Glonner Klosterschule:Mit Stift vom Knödel zur Pirouette

Bei Evelyn Filep aus Egmating kann man lernen, menschliche Körper und Gesichter zu zeichnen. In ihrem aktuellen Kurs in der Glonner Klosterschule sitzen überwiegend Männer.

Von Anja Blum, Glonn

Glonner Klosterschule: Evelyn Filep zeigt in ihren Zeichenkursen in Glonn, wie aus den wesentlichen Formelementen der Gestalt ein detailreiches Porträt wird.

Evelyn Filep zeigt in ihren Zeichenkursen in Glonn, wie aus den wesentlichen Formelementen der Gestalt ein detailreiches Porträt wird.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Evelyn Filep hat an diesem Dienstagabend extra ein enges Ringel-Shirt angezogen. An den schmalen Streifen nämlich kann man so schön erkennen, wo der Körper sich krümmt, wie seine Achsen verlaufen. Denn Evelyn Filep aus Egmating ist nicht nur Zeichenlehrerin, sondern steht auch Modell: Den Kopf auf beide Hände gestützt lehnt sie an einem Bistrotisch. Ein paar "schnelle Skizzen zum Aufwärmen" lautet das Motto. Und schon flitzen die Bleistifte übers Papier, die Augen zwischen den Blöcken und der Frau in der Mitte des Raumes hin und her.

Filep, selbst Malerin und Grafikerin, gibt seit 1999 unter dem Titel "Faszination Schwarz-Weiß" in der Glonner Klosterschule Zeichenkurse zu verschiedenen Themen. Die aktuelle Gruppe hat sich vorgenommen, "Menschen und Gesichter" zu zeichnen. Im ersten Block widmet sich der Kurs dem Körper, anschließend stehen Porträts auf dem Programm. Denn diese Reihenfolge ist für Filep die einzig logische: "Man muss immer bei der groben Einteilung anfangen, sich auf das Wesentliche eines Motivs konzentrieren, und dann erst ins Detail gehen", erklärt sie. Dieser Überzeugung entspringt auch ihre "Knödelmethode": In der ersten Stunde bekamen alle Teilnehmer Knetmasse, aus der sie mehrere Knödel und daraus wiederum einen Körper formen sollten. "Und so muss man auch zeichnen: immer erst die großen Teile ins richtige Verhältnis zueinander bringen."

Vielversprechende Ergebnisse

Dass diese Herangehensweise schnell ansehnliche Früchte trägt, beweisen die Blöcke der Kursteilnehmer: Menschen in Bewegung, in außergewöhnlichen Posen haben sie zu Hause skizziert, und die Ergebnisse sind durchweg vielversprechend. Filep spart denn auch nicht mit Lob, auch wenn sie, die seit ihrer Kindheit zeichnet, schon den einen oder anderen Verbesserungsvorschlag hat.

Kritik kredenzt sie aber immer garniert mit viel Humor, so dass keiner sie übel nimmt. "Die leidet aber schon ein bisschen unter Muskelschwund, oder?", sagt Filep zum Beispiel über eine mondäne Dame im Rock und empfiehlt deren Schöpfer, vor allem die Arme noch ein wenig dicker zu machen. "Und das Bein darfst Du ruhig amputieren", sagt sie über eine andere, laufende Figur und ahmt sofort die gezeichnete Pose nach: "Schau, so siehst Du von meinem Unterschenkel nämlich praktisch gar nichts."

Im Grunde können die zehn Zeichenschüler, unter denen einige Wiederholungstäter sind, froh sein über die intensive Betreuung, die sie in diesem Kurs erhalten: Jede einzelne Skizze wird von Filep kommentiert und gegebenenfalls mit ein paar Strichen behutsam verbessert. So arbeitet man gemeinsam am persönlichen Fortschritt. Überhaupt herrscht in dem Kurs ausnehmend gute Stimmung, ständig wird gewitzelt und gelacht, von Leistungs- oder gar Konkurrenzdenken keine Spur.

Glonner Klosterschule: Was Dienstagszeichner lernen: Eine Gruppe von Menschen lässt sich am einfachsten darstellen, wenn sich die einzelnen Figuren überschneiden.

Was Dienstagszeichner lernen: Eine Gruppe von Menschen lässt sich am einfachsten darstellen, wenn sich die einzelnen Figuren überschneiden.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Teilnehmer unterstützen sich gegenseitig

Ganz im Gegenteil, die Teilnehmer zeigen sich gegenseitig ihre Werke, kommentieren sie, helfen sich, wenn es mal hakt. Braucht einer eine bestimmte Handhaltung, so nimmt der Nachbar sie kurzerhand ein. Und selbst, wenn mal das ahnungslose Gegenüber zur Vorlage wird, ist das völlig in Ordnung. Bemerkenswert ist auch die Zusammensetzung des Kurses: Die Altersspanne reicht vom Schüler bis zum Rentner, das Geschlechterverhältnis ist erstaunlich unausgeglichen - zugunsten der Männer.

Wie man sich eine extreme Pose zeichnerisch erarbeitet, zeigt Filep am Flipchart. Der Kurs entscheidet sich spontan für die Biellmann-Pirouette, eine akrobatische Figur aus dem Eiskunstlauf. Dabei wird ein Bein extrem nach hinten und oben gebogen und über dem Kopf von beiden Händen festgehalten. "Aus Armen und Bein ergibt sich ein Kreis, dazu kommt noch das Standbein", sagt die Lehrerin, während sie die Pose in groben "Knödeln" aufs Papier wirft. Ein paar Striche später ist eine wunderbar anmutige Eiskunstläuferin entstanden.

Vereinfachung durch Verschmelzung

Dabei erklärt Filep auch, wie man Zeichnungen ohne Radiergummi korrigiert: indem man sich zunächst mit zarten Linien an die Umrisse herantastet und später die richtigen heraushebt, durch Schattierungen etwa. "Wir ziehen ihr einfach eine dunkle Strumpfhose an", sagt Filep, der auch nicht auf Anhieb die richtige Beinhaltung gelungen ist, und lacht.

Ein wenig einfacher gestaltet sich die letzte Aufgabe des Abends: ein Gruppenbild nach Wahl. "Wenn man mehrere Menschen zeichnet, kann man sich die Arbeit oft ein bisschen erleichtern", sagt Filep, "indem man die Figuren sich überschneiden lässt". Vereinfachung durch Verschmelzung laute das Rezept. Noch während sie spricht, entstehen auf den Blöcken Familien, Liebespaare und Musikgruppen - eine davon hat sich hinter einem großen Pult verschanzt. "Hier sind wir genau auf dem richtigen Weg!", freut sich die Lehrerin.

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