - wenn es nach Plan läuft - im Jahr 2025 sein. Mit dem Bau der Gebäude soll möglichst bald begonnen werden, wie Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) bei einem Treffen am Rand eines der Grundstücke mitteilte. Es handelt sich um ein 5600 Quadratmeter großes Areal am Stadtrand, unweit der Gärtnerei Köstler. Noch ist es eine Wiese. Bald soll allein hier auf drei Geschossen Platz für etwa 160 Menschen in 80 Wohnungen sein.

Es geht um Frisöre, Erzieherinnen, Tankstellenverkäufer, Küchenhilfen oder Bäckereifachverkäuferinnen. Also um Menschen, deren Beruf für eine Gesellschaft wichtig ist, die aber angesichts ihres Lohnzettels in aller Regel unter "Geringverdiener" eingruppiert werden. Diese Unpässlichkeit führt dazu, dass etwa Kindertagesstätten, Gastronomen oder Bäckereien keine Fachkräfte mehr finden. In Bayern allgemein - und im Münchner Speckgürtel insbesondere. Weil dort - das gilt auch für den Landkreis Ebersberg und die Stadt Grafing - die Mietpreise so hoch sind, dass sie mit niedrigen Löhnen nur schwer vereinbar sind.

In Grafing stellten die Beteiligten nun ein Projekt vor, mit dem offensichtlichen Ziel, den Ort wieder kompatibler für eine breite Gesellschaft zu gestalten. Wohnplatz für gut 250 Menschen soll geschaffen werden. Zu diesem Zweck kam Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) nach Grafing, denn auch er zählt zu den nicht ganz unwesentlich Beteiligten: Der Freistaat finanziert das Projekt und kassiert die Mieten. Die Stadt Grafing stellt im Gegenzug den Grund zur Verfügung - und bestimmt, wer dort einziehen darf, das sogenannte Belegungsrecht.

Es gibt ein entscheidendes Kriterium für interessierte Bewerber

Noch kann sich niemand für die Wohnungen bewerben, die durchschnittlich für zwei Personen konzipiert werden sollen. Diese Phase sei erst in etwa zwei Jahren zu erwarten, wenn das Einzugsdatum präziser benannt werden kann. Die Zuständigkeit der Bewerbersichtung und Auswahl liegt bei der Stadt und beim Ebersberger Landratsamt. Entscheidendes Kriterium, wie Bürgermeister Bauer und Bauminister Bernreiter versichern: Geringes Einkommen.

Es handelt sich um ein Bauprojekt, das den Freistaat mehrere Millionen Euro an Investition kosten wird. Wie viele genau, sei derzeit nicht abzusehen, ist vom Ministerium zu erfahren. Grund ist die kaum prognostizierbare Entwicklung der Materialpreise. Dennoch, das ließ Minister Bernreiter bei einer Veranstaltung im Grafinger Kastenwirt wissen: Er würde gerne häufiger Bauprojekte von bezahlbarem Wohnraum wie jenes in Grafing umsetzen. Nur: es fehle dem Ministerium an Optionen.

Oder besser: Gründe für sozialen Wohnungsbau gäbe es genug. Nur eben so gut wie keine Baugrundstücke zur Umsetzung. Der Fall in Grafing ist fast schon eine Ausnahmeerscheinung, wie zu erfahren ist. Beim Kerngrundstück, wo alleine 80 Wohnungen entstehen sollen, gelang der Stadt Grafing mehr oder weniger ein Coup: Im Jahr 2012 (damals noch mit Rudolf Heiler als Bürgermeister) kaufte die Stadt das Areal mit dem Status eines Ackerlands, also sehr günstig. Inzwischen ist die Wiese als Baugrund ausgewiesen - und damit im Wert enorm gestiegen. Den meisten Eigentümern von Ackerland im Jahr 2022 - auch das wurde deutlich - dürfte inzwischen bewusst sein, welchen Preis man verlangen kann, wenn eine Kommune interessiert ist. Heißt im Umkehrschluss, dass der erhoffte Baugrund nicht mehr finanzierbar ist.

Wer Wohnraum sucht, für den dürfte der Klimaschutz nicht Priorität Nummer eins sein

Immer mehr Menschen finden auf einem sich nicht ausdehnenden Planeten immer weniger Platz zum Wohnen. Anderseits schadet es der Umwelt und dem Klima, wenn immer mehr Boden versiegelt und immer mehr Natur zugunsten von Wohnraum zerstört wird. Und dennoch: Wer einen Platz zum Wohnen sucht, für den dürfte der Naturschutz womöglich nicht Priorität Nummer eins sein.

Im Kastenwirt, wo der Minister auf Einladung der Frauenunion in Person von Ellie Huber gekommen war, kamen Menschen zu Wort, die Einblicke in die Problemzonen der Wohnszene im Münchner Osten gaben.

Etwa, dass es viele ältere Menschen gebe, die alleine auf sehr großem Raum von 150 oder gar 200 Quadratmetern wohnen. "Viele würden sich gerne verkleinern", erklärte Kathrin Alte, Bürgermeisterin in Anzing. Auf kleinerem Raum wohnen bleiben also, und einen Teil zur Verfügung stellen. Dafür, so Alte, gebe es in Bayern keine Lösung.

Elfriede Gindert, Gemeinderätin in Markt Schwaben, teilte dem Minister mit, dass ihre Gemeinde - auch wegen der hohen Mietpreise - erhebliche Probleme habe, noch Mitarbeiter zu finden. Auch etwa, weil die wenigen vorhanden bezahlbaren Wohnungen nicht selten "fehlbelegt" seien. Etwa von einer ehemaligen Studentin, die sich inzwischen wegen ihres Berufs längst eine normalpreisige Unterkunft leisten könnte.

Bernreiter ist seit Februar 2022 im Ministeramt. Er erklärte, die Beobachtungen der Grafinger mitnehmen zu wollen, ehe der Landtagsabgeordnete Thomas Huber ihn verabschiedete.

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