Geplanter Windpark:Klimazerstörung mit allen Mitteln stoppen

Geplanter Windpark: Sind Klimaschutz und Naturschutz in diesem Fall unvereinbar? Bei der Frage, ob im Ebersberger Forst Windräder gebaut werden sollten, prallen unterschiedliche Interessen und Meinungen aufeinander.

Sind Klimaschutz und Naturschutz in diesem Fall unvereinbar? Bei der Frage, ob im Ebersberger Forst Windräder gebaut werden sollten, prallen unterschiedliche Interessen und Meinungen aufeinander.

(Foto: Christian Endt)

Leserreaktionen auf die Leserbriefe vom 2. März zum geplanten Windpark im Ebersberger Forst

Zu den Leserbriefen vom 2. März:

Wir leben in einem wirklich sehr schönen Landkreis, von Pliening im Norden bis nach Baiern im Süden ein schöner Fleck nach dem anderen. Wir wollen und müssen diese Schönheit erhalten. Die Klimazerstörung müssen wir deshalb mit allen Möglichkeiten stoppen. Bei uns im Landkreis Ebersberg ist sie zwar noch nicht so klar zu spüren wie in anderen Teilen der Welt. Waldbrände, Überschwemmungen, Gletscherabbrüche, Stürme und Starkregen zeugen jedoch davon. Im Jahr 2015 haben 195 Staaten in Paris das Ziel vereinbart, den globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Leider sind wir davon aber noch weit entfernt. Wir in unserem schönen Landkreis können trotzdem mit vielen Maßnahmen dazu beitragen, das angestrebte Ziel zu erreichen. Unterstützen wir den Bau von fünf Windrädern im Forst und vielen weiteren Windrädern in allen Gemeinden. Unterstützen wir den Bau von Photovoltaikanlagen auf allen verfügbaren Dächern. Dann werden unsere Enkel und Urenkel unseren schönen Landkreis und hoffentlich unseren ganzen Planeten in einem guten Zustand mit Vielfalt in der Natur und mit guten Lebensbedingungen erleben. Ottilie Eberl, Grafing

Bemühungen forcieren

Klare und deutliche Aussagen der Fachleute sind heute, dass wir unsere Bemühungen für die Energiewende gewaltig forcieren müssen. Noch haben wir eine Chance Einfluss zu nehmen auf die Folgen des Klimawandels, wie Häufigkeit von Extremwetterereignissen, Trockenheit und Temperaturanstieg. Die bei uns bisher kaum genutzte Windenergie auszubauen muss endlich Fahrt aufnehmen. Die Bereitstellung von privaten- oder Gemeindeflächen stagniert, auch aufgrund der 10H-Regelung. In Abwägung von Naturschutz und Energiewende hatten wir uns im Naturschutzbeirat des Landratsamts im Mai 2017 mehrheitlich entschieden, die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen für den bisherigen einzigen möglichen Standort von fünf Windrädern auf staatlichem Grund im Ebersberger Forst untersuchen zu lassen. Im Rahmen dieser Untersuchung galt es zu prüfen, ob eine Zonierung des Untersuchungsbereichs möglich ist. Das heißt, wo sind Schutzgüter der LSG- Verordnung betroffen und wo wären keine Tabuzonen für Windräder.

Die Gutachter stellten aber eine gleichartige Ausstattung des Naturhaushalts fest. Sie schlossen aber nicht aus, dass eine punktuelle Detailuntersuchung eine Standortbestätigung für fünf Windräder liefern kann. So hätten wir mit dem Bürgerentscheid am 16. Mai die Chance, diese Überprüfung in die Wege zu leiten. Den jetzigen Waldzustandsbericht müssen wir als Weckruf verstehen. Wir dürfen nicht mehr mit der Erstellung von Windrädern zögern, egal, wo sie geplant werden, wird es Widerstand geben. Die dafür benötigte Fläche im Forst würde sich auf nur 0,03 Prozent der Gesamtfläche beziehen! Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft durch Windräder auszumachen, ist wohl nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn wir künftig verdorrte Bäume vor Augen haben müssen.

Zum Thema der möglichen Schlagopfer in der Vogelwelt sei festgestellt, dass diese um Größenordnungen geringer ist als die, die sich aufgrund des menschlichen Lebens und Wirtschaftens ergeben. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sterben jährlich 100 bis 150 Millionen Vögel weil sie gegen Fenster prallen, etwa 70 Millionen kollidieren mit Fahrzeugen und 20 bis 100 Millionen enden als Opfer von Hauskatzen, ein bis vier Vögel sterben pro Windrad. Zum Fledermausschutz müssen die Windanlagen mit Detektoren ausgerüstet sein. Soweit wäre auch dem zeitweise im Forst vorkommenden Großen Abendsegler geholfen, weil dann die Windräder automatisch abgeschaltet werden. Auch wir können etwas gegen die Erdüberhitzung tun, packen wir es unserer Kinder und Kindes-Kinder zuliebe an! Jochen Carl, Ebersberg

Eine Minute vor zwölf

Riesige Permafrost Gebiete in Sibirien, in den Alpen und den Polarregionen tauen mit nicht einschätzbaren Folgen auf. Gletscher und Eismassen schmelzen weltweit rasend schnell ab, der Frühling beginnt bei uns um Wochen früher, ein Hitzerekord jagt den anderen, das größte Artensterben findet statt, es ist eine Minute vor zwölf! Deutschland hat den Klimawandel zusammen mit anderen verursacht und mit zu verantworten. Wir müssen daher alle Mittel dafür einsetzen, dem Fortschreiten der Erderwärmung, was möglich ist, schnellstens entgegenzusetzen.

Die Diskussion um den Ausbau von Windkraftanlagen (WKA) im Landkreis wird teilweise mit sehr widersprüchlichen Argumenten jenseits der Faktenlage geführt. Ein Großteil des Baumbestandes ist durch wiederholte und lange Trockenperioden soweit geschädigt, dass dort, wo heute noch Monokulturen wachsen, bald kein Wald mehr stehen wird. Im Ebersberger Forst wird derzeit durch massive Eingriffe ein enormer Holzeinschlag durchgeführt. Es wird versucht, mit einem gezielten Umbau auf andere Baumarten eine Stabilisierung unseres Waldes zu erreichen. Auch andernorts wurde über Generationen Aufbau, Erhalt und Umbau von Waldgebieten mit großem Aufwand betrieben. Die traditionelle Forstwirtschaft wurde nachhaltig überdacht und korrigiert, der Bau von WKA in einen gesunden zum Teil verjüngten Wald ermöglicht.

Berechnungen von Expertengremien nennen eine Zahl von 19 bis 24 weiteren WKA im Landkreis. Um die längstens festgeschriebenen Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen, sollten auch fünf Windräder im Ebersberger Forst möglich werden. Weitere Standorte für WKA und Solarfelder müssen dringend gefunden werden. Durch den Aufbau von WKA mit einer zukunftsfähigen, dem veränderten Klima angepassten Neubepflanzung, sowie durch Ausgleichsflächen, kann eine nachhaltige Verbesserung dieser Waldzonen erwartet werden.

Der Ebersberger Forst wird mit einem nur sehr geringen Anteil an seiner Gesamtfläche durch diese WKA belegt. Alle Anstrengungen, um eine Verlangsamung des Klimawandels zu erreichen und das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, schulden wir zukünftigen Generationen, der Natur sowie der globalen Situation. Wenn wir nicht wollen, dass ein beschämtes zur Seite schauen notwendig wird, falls uns unsere Kindern Fragen stellen, oder uns aus Klimagründen geflüchtete Menschen begegnen, müssen wir jetzt schnell umfassend handeln! Karl-Heinz König, Kirchseeon

Das grüne Herzstück erhalten

Der Ebersberger Forst ist das grüne Herzstück unseres Landkreises. Wir alle wollen, dass er uns erhalten bleibt zum Schwammerlsuchen, Radeln, Joggen oder Wandern. Aber der globale Klimawandel macht auch hier keine Ausnahme, auch für ihn gilt der jüngste Waldzustandsbericht der Bundesregierung. Nicht nur 80 Prozent der Fichten, Kiefern, sondern auch der Eichen und Buchen sind stark geschädigt, in ganz Europa, nicht nur in Deutschland. Drei trockene Sommer in Folge, Wasserknappheit und Wetterextreme mit Stürmen haben unserem Forst stark zugesetzt. Die Wasserknappheit wurde hier speziell noch gefördert durch die Trockenlegung des Erdinger Mooses für den Franz Josef Strauß Flughafen. Inzwischen ist der Grundwasserspiegel am Forsthaus Diana um acht Meter gefallen. Der Wasserbrunnen musste dort deshalb tiefer gegraben werden.

Es gibt keine Alternative, die Erderwärmung darf sich in den nächsten Jahren nicht um zwei Grad steigern. Damit dies gelingt, müssen auch die CO₂-Emissionen bei der Energiegewinnung deutlich reduziert werden. Der Ebersberger Forst benötigt eine Aufforstung mit gegen Trockenheit widerstandsfähigeren Baumsorten aus dem Süden. Totes Holz speichert kein CO₂, sondern gibt welches ab. Deshalb bin ich für die Windkrafträder am Rand des Forstes. Für die notwendige 2,3 Hektar Rodung wird eine Ausgleichsfläche von 2,8 Hektar, laut Beschluss des Kreistages, geschaffen. Hier ergänzen sich Klimaschutz und Naturschutz. Windräder sind kein Industriegebiet. Wilfried Seidelmann, Ebersberg

Panik ist unbegründet

Die Panik, die die Leserbriefe vom 2. März teilweise schüren, ist unbegründet. Die fünf Windräder sind nur ein "bescheidener Beitrag" zur Klimaneutralität im Landkreis 2030, wie ein Leser auch selbst erkennt. Fachleute und Wissenschaftler, die Maßnahmen gegen den Temperaturanstieg vorschlagen, empfehlen die Pflanzung von Bäumen, nicht die Rodung. Die Auswirkungen auf die Windräder im Kerngebiet des Ebersberger Forsts werden bagatellisiert. Die Studie zur "Windkraft im Lebensraum Wald" der Deutschen Wildtierstiftung beschreibt hierzu das wahre Gefährdungspotenzial für waldgebundene Arten. Nicht vergessen werden sollte ebenfalls das komplexe Ökosystem Wald mit seinen weiteren wichtigen Funktionen als Nahrungsnetz und Klimaregulator. Die Fledermäuse zum Beispiel, die durch eine Abschaltautomatik der Windräder überleben, könnten im Umkreis der Windräder Schwierigkeiten bei der Nahrungssuche nach Insekten haben.

Auch wird der wertvolle Waldboden mit seiner Speicher- und Filterfunktion und seinen Mikroorganismen durch die schweren Fundamente (Durchmesser: 20 bis 30 Meter, Tiefe: bis zu 4 Meter, Gewicht ca. 3500 Tonnen) gestört. Die Ausgleichspflanzungen an anderer Stelle können keine wirkliche Kompensation der Rodung sein, insbesondere auch von dem CO₂-Aspekt her: Es braucht 20-30 Jahre, bis die Bäume die volle Kapazität an CO₂-Bindung erreichen. Eine Aufforstung in Zeiten des Klimawandels gelingt nicht immer.

Die Waldzustandserhebung 2020 zeigt, dass unser Wald aufgrund der letzten Dürrejahre, des massiven Schädlingsbefalls, der Stürme und vermehrten Waldbrände in dem schlechtesten Zustand seit 1984 ist. Viele Forschungsprojekte werden auf den Weg gebracht, weil Kenntnis und Erfahrung fehlen, welcher Wald sich in Deutschland überhaupt klimastabil erhalten lässt. Hinzu kommt, dass der Ebersberger Forst 7600 Hektar Staatswald ist. Das Geld, das hier in Waldumbau und Erhaltung investiert wird, kommt von den Bürgern für die Bürger.

Dass mit der Fläche nicht beliebig umgegangen werden sollte, beweist die Raupenplage 1890. Innerhalb von zwei Jahren war die Hälfte des Forsts kahl gefressen. Ein Sturm 1894 ließ tausende weitere durch Raupen geschädigte Bäume umknicken. Seit den 1990er Jahren wird der Wald in einen Mischwald umgebaut. Dieses öffentliche Eigentum, als Bannwald ausgewiesen, sollte geschützt und nicht ausgenutzt werden. Gemäß Artikel 11 des Bayerischen Waldgesetzes bezeichnet Bannwald Wald, der aufgrund seiner Lage und seiner flächenmäßigen Ausdehnung vor allem in Verdichtungsräumen und waldarmen Bereichen unersetzlich ist und deshalb in seiner Flächensubstanz erhalten werden muss.

Ich erwarte von unseren Kommunalpolitikern, dass sie alles dafür tun, um den Ausbau der Windkraft so zu gestalten, dass am Ende nicht wertvoller, intakter Bannwald Opfer dieser Entwicklung wird. Das Hauptproblem ist nicht, dass es (erst jetzt) eilt, wo das Ziel der Klimaneutralität mit dem Jahr 2030 in greifbare Nähe rückt, sondern dass unsere politischen Akteure seit Jahrzehnten keine Regeln auf den Weg gebracht haben, um unseren Energieverbrauch auf naturverträgliche Weise auszugestalten. Atom- und Kohleausstieg, E-Mobilität, Bioenergiedörfer, Solarunternehmen, PV-Anlagen und jetzt die Windkraft - wo man hinschaut nur ein Zickzack-Kurs. Eine klare Strategie ist nicht erkennbar - auch auf kommunalpolitischer Ebene: Erst im Juli 2019 erklärte sich der Landkreis zur Klimaschutzregion - mit allen Stimmen der CSU-Kreisräte. Bei einem SPD-Antrag auf Errichtung von drei bis fünf Windrädern im Gemeindegebiet Vaterstettens aber lehnen die CSU-Mandatsträger dies ab. Bei einer Bauleitplanung auf Gemeindegebiet könnten Klagen gegen Windradvorhaben von Bürgern bzw. Initiativen eingereicht werden, ebenso aber auch im Ebersberger Forst von Naturschutzverbänden. Dabei ist übrigens von durchschnittlich drei bis fünf Jahren Prozessdauer auszugehen und nicht von zehn Jahren.

Wichtig wäre, dass wir klare Regeln schaffen, mit denen wir den Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen. Vernünftige Regelungsvorschläge zur Flächennutzung von Windkraft hat die Stiftung Klimaneutralität gemacht, darunter zum Beispiel die Regelung, Kerngebiete von Bioreservaten zu Tabuzonen zu erklären. Auch das Kerngebiet des Bannwalds Ebersberger Forst sollte unangetastet bleiben. Christian Saaro, Grafing

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