Glonn:Unterhaltsames für die Neugierigen

Zum dritten Mal öffnete Schloss Zinneberg seine Pforten für eine lange Nacht der Bildung. Geboten wird Interessantes aus Wissenschaft, Kunst, Handwerk und vieles mehr

Von Peter Kees, Glonn

Selten ist ein Klassenzimmer so voll wie vergangenen Freitag Abend auf Schloss Zinneberg. In einem Schulraum wurde zu einem Vortrag des Physikers Dr. Georg "Grög!" Eggers geladen. Eggers ist Professor an der Hochschule München für angewandte Wissenschaften und wurde mit einem Referat zur "Physik des Scheiterns" angekündigt. Das machte neugierig, erwartete man doch einen hochkarätigen wissenschaftlichen Vortrag.

Doch was im Klassenzimmer 1 in der Orangerie des Schlosses zu erleben war, war etwas gänzlich anderes: eine als Vorlesung getarnte Satireveranstaltung vom Allerfeinsten, witzig, geistreich und äußerst unterhaltsam. Da stand einer im weißen Kittel und veranschaulichte mit klassischer Powerpoint-Präsentation und aberwitzigen Live-Experimenten (mit Föhn und Mülltüte, einem kleinen Wasserbecken, in das er Holz, Metal und Eis schmiss) physikalische Gesetze, und erklärte dabei, warum große Erfindungen sich nicht im Sinne ihrer Erfinder entwickelt haben, warum die Titanic sank, woran die Zeppelin-Luftschiffe scheiterten. Mit virtuoser Zunge, hochintelligenten und messerscharfen Querverweisen aller Arten gab er dabei einen Komiker ersten Ranges ab. Das Publikum tobte. Man war bestens unterhalten worden und hatte auch noch etwas gelernt - die Neugierde war also belohnt worden.

Doch es war nicht Eggers allein, der die lange Nacht der Bildung auf Schloss Zinneberg so herrlich bereicherte. Das Ganze geht so: Verteilt auf mehrere Räumlichkeiten im Schloss wurden in drei Runden zeitgleich verschiedene Workshops angeboten. Im ersten Durchgang gab es Yoga im Schlosspark, eine Schreibwerkstatt mit der Überschrift "Schreiben als kreative Kraft", ein Bericht zweier junger Forscher - Abiturienten aus Grafing, cool in Trainingsjacken gekleidet, höchst professionell in ihrer Rede -, die gerade ein Netzwerksystem, ein so genanntes "Smart Home System" für Heizung, Licht und Lüftung im Eigenheim entwickeln, einer Schatzsuche, einem Vortrag mit dem Titel "Wie kommt der Mensch zur (Fremd-)Sprache" und einem Bastelworkshop, in dem man aus Papier, Metallplättchen und Gläsern Ohrringe und Anhänger selber basteln konnte.

Schon wird klar, es ist gar nicht so einfach, sich zu entscheiden, an welchem dieser Workshops man teilnehmen sollte, klingt doch eigentlich alles spannend und anziehend. Wer sich in der zweiten Runde nun dafür entschied, von Workshop zu Workshop zu hüpfen, wurde spätestens bei Georg Eggers aufgehalten, denn es war nicht möglich, seiner grandiosen Show zu entkommen. Obwohl zur gleichen Zeit Münever Canseven, eine Muslima in Deutschland, die in München geboren und bis zu ihrem neunten Lebensjahr in einem katholischem Heim aufgewachsen, also mit beiden Religionen groß geworden ist, über den Unterschied der beiden Religionen sprach. Mit dem Conclusio übrigens: es ist alles ein und dasselbe. Höchst spannend und mit diskutierfreudigem Publikum war diese Stunde sicher einer der Höhepunkte des Abends.

Verpasst hatte man nun eine Filmvorführung von Valentin Thurns "10 Milliarden - Wie werden wir alle satt", einem Film, in dem die Frage gestellt wird, wo die Nahrung für alle herkommen soll, wenn die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen angewachsen ist, was für 2050 prognostiziert ist. Verpasst hatte man aber auch eine Vortrag von Claus Regnault über die Geschichte des Jazz. Im Werkraum hätte man diesmal Kanzashi-Blüten selber basteln können und am Springbrunnen gab es meditative Tänze. Auch in der dritten Runde gleichzeitige Angebote: Man konnte meditieren, sich einen Vortrag mit Geschichten und Bildern aus Afrika anhören, seine eigene Stimme beim offenem Singen in der Klosterbibliothek einbringen, an einem Trommelworkshop teilnehmen oder einem köstlichen Improtheater zusehen. Abermals war auch Basteln im Angebot, diesmal mit dem Material Filz. Apropos Singen: nach der ersten Workshop-Runde gab es nach den Eröffnungsworten des Landrates ein kleines Konzert des a Capella-Popchores unter Leitung von Martin Danes, das viele Zuhörer sichtlich genossen.

Glonn: Auch die Wissenschaft kam bei der Langen Nacht der Bildung nicht zu kurz.

Auch die Wissenschaft kam bei der Langen Nacht der Bildung nicht zu kurz.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Hof des Schlosses war natürlich auch für Speis und Trank gesorgt. Durchaus eine gute Idee, angesichts der Vielzahl der Besucher, die zum größten Teil die ganze Nacht auf Schloss Zinneberg verbrachten. Eigentlich überall, wo man hinkam, neugierige und angeregte Gesichter. Selbst zum Abschluss - diesmal eine Akrobatik-Vorführung ohne alternative Angebote in der in Nebel getauchten Klosterkirche - neugierige Menschen in einem voll besetzten Gotteshaus.

Den Veranstaltern, Schloss Zinneberg und dem katholischen Kreisbildungswerk Ebersberg, ist es in dieser Nacht bereits zum dritten Mal gelungen, ein Podium für das zu bieten, was Bildung im Kern ausmacht: Offenheit und Neugierde.

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