Er bezeichnet sich als „Experte für private Krisenvorsorge“ und zieht durch die Lande, um gegen Windkraft zu predigen. Dass Stefan Spiegelsperger und die AfD an diesem Montag auch in der Turmstube der Grafinger Stadthalle ihre Theorien verbreiten dürfen, entsetzt viele Menschen im Landkreis Ebersberg. Sie kritisieren auch die Stadt Grafing, die dem AfD-Kreisverband den Raum für diesen Zweck vermietet.
Doch Bürgermeister Christian Bauer (CSU) sagt, man habe die Anmietung nicht verweigern können. Die AfD sei als Partei nicht verboten, deshalb könne sie die Stadthalle als öffentliche Einrichtung nutzen. „Es ist für uns auch nicht einfach, diese Veranstaltung zu akzeptieren, aber leider sehen wir keine andere Möglichkeit, als sie zuzulassen“, unterstreicht Bauer. Die Initiative „Bunt statt Braun“ hat dafür kein Verständnis, sie hat die Stadt aufgefordert, den Mietvertrag zu annullieren. Außerdem ist eine Gegendemo geplant.

Seit bekannt geworden ist, dass die AfD den Raum über der Stadthalle gemietet hat, hat der Bürgermeister viele wütende Mails erhalten. Allen Verfassern antwortet er ausführlich und schildert die Situation aus Sicht der Stadt – die seiner Überzeugung nach keine andere Wahl hatte als die Veranstaltung zu erlauben. Denn die Halle ist kein privater Veranstaltungsraum, bei dem der Hausherr, ohne sich groß zu erklären, bestimmen kann, wer ihn nutzen darf und wer nicht. Stattdessen ist die Halle eine öffentliche Einrichtung, für die Artikel 21 der Gemeindeordnung gilt.
Grob gesagt geht es darum, dass die Stadt alle politischen Parteien, die nicht verboten sind, gleich behandeln muss. Weil auch andere politische Parteien – etwa der Kreisverband der CSU – die Halle bereits nutzen durften, könne man diese Veranstaltung des AfD-Kreisverbands nicht verhindern, sagt Bauer. Man habe auch die Einschätzung von Juristen des Bayerischen Gemeindetags eingeholt, die zur gleichen Einschätzung gekommen seien.

Nach Angriff auf demokratiefördernde Initiativen:„Die AfD ist aus unserer Sicht keine normale Partei“
Zwei Vertreterinnen demokratiefördernder Initiativen im Landkreis Ebersberg sprechen über die zersetzende Kraft solcher Unterstellungen, über ihre persönlichen Hoffnungen und Befürchtungen. Sogar Ausreisepläne sind Teil des Gesprächs.
Die Verpflichtung für Kommunen zur Gleichbehandlung von nicht verbotenen Parteien ergibt sich aus Paragraf 5 Absatz 1 des Parteiengesetzes: „Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden“, lautet der erste Satz. Das Gleichbehandlungsgebot beruht dabei auf dem Grundgesetz, „eine unterschiedliche Behandlung von politischen Parteien kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen eine Ungleichbehandlung durch einen besonderen – zum Beispiel im Gesetz vorgesehenen – Grund gerechtfertigt ist“, erläutert Bauer in seinen Antworten an die Bürgerinnen und Bürger, die sich bei ihm beschwert haben. Der Verfassungsschutz stuft die AfD-Bundespartei seit Mai zwar als „gesichert rechtsextrem“ ein, allerdings ist über eine Klage der AfD dagegen noch nicht entschieden.
Ausgerechnet neben dem Max-Mannheimer-Gymnasium, das finden die Kritiker besonders schlimm
Schon im vergangenen Jahr habe die AfD wegen einer Veranstaltung in Grafing angefragt, erläutert Bauer, damals habe es aber keinen freien Termin gegeben. Weil die Veranstaltungsorte der Stadthalle in den kommenden Monaten ausgebucht seien, werde es auch auf absehbare Zeit keine weiteren AfD-Veranstaltungen geben.
Den Akteuren vom Bündnis „Bunt statt Braun“, das sich gegen Rechtsradikalismus einsetzt, reicht das nicht. „Die Veranstaltung dieser, bundesweit als ‚rechtsextremer Verdachtsfall‘ und in vier Bundesländern als ‚gesichert rechtsextrem‘ eingestuften, Gruppierung soll ausgerechnet neben dem Gymnasium, das Max Mannheimer gewidmet ist, stattfinden. Max Mannheimer war Überlebender der Shoa und vielfach geehrter Kämpfer für die Erinnerungskultur sowie gegen Rechtsextremismus. Dies ist für uns unerträglich!“, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative in den sozialen Netzwerken. Da aber davon auszugehen ist, dass die Veranstaltung doch stattfindet, ruft das Bündnis zur Gegendemonstration auf. Diese beginnt am 6. Oktober um 18 Uhr auf dem Grafinger Volksfestplatz.

