Glonns berühmteste TochterWorte, die unter die Haut gehen

Lesezeit: 3 Min.

An Lena Christ erinnert man sich heutzutage in Glonn gerne, hier die Gedenktafel an ihrem Geburtshaus. Zu Lebzeiten war die Schriftstellerin indes weniger angesehen, auch darum wird es bei der Lesung am Sonntag gehen.
An Lena Christ erinnert man sich heutzutage in Glonn gerne, hier die Gedenktafel an ihrem Geburtshaus. Zu Lebzeiten war die Schriftstellerin indes weniger angesehen, auch darum wird es bei der Lesung am Sonntag gehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die „Erinnerungen einer Überflüssigen“ und Biografisches bietet eine musikalische Lesung zu Lena Christ. Zu Gast sind Schauspielerin Marion Niederländer und Komponist Rudolf Gregor Knabl an der Klarinette.

Von Michaela Pelz, Glonn

Gefragt nach „berühmten bayerischen Autorinnen“, erscheint im Internet gleich als Erstes der Name Lena Christ. Und wenn es einen Ort gibt, der untrennbar mit ihr verbunden ist, dann zweifelsohne ihre Heimatgemeinde Glonn. Genau dort findet am Sonntag,30. Juni, eine musikalische Lesung rund um Leben und Werk der unvergessenen Schriftstellerin statt. Dafür haben sich die Schauspielerin Marion Niederländer sowie der namhafte Komponist und Musiker Rudolf Gregor Knabl zusammengetan.

Niederländer und Knabl kennen sich schon lange vom Theater, bereits in ihren Anfangsjahren sei sie dem musikalischen Leiter am Bayerischen Staatsschauspiel begegnet, erzählt die Mimin am Telefon. Darum habe sie sofort an ihn gedacht, als ihr die Idee einer Lesung kam. Geboren worden sei dies aus dem Wunsch heraus, etwas auf die Bühne zu bringen, das sie selbst ausgewählt habe. „Im Theater ist es ja immer vom Zufall abhängig – du spielst ein Stück oder nicht.“

Als Ex-Internatsschülerin kennt sich Marion Niederländer mit katholischer Bigotterie aus. Sie musste in Eichstätt wohnen, weil es keine öffentliche Verbindung zu ihrem Elternhaus in Mittelfranken gab.
Als Ex-Internatsschülerin kennt sich Marion Niederländer mit katholischer Bigotterie aus. Sie musste in Eichstätt wohnen, weil es keine öffentliche Verbindung zu ihrem Elternhaus in Mittelfranken gab. (Foto: Janine Guldener/OH)

Weil sie beide eine „bayerische Vergangenheit“ hätten – „er durch seinen berühmten Vater, Zitherspieler Rudi Knabl, ich aufgrund des Fahrgeschäfts ’Krinoline’, das meine Familie schon seit bald 100 Jahren auf dem Oktoberfest betreibt“ –, habe man sich bewusst dafür entschieden, „zurück zu den Wurzeln“ zu gehen und Lena Christ in den Mittelpunkt der Veranstaltung gestellt.

Viele Aspekte im Zusammenhang mit dieser beeindruckenden Frau seien ihr durchaus vertraut, sagt Niederländer: diese Mentalität rund um die Jahrhundertwende, bei der es auf der einen Seite sehr herzlich zugehe, aber auch an Brutalität nicht mangele. Auch die Bigotterie eines katholischen Umfelds sei ihr als frühere Internatsschülerin eines musischen Gymnasiums in Eichstätt nicht fremd. Wobei sie gleich betont: „Mein eigenes familiäres Leben war sehr positiv!“

Rudolf Gregor Knabl war fast 40 Jahre lang musikalischer Leiter und Theatermusikkomponist am Bayerischen Staatsschauspiel. Mehr als 200 Bühnenkompositionen, Orchester- und Kammermusikwerken hat er geschaffen sowie Film- und Fernsehmusik.
Rudolf Gregor Knabl war fast 40 Jahre lang musikalischer Leiter und Theatermusikkomponist am Bayerischen Staatsschauspiel. Mehr als 200 Bühnenkompositionen, Orchester- und Kammermusikwerken hat er geschaffen sowie Film- und Fernsehmusik. (Foto: Marion Niederländer/OH)

Von Lena Christ ist Niederländer deswegen so beeindruckt, weil sie „trotz aller Dramatik, die sie umgeben hat, und obwohl sie keine große Bildung hatte, diesem großen Ruf gefolgt ist, ihr Leben niederzuschreiben“. Dadurch sei sie auch für einfache Menschen eine Vorreiterin gewesen. Auch Knabl kann sich der Faszination dieser einfachen Frau, die ungeachtet aller Widrigkeiten so Großes geschaffen hat, nicht entziehen: „Was mich immer schon berührt hat, war dieses wahnsinnige Leben und das Schicksal, das die erlebt hat.“ Genau deswegen hat der Komponist für die Lesung keine opulenten Orchesterklänge ersonnen, sondern wird sie nur mit einem einzigen Instrument, der Klarinette, begleiten. „Wie eine kleine Theatermusik, die die Worte der Stimmung entsprechend unterstreicht.“

Schriftstellerin Lena Christ
:Sie blickt ins Innerste

Vor 100 Jahren starb Lena Christ, eine der größten Schriftstellerinnen, die Bayern hervorgebracht hat. Deren Vita ist wieder mal ein Beispiel dafür, dass große Literatur oft aus einem verkorksten Leben entsteht.

Von Hans Kratzer

In Glonn, wie von Niederländer zu erfahren ist, habe man eigentlich schon viel früher auftreten wollen, nämlich am 30. Juni 2020, genau zum 100. Todestag der „Überflüssigen“, wie Christ sich selbst in ihren „Erinnerungen“ nennt. „Doch dann kam Corona.“ Umso mehr freut sich das Duo, dass es jetzt endlich geklappt hat mit dem Gastspiel.

„Für mich ist es etwas ganz Besonderes, dass ich gerade dort lesen kann, wo auch ihr Umfeld war, die Straßen, in denen sie aufgewachsen ist“, erklärt die Schauspielerin. Noch schöner sei, dass es sich dabei um Christs „Zufluchtsort“ handle, an dem sie glücklich gewesen sei.

Bei der etwa 80-minütigen Veranstaltung in der Glonner Klosterschule wird Niederländer aber nicht einfach nur aus den „Erinnerungen einer Überflüssigen“ lesen, sondern gewissermaßen in die verschiedenen Rollen schlüpfen. Indem sie ihre Erfahrung als Schauspielerin einbringe, werde „alles lebendiger und die dramatische Geschichte erfahrbarer“. Außerdem könne sie bairisch sprechen, fügt Niederländer mit einem kleinen Lachen hinzu.

Schriftstellerin aus Glonn
:Von wegen überflüssig

Zum 100. Todestag: Lena Christ war in ihrem Heimatort Glonn lange verpönt, doch hat die Schriftstellerin dort bis heute tiefe Spuren hinterlassen.

Von Franziska Langhammer

Nach Glonn geholt hat die Veranstaltung die Vorsitzende des Kulturvereins, Jutta Gräf. Nachdem sie die Lesung im Hofspielhaus erlebt hatte, war sie schwer beeindruckt: „Das geht schon unter die Haut – es rührt ans Gemüt.“ Um den Besucherinnen und Besuchern auch Zugang zur kleinen Lena-Christ-Stube im Heimatmuseum (gleiches Gebäude, zweiter Stock) zu ermöglichen, wird dieses am Veranstaltungstag von 15 bis 17 Uhr geöffnet sein.

Der Eintritt zur Lesung ist frei, die Gemeinde übernimmt die Kosten. Als Geschenk an die Glonner, so Gräf, im Zusammenhang mit der 1250-Jahr-Feier. „Wir schenken auch das Jubiläumsbier aus, dafür kann man etwas spenden, wenn man will. Aber alles auf rein freiwilliger Basis.“

Musikalische Lesung am Sonntag, 30. Juni, um 17 Uhr in der Galerie Klosterschule, Klosterweg 7, in Glonn. Eintritt frei. Weitere Informationen: Kulturverein Markt Glonn.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Glonner 1250-Jahr-Jubiläum
:"Man tat halt was für sein Seelenheil"

Ein Gutsherr namens Ratpot hat 774 seine Besitzungen an den Bächen Glonn und Moosach der Kirche überschrieben. Bezeugt wurde der Akt in einer Urkunde, in der zum ersten Mal der Name der Marktgemeinde auftaucht.

SZ PlusInterview von Alexandra Leuthner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: