Glonn:Poesie in Bildern

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Susanne Oswalds Landschaften, Gewässer und Städte wirken mal fein, mal massig, manche sind dicht, wieder andere hell und leicht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ausstellung "Farb Land Fluss" in Steinbergers Marktblick

Wort und Bild - oft gehören sie zusammen, oft genug aber stehen sie auch in einem Spannungsfeld zueinander. Im Alltag sind konkrete Bilder meist mit einer konkreten Aussage verbunden. Seltener kommt die abstrakte Ebene eines Bilds zum Tragen, und nirgends wird die mögliche Verbindung zwischen Gedanke, Sprache und Bild so deutlich wie in der Verzahnung von Malerei und Lyrik. Die Grafinger Künstlerin Susanne Oswald arbeitet in ihrer neuen Ausstellung "Farb Land Fluss" genau in diesem Spannungsfeld. Seit Anfang März präsentiert sie einige ihrer Bilder in "Steinbergers Marktblick".

Auch wenn die Politikwissenschaftlerin und selbständige Unternehmerin hauptberuflich anderweitig unterwegs ist, malt sie, wie sie selbst sagt, "seit sie denken kann." Bis heute ist die Malerei ein wichtiger Teil ihres Lebens. Sie stellt regelmäßig Bilder aus, unter anderem 2019 in Kirchseeon unter dem Titel "Farbflächenfraß", und ist Mitglied im Kunstverein Ebersberg. Hier fand sie auch die Anregung zu ihrer neuen Arbeitsweise, in der sie sich auf kleinere Ausschnitte bereits bestehender Bilder konzentriert und aus diesen mehrere neue Bilder mit veränderten Blickwinkeln schafft.

Ihre jetzt in Glonn gezeigten Landschaften, Gewässer und Städte wirken mal fein, mal massig, manche sind dicht, wieder andere hell und leicht. Genau wie die Gedichte, welche die Ausstellung begleiten. Ausgewählt ist Lyrik unter anderem von Rainer Maria Rilke, Ingeborg Bachmann, Rose Ausländer und Eva Zeder. Bewusst hat Oswald sich dagegen entschieden, jedem Bild "sein" Gedicht zuzuordnen, stattdessen überlässt sie es dem Betrachter, in ihren Werken Textfragmente oder Grundtöne der Poesie zu finden. "Geschichten erzählen, berühren, Licht und Leben in Farbe tauchen" - das ist das Ziel der Künstlerin. Farben und Worte ergänzen sich und gehen eine Symbiose ein, die den Besuchenden auffordert, in jedem Bild ganz für sich selbst den Text zu finden. Oswald spricht auch vom "Haftenbleiben" einzelner Gedichtpassagen.

"Gefangner Duft, der widerstrebend bleibt / Und plötzlich ists als risse eine Welle / das Netz entzwei an einer hellen Stelle,

und alles fließt dahin und flieht und treibt...", schreibt Rilke 1907 in "Die Nacht der Frühlingswende". 113 Jahre später findet man den Geist, den das Gedicht atmet, in Susanne Oswalds Bildern wieder. Zwischen hellen, abstrakten, aber dennoch klar erkennbaren Leuchttürmen, einer aufgewühlten, aber nicht bedrohlichen See. Der Kontrast von Hell und Dunkel, die Dynamik ohne Hast, der Moment als Übergang zwischen Vergangenheit und Zukunft - was Rilke schreibt, lässt sich hier visuell erfahren.

Oswalds Bilder sind expressionistisch. Dicke ausdrucksstarke Pinselstriche und großzügige Farbverwendung charakterisieren sie. Und doch berühren sie durch eine Feinfühligkeit, die jedem Bild innewohnt wie der ungeschriebene Geist eines Gedichts. Trotz der Abstraktion und der teilweise ungewöhnlichen Farbauswahl, bleiben die Werke gegenständlich und eröffnen dem Betrachter neue Perspektiven auf oft gesehene Motive.

Das Café in Glonn bietet den passenden Rahmen, um Bilder und Gedichte zu präsentieren. Denn wo lässt es sich entspannter in Lyrik versinken und sich auf Bilder einlassen als bei einer Tasse Tee oder Kaffee? Wem das Lesen und Betrachten allein nicht reicht, kann sich am Sonntag, 29. März, um 17 Uhr zum "Umtrunk mit etwas Poesie" im Marktblick einfinden und sich auf ein vertieftes Eintauchen in Oswalds Farb-und Sprachwelt einlassen.

Wenn Corona es zulässt.

© SZ vom 14.03.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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