Süddeutsche Zeitung

Günter Grünwald in Glonn:"Ich bin ein Deppenmagnet"

Der Kabarettist Günter Grünwald präsentiert am Samstag in der Glonner Schulturnhalle die Premiere seines neuen Programms, eine absurde Mischung aus fast allem.

Interview von Rita Baedeker, Glonn

Auf seinem Anrufbeantworter kann man sich eine Kostprobe von "Bonzo", dem Klein-Kriminellen aus Ex-Jugoslawien, anhören, die Figur ist eine von Günter Grünwalds Paraderollen. Am Samstag, 29. August, spielt der Kabarettist in der Glonner Schulturnhalle die Premiere seines neuen Programms "Deppenmagnet". Veranstalterin ist die Kolpingfamilie. Angekündigt wird der Abend im Landkreis als "Vorpremiere". Der SZ erklärt Grünwald im Interview, warum er den Ausdruck Vorpremiere bescheuert findet, und was es mit dem Titel seiner neuen Comedy auf sich hat. Beginn ist um 20 Uhr. Der Abend ist ausverkauft.

SZ: Sie sind derzeit in mehreren Dörfern und Kleinstädten mit Ihrem neuen Programm "Deppenmagnet" auf Tournee. Angekündigt wird der Auftritt in Glonn als Vorpremiere. Wollen Sie erst die Reaktion des Publikums testen, bevor Sie in größere Hallen gehen?

Günter Grünwald: Ich spreche vom ersten Auftritt, eine Vorpremiere gibt es für mich nicht. Die Leute sollen keinen Künstler vor den Latz geknallt bekommen, der einen unfertigen Text in Händen hält und noch auf der Bühne überlegt, was er denn als nächstes bringen soll. Ich finde das Wort Vorpremiere bescheuert. Und es ärgert mich, wenn ich so angekündigt werde. Davon abgesehen, spiele ich meistens auf dem Land, ich bevorzuge kleinere Bühnen, denn ein Programm entwickelt sich allmählich.

Also doch eine Testphase?

Die gibt es immer. Die meisten meiner Kollegen haben kein komplett fertiges Konzept in der Tasche, wenn sie mit einem neuen Programm starten. Aber es ist dennoch eine Premiere.

Wer oder was, bitte, ist ein Deppenmagnet?

Ich bin das, ich bin ein Deppenmagnet, einer, der die Deppen anzieht, vor dem zum Beispiel an der Supermarktkasse immer gerade ein Idiot steht, der sein Geld vergessen hat oder sonst irgendwas schief läuft. Das geht doch jedem von uns so, dass er hin und wieder das Gefühl hat, von lauter Deppen umgeben zu sein.

Sind Begebenheiten dieser Art der rote Faden Ihres neuen Programms?

Es ist wie bei jedem meiner Programme. Ich steh auf der Bühne, erzähle, wie es mir geht, was mir passiert im Leben.

Und was passiert im Leben des Günter Grünwald, was dann auf der Bühne erzählt wird?

Ich hatte mal eine lange Nummer über eine Zugfahrt im Programm, diese Episode habe ich selbst erlebt. Vom sächselnden Schaffner bis zu Dehnübungen im Abteil, bei denen ich nackte Füße ins Gesicht bekam - alles Dinge, die man während einer Bahnfahrt nicht unbedingt braucht (lacht).

Mit Ihrer Satire und Ihren Geschichten sind Sie ziemlich nah dran am Alltag und an Ihren Mitmenschen. Das tut bestimmt manchen weh.

Sicher. Als ich mal im BR etwas über Pegida gemacht und Lutz Bachmeier als "Quadratarschloch" bezeichnet habe, bekam ich einige heftige und bösartige Reaktionen. Viele Menschen haben offenbar Angst vor Überfremdung und Islamisierung. Die meisten Beschwerden kamen allerdings, als ich mal was Satirisches über Marianne und Michael gebracht habe.

Wie reagieren Sie auf solch ein Echo?

Das kommt darauf an. Es gibt eine offizielle und eher zahme Stellungnahme des Bayerischen Rundfunks; und es gibt meine. Ich als Privatmann kann ganz anders reagieren, und ich setze mich oftmals mit den Leuten, die mir Mails schreiben, auseinander.

Haben Sie auf diese Weise schon mal jemanden zur Einsicht gebracht?

Meist reagieren die Leute auf bestimmte Reizwörter. Wenn man dann erklärt, was es damit auf sich hat, denken manche schon mal um.

Sie bauen mit Ihren Figuren und Geschichten bestimmte Klischees auf und überspitzen diese durch Ironie. Kann es sein, dass manche Leute das nicht verstehen?

In jedem Fall ist das so. Viele Leute haben absolut keine Ahnung, wie Satire funktioniert. Bei TV-Sendungen sowieso, aber auch auf Kleinkunstbühnen passiert mir das immer wieder. Vor vielen Jahren habe ich mal einen betrunkenen Hausmeister gespielt, der über Asylanten schimpft. Da haben sich dann zwei Lehrerinnen furchtbar aufgeregt. Sie hätten ausländische Freunde, schrieben sie, und solche Ausländerhetze sei empörend. Ich habe ihnen dann erklärt, wie es gemeint war, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie es verstanden haben.

Ist das nicht sehr demotivierend für einen Kabarettisten?

Wenn ich nicht damit fertig werde, falsch verstanden zu werden, dann muss ich künftig den Räuber Hotzenplotz spielen.

Welche Geschichten werden Sie dem Publikum in Ihrer Eigenschaft als "Deppenmagnet" erzählen?

Ich bin ja mehr der komödiantische Kabarettist, also tagesaktuelle Sachen oder Merkel-Schelte gibt es bei mir nicht. Es geht um Sachen wie Kochsendungen, Verkehrsdurchsagen, Swingerclubs. Was ich halt so alles sammle im täglichen Leben. Aber natürlich ist nicht alles, was ich da aufbereite, mir persönlich auch passiert.

Restkarten für "Deppenmagnet" gibt es für Donnerstag, 10. September, 20 Uhr im Jakobmayersaal in Dorfen (Abendkasse), für den Benefizabend des Projekts Seelen-Art am 19. Oktober, 19 Uhr, im Kleinen Theater Haar, sowie für Mittwoch, 28. Oktober, 20 Uhr, im Alten Speicher Ebersberg.

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Quelle:
SZ vom 27.08.2015
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