Mitten in Ebersberg:Kleines Glück

Mitten in Ebersberg: Es muss nicht immer eine Kaufkarte sein, über die sich jemand freut. Hier Beispiele vom Mail-Art-Kunstprojekt "Gemeinsam Einsam".

Es muss nicht immer eine Kaufkarte sein, über die sich jemand freut. Hier Beispiele vom Mail-Art-Kunstprojekt "Gemeinsam Einsam".

(Foto: Christian Endt)

Für die einen ist es ein Stück bedrucktes Papier, für die anderen ist die Sammlung von Postkarten mehr als ein Tor zur Welt.

Glosse von Michaela Pelz, Ebersberg

Es soll ja Menschen geben, die gar nicht glauben können, dass es einmal eine Zeit ohne Sofortnachrichten gab - und demzufolge auch hohe Feiertage wie Ostern, Weihnachten, Silvester oder Geburtstag begangen werden mussten ohne eine Flut lustiger Filmchen sowie mehr oder minder tiefsinniger, vorgefertigter Grußbotschaften. Dabei waren bei einer Datenerhebung im Jahr 2022, verglichen mit dem EU-Durchschnitt von 72 Prozent, "nur" rund 60 Prozent der Deutschen bei einem Messengerdienst. In den Niederlanden und Spanien kam man auf 92 Prozent. Auch in Österreich wurden mit 87 Prozent deutlich mehr Nachrichten via Whatsapp, Signal, Threema, Telegram und Co. verschickt als hierzulande. Was möglicherweise den, eventuell durchaus berechtigten Zweifeln an der damit verbundenen Datensicherheit geschuldet ist. Aber darum soll es diesmal nicht gehen.

Denn es zählt, dass ja jede einzelne Botschaft meist lieb gemeint ist und allein die Tatsache, dass da jemand in der Ferne an einen denkt, bei der Empfängerin für ein gutes Gefühl sorgt. Überdies hat diese Möglichkeit der Kontaktaufnahme in Echtzeit ungemein viel Schönes, wenn sich beispielsweise am Bahnhof in Vaterstetten eine Person auf der dem Ortskern zugewandten Seite die Beine in den Bauch steht, während ihre Verabredung zwar lässig an einem als Treffpunkt vereinbarten Fahrradständer lehnt, sich dieser aber leider auf der gegenüberliegenden und damit falschen Seite der S-Bahn befindet.

Die Freude beim errettenden "Pling" aus dem Handy in dieser Situation ist groß. Fast noch größer, vor allem aber nachhaltiger, ist der Moment, in dem neben Rechnungen und Werbung eine Postkarte im Briefkasten liegt. Schön, wenn es sich dabei um ein Lebenszeichen eines Familienmitglieds handelt, das sich in weit entfernten Ländern auf Reisen befindet. Unglaublich wertvoll auch, wenn die Absenderin aufmunternde Worte schickt, weil sie nach einem Social-Media-Post das Gefühl hatte, man könne das brauchen.

Diesmal stammt die Unterschrift von einer lieben Bekannten, mit der man immer wieder via Whatsapp korrespondiert, durchaus auch mal über ernste und nachdenkliche Themen. Dass sie nun aber einen bunten Gruß von einem Ausflug mit Tochter schickt, hat nochmal eine andere Qualität. Der Aufwand ist nämlich deutlich größer als der Absenderklick nach einigen, hastig diktierten, vielleicht sogar unkorrigierten Zeilen aus der Ferne. Es musste eine Karte nebst Briefmarke besorgt, mit Informationen befüllt und ein Briefkasten gefunden werden. Der Anlass für eine solche Mühe zu sein, ist ein kleines Glück auf 10 x 15 Zentimetern. Das man im Übrigen deutlich besser an die Pinnwand hängen kann als eine elektronische Kurzbotschaft.

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