Glücksspiel:Vaterstetten: Bitte bloß kein Casino

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Im hinteren Teil dieses Doppelhaus-Bürogebäudes will ein Unternehmer am Parsdorfer Posthalterring eine Automaten-Spielhalle betreiben.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Unternehmer will ein Spielcasino in Vaterstetten eröffnen, doch die Gemeinde bearbeitet seine Anträge nicht. Und zwar mit Absicht, wie sich nun vor Gericht herausstellte.

Von Andreas Salch, Vaterstetten

Das dicke Ende kommt für die Gemeinde Vaterstetten womöglich erst noch. Jahrelang soll sie die Anträge für den Bau eines Spielsalons im Parsdorfer Gewerbegebiet blockiert haben. Doch dann gab das Verwaltungsgericht München grünes Licht für das Projekt. Für die entgangenen Einnahmen aus dem Betrieb des Spielcasinos will ein Unternehmer jetzt die Gemeinde zur Kasse bitten. Der 45-Jährige fordert 489 000 Euro Schadensersatz.

Er hat die Kommune auf Amtshaftung verklagt und wirft ihr vor, sie habe seine Anträge für den Umbau eines Bürogebäudes im Posthalterring, in dem auf rund 400 Quadratmetern drei Spielhallen entstehen sollen, absichtlich lange Zeit nicht bearbeitet. Am Montag wurde das Verfahren vor der 11. Zivilkammer am Landgericht München II eröffnet.

Tatsächlich gibt es einen Hinweis dafür, dass das Projekt verhindert werden sollte. Es ist ein Brief vom 6. Februar 2014. Er stammt von Vaterstettens Erstem Bürgermeister Georg Reitsberger (FW). In dem Schreiben bat Reitsberger den Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Bürogebäude steht, er möge dem Unternehmer seine Pläne ausreden. Doch der ließ sich nicht beirren. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom Mai 2015 hatte die Gemeinde dem Unternehmer Anfang August schließlich doch die ersehnte Baugenehmigung erteilt.

Den Brief Reitsbergers an den Grundstückseigentümer wertete die Vorsitzende Richterin der 11. Kammer am Landgericht München II als mögliches Indiz für eine "schuldhafte Amtspflichtverletzung". Im Dezember 2010 hatte der Unternehmer erstmals einen Antrag auf Nutzungsänderung für das Bürogebäude gestellt. Die Gemeinde reagierte mit dem Erlass einer Veränderungssperre und kündigte an, den Bebauungsplan zu ändern. Doch dazu kam es nicht.

Ein Spielcasino wertet Gewerbegebiete ab

Im Dezember 2013 hatte der Unternehmer einen erneuten Anlauf genommen. Wieder wurde sein Antrag im Bauausschuss abgelehnt. Die Wende zu seinen Gunsten brachte erst die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München. Mit ihrer Ablehnung habe sich die Gemeinde "auf sehr wackeliges Terrain begeben", so die Richter. Der Gemeinderat hatte argumentiert, dass das Gewerbegebiet durch ein Spielcasino abgewertet werde. Das aber sahen die Verwaltungsrichter anders.

In der Verhandlung vor dem Landgericht München II sagte die Vorsitzende Richterin, dass sich mit Blick auf den Antrag des Klägers vom Dezember 2013 durchaus die Frage einer Amtspflichtverletzung stelle. Für den Antrag aus dem Jahr 2011 jedoch eher nicht. Unter anderem deshalb, weil etwaige Ansprüche zu dem Zeitpunkt, an dem Klage erhoben wurde, wohl schon verjährt gewesen seinen.

Die Schadensersatzforderung des Unternehmers in Höhe von 489 000 Euro erschienen ihr sehr hoch, sagte die Vorsitzende. Wie der Kläger auf diese Summe komme, müsse er beweisen. Netto verdiene er mit einem Spielautomaten pro Monat rund 3000 Euro brutto, räumte der 45-Jährige ein. Auf die Frage der Richterin, ob Bereitschaft für einen außergerichtlichen Vergleich bestehe, signalisierten beide Seiten Bereitschaft.

Der Anwalt der Gemeinde Vaterstetten, Georg Krafft, sagte, dass in diesem Fall nicht die Gemeinde, sondern die Kommunale Haftpflichtversicherung eingeschaltet werden müsse. Der Anwalt des Unternehmers, Bernd Fröhlingsdorf, wies darauf hin, dass er bereits in der Vergangenheit versucht habe, eine einvernehmlich Lösung zu finden. Doch die Gemeinde habe nicht reagiert. Bevor in dem Bürogebäude tatsächlich gezockt werden kann, hat der Unternehmer noch ein ganz anderes Problem. Er muss den Zwischenmieter, dem er die Räume vermietet hat, loswerden. Angeblich zahlt dieser bereits seit geraumer Zeit keine Miete mehr.

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