Verkehr im Landkreis:Radeln auf der Teststrecke

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Noch ist es für Radler nicht ganz ungefährlich, über die Staatsstraße von Moosach nach Glonn zu fahren. (Foto: privat)

Die Verbindungsstrecke zwischen Glonn und Moosach könnte als erste außerörtliche Fahrradstraße zu einem bayernweiten Pilotprojekt werden. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, soll eine zweijährige Probezeit zeigen, ob sich die neue Nutzung in der Praxis bewährt.

Von Andreas Junkmann, Glonn/Moosach

Den ersten Platz in Deutschland hat der Landkreis Ebersberg verpasst, nun soll es immerhin die Vorreiterrolle im Freistaat werden: Im Mai 2022 ist im hessischen Landkreis Gießen der Pilotversuch gestartet, eine außerörtliche Straße in eine Strecke für Radfahrer umzuwandeln. Inzwischen ist die Fahrradstraße dort dauerhaft eingerichtet und wird rege genutzt. In Bayern gibt es eine solche Umwidmung bisher noch nicht, doch der Landkreis Ebersberg könnte das ändern. Pläne, die derzeitige Staatsstraße 2351 zwischen Glonn und Moosach in eine Fahrradstraße umzuwandeln, gibt es zwar schon länger, nun sollen aber konkrete Schritte unternommen werden, um das Projekt tatsächlich umzusetzen. Sind alle Voraussetzungen dafür erfüllt, soll es – ähnlich wie in Gießen – zunächst eine zweijährige Testphase geben, um zu sehen, ob sich die Radlstrecke in der Praxis bewährt.

Bereits 2020 hatten die Fraktionen von Grünen, Linken und SPD im Ebersberger Kreistag in einem gemeinsamen Antrag versucht, die Einrichtung einer Fahrradstraße zwischen Glonn und Moosach zu erwirken. Dies wurde damals jedoch abgelehnt, vor allem wegen der negativen Stellungnahmen der übergeordneten Fachbehörden. Nun hat das Landratsamt erneut alle relevanten Stellen abgeklopft – und diesmal durchaus wohlwollendere Antworten erhalten. Die Regierung von Oberbayern etwa habe sich aufgrund der geltenden Rechtslage, wonach Staatsstraßen eben nicht einfach in Fahrradstraßen umgewidmet werden können, zwar zunächst negativ geäußert, sagte Martin Riedl vom Landratsamt in der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses. Dennoch habe der Regierungspräsident die Bereitschaft für eine Modell- oder Testphase signalisiert.

Verkehr im Landkreis
:Von der Staats- zur Fahrradstraße?

Die Idee gibt es schon länger, nun wagen die Grünen im Ebersberger Kreistag einen neuen Anlauf: Auf der Strecke zwischen Glonn und Moosach sollen künftig Radler den Vorrang vor Autofahrern haben. Die Hürden für eine Umsetzung dürften allerdings hoch sein.

Von Andreas Junkmann

Nicht nur Bereitschaft, sondern geradezu Begeisterung für die Idee versprühte derweil Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Es sei zwar ein längerer Reife- und Entwicklungsprozess bei ihm gewesen, aber inzwischen sei er überzeugt davon, dass sich die Staatsstraße als Fahrradtrasse anbiete. „Man muss auch mal neue Wege gehen“, sagte Niedergesäß, der sich für eine zweijährige Testphase aussprach, an deren Ende man ergebnisoffen über das weitere Vorgehen entscheiden könne. Vor allem bei den Grünen kam die Haltung des Landrates gut an, schließlich waren sie es, die per Antrag einen erneuten Vorstoß für die Fahrradstraße unternommen haben. „Das wäre wirklich ein Leuchtturmprojekt“, sagte Thomas von Sarnowski (Grüne), der auf den großen Vorteil einer Umwidmung verwies: In Zeiten knapper Kassen bekomme der Landkreis viele Kilometer Radweg für wenig Geld. „Lasst uns die Infrastruktur nutzen, die schon da ist“, so von Sarnowski.

Ob das allerdings tatsächlich so einfach und vor allem kostengünstig klappt, davon waren nicht alle im Gremium überzeugt. Vor allem der Umstand, dass der Landkreis die Staatsstraße zunächst als Kreisstraße übernehmen müsste – angedacht ist ein Tausch der Staatsstraße 2351 gegen die Kreisstraße EBE 13 –, bereitete einigen Kreisräten Sorgen. Martin Lechner (CSU) etwa verwies auf mögliche Altlasten, die dort unter der Asphaltschicht schlummern könnten und die der Landkreis als neuer Eigentümer entsorgen müsste. Auch zweifelte Lechner an, ob es überhaupt eine gute Idee ist, einen Radweg auf einer Straße einzurichten. Autos dürften dort nämlich nach wie vor fahren, nur eben mit reduzierter Geschwindigkeit. „Ich habe ein Problem damit, wenn ich auf einem Fahrradweg fahre und hinter jeder Ecke kann ein Auto daherkommen“, so Lechner.

Der Glonner Bürgermeister befürchtet einen Verkehrskollaps in seinem Ort

Ein ganz anderes Problem mit dem Vorschlag hatte derweil Josef Oswald, CSU-Kreisrat und Bürgermeister von Glonn. Er äußerte die Befürchtung, dass eine Fahrradstraße dazu führen würde, dass viel mehr Autos über den Glonner Marktplatz fahren würden. Bereits jetzt seien dort rund 11 000 Fahrzeuge täglich unterwegs. Oswald wiederholte deshalb seine Forderung, über den ehemaligen Bahndamm als Radweg nachzudenken – der jedoch per Verordnung seit vielen Jahren als schützenswertes Biotop gilt und deshalb nicht einfach ausgebaut werden darf. Letztendlich also wird an der Staatsstraße 2351 wohl kein Weg vorbeiführen, wenn der Landkreis sein Radnetz im Süden ausbauen will. Geklärt werden muss nun aber vor allem, wie viel Geld der dafür nötige Straßentausch kosten wird und ob die Einrichtung einer Fahrradstraße rechtlich überhaupt möglich wäre.

Sind diese Fragen beantwortet, steht der zweijährigen Testphase nichts mehr im Weg, welche die Mitglieder des Umweltausschusses nach teils hitziger Diskussion dann doch mehrheitlich befürworteten. „Ich verstehe die ganze Aufregung nicht“, merkte Karl Schweisfurth (ÖDP) am Ende recht diplomatisch an. „Wir fassen hier einen Beschluss für das Fahrrad und um diese gefährliche Strecke zu entschärfen.“ Das Rad habe sich inzwischen eben zu einem alltagstauglichen Fortbewegungsmittel entwickelt und sei damit zu einer echten Alternative zum Auto geworden.

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