Vor dem Gebäude des Bayerischen Roten Kreuz (BRK) in Ebersberg stehen die Leute bereits in der Schlange. Sie sind hier, um Blut zu spenden – unter ihnen ist auch Bernd Joelsohn. Wie so oft: Es ist sein 152. Blutspendetermin, gerade erst wurde er vom BRK-Kreisverband für seine kontinuierliche Unterstützung ausgezeichnet. Bereits vor mehr als 40 Jahren hat er mit dem Spenden begonnen, im Geburtsjahr seiner Tochter. Sein erstes Kind, berichtet Joelsohn, sei bei der Geburt krank gewesen. Viel möchte er von dieser Zeit nicht erzählen, doch seine Entscheidung, einen Beitrag leisten zu wollen, fiel genau dann. Er sei glücklich, sagt er, dass er mit seinem Blut bereits so vielen Menschen helfen konnte. Mittlerweile fühle sich der Blutspende-Raum schon wie sein zweites Wohnzimmer an.
Für sein Ego brauche er die Aufmerksamkeit durch die Auszeichnung jedoch nicht, das stellt der 73-Jährige gleich zu Beginn klar. An der Ehrung haben es ihm besonders die zahlreichen Tabletts mit Semmeln angetan. „Da sind wir richtig verwöhnt worden“, berichtet er und lacht. Überhaupt gehe es ihm vor allem darum, dass möglichst viele Menschen spenden gehen. Schließlich ist die Situation in der Blutversorgung angespannt. Erst vergangenen August schlug das Deutsche Rote Kreuz erneut Alarm: Die Blutreserven seien nahezu aufgebraucht.
Horrorshop im Landkreis Ebersberg:Da schützt nur noch die Gänsehaut
In der Landshamer Horrorshow können Mutige das Fürchten lernen. Randy Mikels, Gründer und Eigentümer, hat sich mit seinem Laden für allerlei Gruseliges und der Eventlocation gleich nebenan einen Traum erfüllt.
„Man muss ja nur in den Spiegel schauen“, kommentiert Joelsohn und meint, dass schließlich jeder bei sich selbst mit den Spenden anfangen müsse. Im Landkreis Ebersberg tun die Bürgerinnen und Bürger genau das: In den vergangenen Jahren, so die Kreisvorsitzende Kathrin Alte, sei die Zahl der Spenden kontinuierlich gestiegen. Erfreulich sei auch, dass 2023 mehr als 890 Erstspender dazugewonnen werden konnten.
Das Blut wird regelmäßig getestet
Außerdem, führt er an, habe das Spenden auch einen Eigennutzen. Schließlich werde das eigene Blut regelmäßig getestet und Krankheiten könne vorgebeugt werden. Ob ihm jemals flau geworden ist bei all den Blutspenden? Nein, sagt Joelsohn und denkt nach. Manche Menschen seien eben weniger anfällig, manche mehr. Falls einem aber doch unwohl wird, schnell hinlegen und die Füße hoch, empfiehlt er. „Dann fällt man nicht so tief.“
An diesem Tag jedenfalls geht der 73-Jährige seiner Routine nach und betritt den Raum des BRK-Gebäudes, wo er sich zunächst ausweisen und einen Gesundheitscheck ausfüllen soll. Dass dieser nun digital auf Tablets zu bearbeiten ist, bereitet ihm einige Schwierigkeiten. Schritt für Schritt arbeitet er sich durch die Fragen, die sich um den allgemeinen Gesundheitszustand, Infektionskrankheiten, Vorerkrankungen sowie Arzneimittel drehen und lässt es sich nicht nehmen, den ein oder anderen Scherz zu machen.
Anschließend muss der Sauerstoffgehalt im Blut überprüft werden. Ob Joelsohn genügend getrunken und gegessen habe, möchte die Ärztin wissen. Dann überprüft sie mit einem kleinen Piks in den Finger sein Blut. Ist der Wert zu gering – bei Männern liegt die Schwelle bei 13,5 Prozent – kann nicht gespendet werden. Joelsohn allerdings hat heute nichts zu befürchten: Sein Wert, informiert die Ärztin, liegt bei 14,8 Prozent. Nur wenige Male habe sein Ergebnis nicht dem nötigen Sauerstoffgehalt entsprochen, erzählt er. Etwa als er vor dem Spenden stundenlang in der sengenden Sommerhitze warten musste. Einmal, berichtet er, habe er anschließend einfach so viele Liter Wasser auf einmal getrunken, dass er eine halbe Stunde später doch spenden durfte.
Pro Jahr dürften Männer sechsmal Blut spenden, und zwar alle 56 Tage, erklärt das medizinische Personal des BRK. An alle Patienten kann Joelsohns Spende jedoch nicht gehen: Er hat die Blutgruppe Null positiv und kann Blut an alle Rhesus-positiven Menschen weitergeben. Stolz sei er schon auf die 75 Liter, die er bereits gespendet hat, sagt er. „Stolz, aber ohne Koketterie.“
Nach der Spende geht es zur kostenlosen Stärkung
Weiter geht es nun zur ärztlichen Untersuchung und danach zum Selbstausschluss, bei dem man sich anonym gegen die Verwendung seiner Blutspende entscheiden kann – etwa bei einem möglichen Infektionsrisiko. Dann erst gelangen die Freiwilligen in den eigentlichen Blutspende-Raum. Nachdem der Zugang zur Armvene gelegt ist, dauert es circa zehn Minuten: Dann sind die 500 Milliliter Blut bereits in einem Behälter gesammelt. Der 73-Jährige liegt dabei bequem auf seiner Liege und plaudert auch mal links und rechts mit seinen spendenden Nachbarn.
Eine besondere Diät, etwa in Hinblick auf den Eisenbedarf, hält der Rentner nicht ein. „Ich esse, was ich will“, erklärt er, gerne auch mal etwas Süßes. Wie den Himbeerkuchen, den er sich nach der Spende beim Büfett aussucht und zu einer Cola genießt. Nach erfolgter Stärkung verlässt Joelsohn an diesem Donnerstagnachmittag zufrieden das BRK-Gebäude. Er weiß, er hat heute bereits „etwas Vernünftiges getan“.