Was kommt wohl dabei heraus, wenn sich eine bekannte Schauspielerin, Drehbuchautorin und Regisseurin wie Jule Ronstedt und eine renommierte Harfenvirtuosin wie Evelyn Huber treffen und letztere vorschlägt: „Lass uns doch mal was gemeinsam machen“? Eine Freundschaft zwischen zwei Künstlerinnen – und ein großes Glück für das Publikum, das in den Genuss einer musikalischen Lesung kommt, bei der sich Text und Musik „auf Augenhöhe“ begegnen, wie Ronstedt betont. Zu sehen und zu hören ist das Programm „Über-Lebens-Lust“ am kommenden Freitag, 14. Juni, in der Glonner Schrottgalerie.
Das Thema des Abends liegt beiden sehr am Herzen: „Es geht um das Leben, die Lebenslust, manchmal auch das Überleben“, fasst Ronstedt die Inhalte zusammen. Sie hat die Texte ausgewählt: ein Potpourri aus nicht ganz ernst gemeinten Survival-Tipps, Lyrik und Geschichten, unter anderem aus „Kummer aller Art“ von Mariana Leky. Die Entscheidung für Werke gerade dieser Schriftstellerin mit ihrem, so Ronstedt, „liebevollen Blick auf die Schwächen der Menschen“ ist kein Zufall. Zwei Hörspiele nach Texten der Autorin habe sie bereits aufgenommen; den Bestseller „Was man von hier aus sehen kann“ und „Im Aufzug“. Ihre Faszination für die Autorin, aus deren Geschichten Ronstedt sogar noch ein weiteres Bühnenprogramm entwickelt hat, erklärt die Schauspielerin so: „Leky hat diesen zarten Humor und ist eine psychologisch kluge, sehr Menschen liebende Autorin. Sie findet einen unheimlich guten Ton, um klarzumachen, dass man nicht allein ist mit seinen Gedanken, Schwächen und Ängsten.“
Dass das sogar ganz praktische Auswirkungen haben kann, wird durch ein Beispiel aus Ronstedts persönlichen Umfeld deutlich: „In Lekys Kurzgeschichten kommt immer wieder ein Onkel Ulrich vor, ein Herr jenseits der 80. Einmal geht es darum, dass seine Frau ihn auffordert, sich endlich mal Gedanken zu machen über die letzten Dinge, die noch zu tun sind, bevor er stirbt.“ Und als ihr eigener Onkel die Geschichte gehört hatte, habe er gleich am nächsten Tag eine solche Liste angefertigt. „Da sieht man mal, was Kunst kann! Den Menschen humorvoll die Angst nehmen und sie dazu bringen, in die Gänge zu kommen.“
Der Abend der beiden Künstlerinnen zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass die Musik nicht lediglich begleitendes Element ist, sondern gleichberechtigt integriert. Immer wieder „überrascht und begeistert“ sei das Publikum, sagt Ronstedt, weil das, was die doppelte Echo-Gewinnerin Huber spiele, in keine Schublade passe. „Mal Improvisation, dann wieder Weltmusik, Cross Over oder Jazz“, erklärt die Harfenistin. „Es gibt Passagen, da steht der Text allein, an anderen Stellen tut das die Musik, es gibt aber auch sehr schöne, interaktive Momente.“
Wie harmonisch das Zusammenspiel der beiden Freundinnen ist, zeigt ein kurzes Video, in dem sich erleben lässt, wie souverän, sympathisch, hier bierernst, dort mit ganz viel Gefühl Ronstedt den Spagat zwischen Beinamputationen, Läusen und zauberhaften Traumreisen meistert, während das Publikum sich von Hubers meditativen, sphärischen Klängen wiegen und davontragen lassen kann.
Was die beiden Künstlerinnen so schätzen, ist der unmittelbare Kontakt zu den Zuschauern. Ronstedt, die auch viel Theater gespielt hat, sagt: „Ich spüre immer wieder: Meine Sehnsucht, dem Publikum zu begegnen, ist groß.“ Und das geht in einem Ambiente wie der Schrottgalerie freilich besonders gut. Dort, wo man inmitten bildender Kunst gern eng zusammenrückt, ist die Trennung zwischen Bühne und Saal praktisch aufgehoben.
Trotz des großen Bekanntheitsgrades von Ronstedt und Huber wird dort auch am 14. Juni das Prinzip gelten, nach dem Hanno Größl und seine Mitstreiter die Schrottgalerie betreiben: Wer auftritt, bekommt keine feste Gage, sondern das, was die Zuschauerinnen und Zuschauer als Zeichen ihrer Wertschätzung in den Hut werfen. „Dass namhafte Künstler dennoch bei uns auftreten wollen, ist eine große Wertschätzung für unsere Arbeit und unser Publikum“, sagt Größl. Den Akteuren allerdings sei immer eines gemeinsam: Bodenständigkeit und Ehrlichkeit. Nur deswegen springe der Funke stets vom ersten Ton, vom ersten Satz an über.
Darauf freut sich auch Ronstedt. „Ich merke, dass ich mit Lekys Texten die Leute erreiche und ihnen etwas mitgeben kann. Das ist viel mehr als schnöde Unterhaltung.“ Ihr größtes Anliegen sei es, die Menschen zum Lachen zu bringen. „Gerade in der heutigen Zeit“, betont Huber. „Hochhumoresk“ seien die Texte, in denen sie, obwohl schon viele Male gehört, doch immer wieder Neues entdecke: „Mir wird keine Sekunde langweilig!“ Vermutlich stehen also die Chancen gut, dass es dem Publikum genauso ergeht.
Musikalische Lesung mit Jule Ronstedt und Evelyn Huber am Freitag, 14. Juni, in der Schrottgalerie Glonn, St.-Johannes-Straße 2. Einlass ist von 19.30 Uhr an, Beginn um 20 Uhr. Um Anmeldung per Mail an reservierung@schrottgalerie.de wird gebeten.