Neue Jugendpflegerin in GlonnDie Glonner Jugend bekommt eine neue Stimme

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Die 37-jährige Veronika Holzner bestreitet den neu ins Leben gerufenen Posten als Jugendpflegerin.
Die 37-jährige Veronika Holzner bestreitet den neu ins Leben gerufenen Posten als Jugendpflegerin. (Foto: Christian Endt)

Eine großzügige Jugendfreizeitfläche, Kurse zum "skill-learning" mit dem Handy und Jugendliche im Gemeinderat - die neue Jugendpflegerin Eva Jungnickl bringt frischen Wind in die Glonner Jugendarbeit.

Von Charlotte Haft, Glonn

Man stelle sich vor, es gäbe eine Fläche von knapp 5000 Quadratmetern und man dürfte sie frei bestücken, um dort seine Freizeit nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu verbringen. Und das Beste daran: Die Gemeinde übernähme alle Kosten! Die Aufgabe, sich hierzu Gedanken zu machen, haben in der letzten Projektwoche vor den Sommerferien alle Kinder der sechsten bis neunten Klasse der Mittelschule Glonn bekommen. Aus den daraus resultierenden Antworten entstand ein erstes Stimmungsbild, welches eine Rolle bei der kommenden großen Jugendumfrage im September spielen wird. Denn Glonn hat seit zwei Monaten eine neue Mitarbeiterin im Rathaus - Eva Jungnickl hat den neu ins Leben gerufenen Posten für Jugendpflege in Glonn auf sich genommen und ist seither schon sehr aktiv im Amt.

"Es ist Vor- und Nachteil für mich, nicht in alte Fußstapfen zu treten", so die 37-jährige, "einerseits kann ich den Posten von Grund auf so gestalten, wie ich es für richtig halte, andererseits gibt es für die Jugendpflege noch keine vorhandenen Netzwerke und Strukturen, auf die ich zurückgreifen kann." Während in anderen Gemeinden im Landkreis bereits seit Jahren Jugendpflegerinnen und Jugendpfleger tätig sind, wurde in Glonn die offene Jugendarbeit bisher über das Vereinswesen und das Ehrenamt gestemmt. Es gelte nun, dies anzuerkennen, die vorherigen Strukturen zu verstehen, zu erneuern, zu koordinieren und mit Fingerspitzengefühl zu professionalisieren.

Die Glonner Jugend darf in den Gemeinderat

Das erste große, geplante Projekt in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat ist ein 4800 Quadratmeter großes Freizeitgelände, das es ganz nach den Wünschen der Glonner Jugend zu gestalten gelte. Basierend auf dem Stimmungsbild der Befragung in der Glonner Mittelschule arbeitet Eva Jungnickl nun an einer umfangreichen Umfrage, an der die gesamte Jugend der Region zwischen zehn und 21 Jahren teilnehmen kann. Erste Ideen für die Bebauung stünden dank des Arbeitskreises an der Mittelschule und der letzten Jugendumfrage 2018 schon im Raum. Manche Jugendlichen wünschten sich einen Skatepark oder einen Dirt-Bike Park. Andere wollten die Fläche nutzen, um kreativ zu werden, um Karten zu spielen oder einfach "zum Chillen". Auch diese Themen würden bei der Planung berücksichtigt werden.

Aus der Befragung im September heraus wird es die Möglichkeit geben, sich in weitere Arbeitskreise einzubringen. Eva Jungnickl meint dazu: "Wer weiß, vielleicht gibt es ja die ein oder andere starke Persönlichkeit, die sich mit Herz und Seele engagieren will. Die dürften dann auch bis mit in den Gemeinderat, um bei den öffentlichen Sitzungen teilzunehmen oder sogar etwas zu präsentieren."

Eine tragfähige Beziehung entsteht nicht über Nacht

Nun gehe es darum, an die Kinder und Jugendlichen heranzukommen. Hierfür müsse man Kontakt aufbauen und diesen dann auch pflegen. "Für mich bedeutet das, nicht aufdringlich zu sein, ehrlich zu sein, authentisch und offen zu sein, und das ohne Agenda", erklärt Jungnickl. Beziehungen bräuchten Zeit, dürften getestet werden, müssten Konflikte aushalten. "Bei kommunaler Jugendpflege geht es darum, tragfähige Beziehungen aufzubauen, und das geht eben nicht über Nacht."

Wege, um die Jugend zu erreichen seien neben dem klassischen Streetwork auch ein postalisches Anschreiben von Bürgermeister und Jugendpflegerin, eine Printaktion mit Plakaten und Flyern, sowie enge Zusammenarbeit mit lokalen Vereinen und dem Jugendzentrum. "Die Wenigsten wollen noch ein Telefon in die Hand nehmen und anrufen", so Jungnickl und deshalb möchte sie den jungen Menschen die Möglichkeit geben, sie online über Instagram oder Whatsapp erreichen zu können. Die 37-Jährige betont jedoch, dass das Prinzip der Freiwilligkeit vor Allem stehe, es sei eben offene Jugendarbeit. "Es wird viel darum gehen, partizipative Strukturen zu schaffen, um der Jugend eine Stimme zu geben, die auch gehört wird. Das wird definitiv meine Aufgabe sein."

Die Grundsteine für die Arbeit als Jugendpflegerin konnte sie schon früh legen

Bevor Eva Jungnickl ihre Passion in der Jugendarbeit fand, schlug sie zunächst einen Umweg in die freie Wirtschaft ein. "Das hat mir schon in frühen Jahren gezeigt, was ich nicht möchte", so die studierte Kommunikations-, Medien- und Bildungswissenschaftlerin. Sie arbeitete dann im Schulwesen im pädagogischen Fachteam einer Stiftung, später führte sie hier als Medienpädagogin Projekte durch, die mehrfach prämiert wurden. Schließlich ging sie dann in die Selbstständigkeit, arbeitete in der ambulanten Jugendhilfe mit Kindern in Krisensituationen bis sie jetzt die Stelle als Jugendpflegerin in Glonn annahm. Somit habe sie in ihrer beruflichen Laufbahn schon gute Grundsteine für ihre jetzige Arbeit legen können.

Jungnickl möchte die Jugendlichen dazu animieren, kreativ mit Medien zu arbeiten - und sie nicht nur passiv zu nutzen.
Jungnickl möchte die Jugendlichen dazu animieren, kreativ mit Medien zu arbeiten - und sie nicht nur passiv zu nutzen. (Foto: Christian Endt)

Ein besonderes Ziel ihrer Arbeit in Glonn sei nun, die Kinder und Jugendlichen weg von passiven Konsum und hin zur kreativen Arbeit mit Medien zu bringen. Sie möchte Verständnis dafür schaffen, dass junge Menschen nun mal eine enge Beziehung mit ihren Endgeräten haben, dass diese für sie mehr als nur Bildschirme sind. Sie könnten gezielt eingesetzt Kreativität fördern. Hierbei könne es sich in Zukunft um Projekte und Kurse zu Fotografie, Schreiben, Filmproduktion und sogenanntem Content für Instagram handeln, also Inhalte für die Social-Media-Plattform. "Ich möchte jungen Menschen Skills an die Hand geben, wie sie zu Hause tollen Content produzieren können, der über das klassische Selfie hinausgeht", so Jungnickl. "Es ist wahnsinnig viel los bei einem Menschen im Prozess vom Kind zum Jugendlichen zum Erwachsenen. Das muss raus in irgendeiner Art und Weise."

Im Ferienprogramm in Glonn bietet Jungnickl dieses Jahr ein zweitägiges Projekt an, bei dem unter ihrer Leitung Kinder und Jugendliche mithilfe einer App eine Schnitzeljagd durch durch die Gemeinde erstellen, indem sie die schönsten Stellen der Gegend absuchen und sich eine Route mit Fragen und Aufgaben überlegen. Alle zukünftigen Besucherinnen und Besucher Glonns könnten sich diese App dann auf ihr Smartphone herunterladen und die Schnitzeljagd ausprobieren.

"Erwachsene sind nicht die bessere Version von Kindern"

Zu Hause lebt Eva Jungnickl in einer Patchwork Familie. Sie und ihr Partner haben beide Kinder mit ehemaligen Partnern in die Familie gebracht, wodurch sie sich nun gemeinsam um den fünfjährigen Sohn und die sechs- und siebenjährigen Töchter kümmern. "Für mich geht es immer sehr um Authentizität, deswegen erzähle ich in der Zusammenarbeit mit Jugendlichen auch gerne mal von mir daheim", sagt sie, "ich möchte zeigen, dass Erwachsene genauso Struggles und Konflikte haben und eben nicht die bessere Version von Kindern sind." Denn der Jugendpflegerin zufolge hat jeder eine Stimme, die gehört werden darf und die etwas zu sagen hat - und jeder Mensch habe andere Ressourcen, Stärken und Schwächen, welche im Miteinander erkannt werden müssten, damit es rund läuft. "Und es darf auch mal nicht rund laufen, das ist genauso okay."

Jedoch sieht Eva Jungnickl auch einige Herausforderungen und mögliche Probleme in Glonn. Es müssten unbedingt partizipative Jugendstrukturen geschaffen werden, aber das sei nur möglich, wenn sich alle beteiligten Parteien einbringen würden. Es funktioniere nicht, dass der Gemeinderat über die Belange der jungen Menschen hinwegentscheide, ohne dabei ins Gespräch zu gehen. Dies hänge jetzt jedoch stark von den Jugendlichen ab.

Die Möglichkeiten, um sich einzubringen, würden in den kommenden Wochen und Monaten immer mehr vorhanden sein, allerdings müsse die Jugend dies auch nutzen und sich trauen, in Verhandlungen zu treten und dann auch ihr Wort zu halten. Das Freizeitgelände könne hierfür als Pilotprojekt gesehen werden. Es sei außerdem geplant, mit dem Jugendzentrum zu kooperieren. Hierbei gehe es nur um die Altersgruppe der Jugendlichen, mit der Eva Jungnickl eng zusammenarbeiten möchte, um eine starke Jugend für die Zukunft aufzubauen.

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