Gläubige stimmen ab:19 580 Christen haben die Wahl

In den evangelischen Gemeinden werden am Sonntag die Kirchenvorstände neu bestimmt. Die Gremien kümmern sich um Verwaltung, Finanzen und Glaubensinhalte

Nadia Pantel

- Die Verwaltung der Kirchengebäude und -finanzen, die Vermittlung christlicher Werte und Inhalte und auch die Wahl des Pastors: all dies sind die Aufgaben der evangelischen Kirchenvorstände. "Dieses Gremium hat eine große organisatorische Verantwortung", sagt der Grafinger Pfarrer Axel Kajnath, "und zudem gestaltet es gemeinsam mit dem Pfarrer auch das geistliche Leben der Gemeinde". Was suchen die Menschen in der Kirche, was kann die Kirche ihren Anhängern bieten - es ist Aufgabe der Kirchenvorstände auf diese Fragen Antworten zu finden.

Eine Aufgabe, die an diesem Sonntag wieder neu vergeben wird. Bayernweit werden die neuen Kirchenvorstände gewählt. Eine ehrenamtliche Verpflichtung auf sechs Jahre. Im evangelischen Kirchenrecht ist festgelegt, dass jede Gemeinde doppelt so viele Kandidaten aufstellen muss, wie Posten zu besetzen sind. Die Rosenheimer Dekanin Hanna Wirth ist stolz darauf, dass somit eine richtige Wahl und kein Abnicken von Vorgegebenem stattfindet: "Die Gemeinden sind somit wirklich demokratisch strukturiert." Das Finden der benötigten 135 Kandidaten im Landkreis Ebersberg sei in diesem Jahr "erfreulich leicht" gewesen, sagt Wirth und fügt hinzu: "Die Menschen erleben das Engagement in den Gemeinden als sehr sinnstiftend." Es sei jedoch nicht immer gelungen der ebenfalls im Kirchgesetz festgeschriebenen Vorgabe gerecht zu werden, Kandidaten aus allen Altersgruppen aufzustellen, schränkt Pfarrer Kajnath ein. "Die meisten unserer Kandidaten kommen aus der Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen. Ich hätte gerne mehr Jüngere dabei, aber für die ist es oft sehr schwierig abzusehen, wie ihr Leben in den nächsten sechs Jahren aussehen könnte," sagt Kajnath. Auch junge Eltern, die den Kindergarten der Gemeinde nutzen, seien schwierig für den Kirchenvorstand zu gewinnen. " In vielen Familien müssen heute beide Eltern arbeiten. Für ein derart aufwendiges Ehrenamt bleibt da keine Zeit", so Kajnaht. Abgesehen von der Altersfrage ließ sich das Gebot der Diversität jedoch umsetzen: Es kandidieren ebenso viele Frauen wie Männer.

Rund 19 580 Evangelische, wie es korrekt heißt, leben im Landkreis Ebersberg, das sind 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Zahl der Evangelen im Landkreis ist seit dem Zweiten Weltkrieg stark angestiegen. Dies liege an der wirtschaftlichen Stärke der Region, die zu einem starken Zuzug aus dem mehrheitlich protestantischen Norden Deutschlands führt, so Dekanin Wirth. Doch auch Konfessionswechsel seien ein Grund für die Zunahme der Evangelen. "Früher war ein Dorf oft entweder katholisch oder evangelisch, heute mischt sich das. Es kommt zu mehr Austausch und auch Übertritten zwischen den Konfessionen", sagt Wirth.

Das vergleichsweise schnelle Anwachsen der Gemeinden hat innerhalb der evangelischen Landeskirche zu einer Organisationsstruktur geführt, die für Außenstehende recht unübersichtlich wirkt. Historisch gewachsene Gemeinden mussten immer wieder neu geteilt werden, weil sie zu groß wurden für einen einzelnen Pfarrer. Zuletzt wurde im Landkreis die Gemeinde Markt Schwaben-Poing geteilt. Seit 2009 ist die Christusgemeinde Poing eigenständig mit 2600 Mitgliedern. Die Grenzen der evangelischen Dekanate und Kirchenkreise decken sich nicht mit den Landkreisgrenzen. Der Landkreis Ebersberg liegt nun im evangelischen Drei-Ländereck. Im Ebersberger Forst treffen die Dekanate Rosenheim, Freising und München Ost aufeinander. So gehört ein Vaterstettener zum irdischen Verwaltungsbezirk Ebersberg, seine religiöse Zugehörigkeit liegt jedoch im Dekanat München Ost.

Das kontinuierliche Anwachsen der evangelischen Gemeinden wurde erst in den vergangenen zehn Jahren langsam weniger. Die Aufgabe der Kirchenvorstände, eine lebensnahe Kirche aktiv zu gestalten, wird dadurch umso wichtiger. Welche Menschen ihre Zeit dieser Mission widmen werden, wird am Sonntag Abend feststehen. Dann liegen voraussichtlich die Ergebnisse der Wahl vor.

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