Süddeutsche Zeitung

Tag des offenen Denkmals im Kreis Ebersberg:Drei historische Höfe - bis heute erhalten

Baron Adolf von Büsing-Orville ließ rund um Glonn versteckte Schmuckstücke erbauen. Die Entwürfe stammen von namhaften Architekten.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Eine übergeordnete Veranstaltung mit Motto ist für die Beteiligten oft keine ganz einfache Aufgabe. So steht etwa der an diesem Sonntag, 8. September, bundesweit stattfindende "Tag des offenen Denkmals" unter dem Titel: "Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur". Doch, so betont Kreisheimatpfleger Thomas Warg, auch im eher ländlich geprägten Landkreis Ebersberg sei es durchaus keine unlösbare Aufgabe, dafür architektonische Beispiele zu finden.

Denn zum Glück gab es Baron Adolf von Büsing-Orville, einen wohlhabenden Unternehmer. Dieser verdankte seinen Reichtum, dem Umstand, dass seine Familie "den 'Schmalzler', also den Schnupftabak weltmarktfähig gemacht" habe, so Warg. Großvater Adolph Heinrich d'Orville begründete durch die Heirat mit einer ebenfalls aus einer Tabakhändlerfamilie stammenden Frau das sehr lukrative Familienunternehmen der Orvilles. Enkel Adolf, ebenfalls ein fähiger Unternehmer, siedelte sich um 1899 im Landkreis Ebersberg an. Wer sich für lokale Geschichte interessiert, kennt den 1860 in Frankfurt am Main geborenen Büsing-Orville vor allem als zeitweiligen Schlossherrn von Zinneberg, wo er bis 1927 lebte. Baron war er seit 1901, aufgrund seines Reichtums wurde er in den Adelsstand erhoben.

Dieser Reichtum ermöglichte es Adolf von Büsing-Orville auch, nicht nur das Schloss Zinneberg, sondern im Umkreis noch weitere Immobilien zu erwerben. Ein knappes Jahrzehnt nach seinem Umzug in den Landkreis besaß er hier laut Grundbuch 38 Häuser und Höfe sowie 2585 Tagwerk Land, was etwa 880 Hektar entspricht. Darunter auch eine Reihe von Gutshöfen, die er neu errichten oder renovieren ließ. Mit der Planung beauftragte der Baron einen der bedeutendsten Architekten seiner Zeit: Friedrich von Thiersch. Dieser dürfte Kennern der Münchner Architekturgeschichte ein Begriff sein: Zu seinen Werken zählen der Justizpalast, die Reichenbach- und die Corneliusbrücke sowie der Turm der Technischen Universität.

Im Landkreis hat sich Friedrich von Thiersch durch den von Büsing-Orville beauftragten Um- und Ausbau von Zinneberg verewigt. Das feudale Aussehen des heutigen Internats der Schwestern vom Guten Hirten, etwa die beeindruckende hölzerne Treppe oder die bis heute erhaltene Orangerie, gehen auf von Thiersch zurück. Er hat aber auch in Herrmannsdorf ein Baudenkmal hinterlassen: Das Herrenhaus ist vermutlich um 1900 nach seinen Plänen errichtet worden. Laut Katalog des Denkmaltages handelt es sich dabei um einen zweigeschossigen verputzten Walmdachbau mit runden Ecktürmen, der in neubarockem Stil mit Jugendstildetails gehalten ist. Dazu gehört das Pförtnerhaus, ein eingeschossiger, ebenfalls neubarocker Walmdachbau.

Der Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September, beginnt um 10 Uhr

Daneben sind zwei weitere denkmalgeschützten Gutshöfe zu besichtigen: Sonnenhausen, wo das um 1901 im historisierenden Jugendstil nach Plänen des Münchner Architekten Wilhelm Spannagel entstandene ehemalige Gestüt und ebenfalls ein Herrenhaus bestaunt werden können. Auch hier hat Friedrich von Thiersch seine Spuren hinterlassen, um 1905 entstand die von ihm geplante Reithalle. Der dritte Gutshof ist jener in Georgenberg. Dort ist außerdem die barocke Filialkirche Sankt Georg aus den 1720er Jahren zu besichtigen, die wohl auf einen romanischen Vorgängerbau zurückgeht.

Der Tag des offenen Denkmals beginnt am Sonntag, 8. September, um 10 Uhr in Georgenberg. In stündlichem Rhythmus finden dann auch von 11 bis 15 Uhr in Herrmannsdorf und von 13 bis 18 Uhr in Sonnenhausen Führungen statt, die von den jeweiligen Eigentümern und Mitarbeitern unterstützt werden. Auch archäologische Führungen sind vorgesehen. Bei den Rundgängen wird zum einen natürlich die Baugeschichte der Denkmäler beleuchtet, aber es soll auch um nachhaltiges Wirtschaften, die Bauernarbeit früher sowie das Leben im frühen 20. Jahrhundert gehen.

Eine der Führungen übernimmt Landrat Robert Niedergesäß persönlich zusammen mit Thomas Warg, Natascha Niemeyer-Wasserer und Sepp Huber, den drei Kreisheimatpflegern des Landkreises. Geplant ist eine Wanderung, die um 13.30 Uhr in Sonnenhausen beginnt, von dort nach Herrmannsdorf und dann nach Georgenberg führt. Alle Rundgänge sind kostenfrei, Parkplätze stehen genügend zur Verfügung. In allen drei Gutshöfen gibt es auch ein Kinderprogramm sowie musikalische Darbietungen mit Volksmusik. Auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. Speisen und Getränke stehen bereit - müssen allerdings gekauft werden.

Alle drei Höfe liegen in der Gemeinde Glonn, ihre Namen sind gleichzeitig die Adressen: Georgenberg 2, Herrmannsdorf 3 und Sonnenhausen 2. Weitere Informationen zum Programm gibt es bei Thomas Warg unter (08092) 336601 oder per Mail an thomas.warg@t-online.de.

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SZ vom 05.09.2019
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